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Album Übersicht
Schon
am Morgen als ich aufstand fühlte ich mich
fit wie ein Turnschuh und die Sonne strahlte besonders
klar zum Fenster herein. Die Christallkugeln am
Fenster warfen hunderte kleiner Regenbogen ins Zimmer.
Ich
stand auf und duschte mich kalt, heute mal wieder
mit richtigem Gusto. Aaah wenns hinterher
richtig schön heiß wird, das tut gut!
So
und dann müsste nur noch der Rucksack
gepackt werden. Und: ... wo geht`s eigentlich hin?
Das Rucksackpacken ist das schlimmste. Es dauert
bis Nachmittag, bis ich mich zwischen den vielen
Tour-Möglichkeiten entschieden und gepackt
hab. Im Rucksack sind:
2
Schlafsäcke, die beide nichts taugen -aber
zusammen wirds wohl gehen
einer 1,5 kg bis 10°C, der andere 1kg ultra
light bis 10°C
1 Zeltplane mit Ösen, 2,50 x 2,20m
für alle Fälle, als Regenschutz und
Unterlage
1 Picknickunterlage mit Isolierschutz
1 dickes Flausch-Sweatshirt.
1 Trekkinghose Beine abnehmbar
2 Flaschen 1 ½ Liter Tee
2 Bücher zum Lesen mit spirituellem Inhalt
1 Mini-Frottee-Lappen zum waschen, abtrocknen
(20 x 20cm)
die notwendigsten Toiletten-Artikel
1 Mini-Logbuch
1 Digi-Cam
1 Fernglas
1 Radfahrkarte Bad Tölz Lenggries
vom Bayrischen Landesvermessungsamt eine
der besten.
Drei
Mal meldet sich mein gutes Gewissen,
Fahrradflickzeug und Schraubenschlüssel mitzunehmen.
Ich finds nicht gleich also lass ich es.
Um
15.30 verlasse ich die Wohnung, packe den Rucksack
aufs Rad der ist eigentlich absolut zu groß,
um ihn so quer aufs Rad zu schnallen. Aber jetzt
hab ich wirklich keine Lust mehr, alles umzupacken.
Also schnalle ich mir den Packsack (9kg) auf den
Rücken und los gehts.
Bei
Königsdorf-Osterhofen denke ich: Ist
schon so spät. Ob das heute überhaupt
noch was wird. Ich komm ja nicht mal bis Tölz,
geschweigedenn wieder zurück. Vielleicht fahr
ich einfach wieder nach Hause. Eine kleine Tour
hab ich ja gemacht... Meine zweite Stimme:
Nee nee, nix da du fährst jetzt
nach Tölz und dann kannst du es dir ja neu
überlegen! Keine faulen Ausreden. Jetzt wird
sich mal bewegt!
Also fahre ich diesmal einen neuen Weg über
Osterhofen, und das Jugendferienlager den
ausgeschilderten Radweg. Es ist eine herrliche Strecke
kaum Autos friedlich und unberührt
wie die meisten Radstrecken hier. Bei Osterhofen
hole ich eine Truppe Radler ein, deren Coach das
Schild Venedig vorn am Rad montiert
hat. Ich fahre eine zeitlang mit ihnen. Der Coach
grinst mich an und fängt an, sich mit mir zu
unterhalten. 3 Mal im Jahr macht er solche Strecken
und das seit 12 Jahren. Tja da wundert mich
nix mehr. Einer der Herren pustet völlig atemlos
hinterher. Mit ihm kann ich gerade mal so mithalten.
Mitten am Berg versagt meine Gangschaltung. Der
Coach bremst sofort und will mir unbedingt helfen.
Mir ists ganz peinlich weil ich doch sowieso
nicht mitpusten kann... Die Gangschaltung geht wieder
ich fahr so gut ich kann weiter. Hechle dem
älteren Herren wieder hinterher. Als ich an
eine Abzweigung komme, schaue ich mich um. Der Coach
ist weit und breit nicht zu sehen. Ohh das
ist mir wieder schrecklich peinlich. Zuerst hilft
er mir und dann radel ich auch noch einfach
so davon. Na da kommt er ja gaaanz weit hinten.
Alle schnaufen. Und ich... schnell weg hier, trete
so fest ich kann in die Pedale. Kurz vor Tölz
geht der Radweg an der Isar entlang. Es ist eine
traumhafte Stimmung hier. Obwohl so kurz vor der
Stadt wirkt der Fluss hier wie ein smaragdgrüner
Strom aus einem Märchen, bläulich schimmernd
wechselt er die Farbe, die weißen Sandbänke
aus feinstem Kies lassen das Bild zum Kunstwerk
werden ein echter Augenschmaus und Balsam
für die Seele!
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Steinpyramiden
an der Isar - errichtet von Karl-Heinz-Fett |
Karl-Heinz
ist unermüdlich - und erneuert die Pyramiden
nach jedem Hochwasser |
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Dieses
halbrunde Gebilde erinnert stark an Gärten
von fernöstlichen Klöstern |
Die
Steine sind felsenfest - ohne jegliches Hilfsmittel
übereinandergestapelt |
Karl-Heinz
Fett und seine bekannte Steinerne
Stadt
Karl-Heinz
Fett ist 65 Jahre alt und kam erst Anfang
1998 zur Tölzer Lebenshilfe, die ihm
damals einen Arbeitsplatz in unserer Gaißacher
Oberland Werkstätte und eine Unterkunft
in unserer Tölzer Außenwohngruppe
in der Buchener Straße zur Verfügung
gestellt hat. In den Jahren zuvor hatte
Karl-Heinz Fett schlimme Zeiten erlebt,
denn da vagabundierte er Sommer wie Winter
hilflos im Freien, bis sich ein aufmerksamer
Mensch seiner annahm, der den verängstigten
und durchfrorenen, verwahrlosten und halb
verhungerten Mann vorübergehend bei
sich aufnahm und dann einen Kontakt zur
Lebenshilfe herstellte. Mittlerweile ist
der 65-Jährige in Rente gegangen und
kann auch weiterhin auf die Unterstützung
der Lebenshilfe bauen.
In früheren Zeiten hat Karl-Heinz Fett
einmal als Kumpel im Bergwerk unter Tag
gearbeitet und von daher möglicherweise
eine ganz persönliche Beziehung zu
jeder Art von Gestein entwickelt: Jedenfalls
ist er im Tölzer Land durch den Bau
seiner Isarpyramiden weithin
bekannt geworden. Seine aus zehntausenden
von Bachkugeln aufgeschichtete steinerne
Stadt im breiten Kiesbett der Isar
zwischen Arzbach und Bad Tölz fand
bereits ein beträchtliches Medienecho
und lockt seit Jahren unzählige Schaulustige
an. Sogar das Bayerische Fernsehen hat ihm
dort einmal einen Besuch abgestattet.
Klein-Kairo besteht aus einer
Vielzahl mannshoher Steinpyramiden, die
natürlich keine Werke für die
Ewigkeit sind: Jedes größere
Hochwasser der reißenden Isar (wie
zuletzt heuer im August) macht nämlich
diese bizarre Kunstlandschaft wieder dem
Erdboden gleich. Doch dann beginnt Karl-Heinz
Fett sein Werk unverdrossen und geduldig
wieder von vorne. Mit seinem Fahrrad mit
Anhänger und seinem Hund Billi
an Bord trifft man ihn regelmäßig
auf dem Isaruferweg zwischen der Außenwohngruppe
und seiner Baustelle an. Trotz
seines Bekanntheitsgrades hat die Lebenshilfe
ihren Schützling nicht zum Star hochstilisiert.
Karl-Heinz Fett sammelt übrigens nicht
nur Steine im Haus Burgfrieden, wo
er mit seiner Lebensgefährtin Jutta
Windmann wohnt, kennt man ihn auch als begeisterten
Rosenzüchter.
|
Es geht weiter unter der Isarbrücke in Tölz
hindurch Richtung Lenggries. Die Isaraue
hat noch immer ihren urtümlichen Charakter
überall wachsen kleine Latschenkiefern
und kurzes Gewächs es sieht sehr wild
aus, es riecht ätherisch die Luft flimmert
herrlich!
Jetzt bin ich richtig ein bisschen stolz auf mich,
dass ich die innere Hürde überwunden habe.
Kaum hab ich das gedacht, sehe ich einen riesigen
Pfeil aus Steinen am Boden. Er weist zur Isar hin,
wo ein schmaler Pfad hinführt. Ich bremse,
fahre zurück. Das muss ich mir ansehen. Was
wohl hier zu finden ist?
Als
sich der Pfad lichtet, traue ich meinen Augen nicht.
Ich fühle mich wie nach Tibet versetzt... wie
in eine andere Welt. Es fühlt sich feierlich
an, diesen Ort zu betreten. Überall sind Steinpyramiden
aufgestellt. Und dort, wo man den Schauplatz betritt,
befindet sich eine Art Garten, der mit
einer Steinmauer umfriedet ist. In ihm stehen etliche
filigrane Figuren aus übereinander geschlichteten
Steinen. Sie blicken alle Richtung Osten. Der Boden
in diesem Garten ist wie in uralten
Kirchen der Kirchboden aus lauter aufrecht gerichteten
Steinen gepflastert. Ein Sandpfad führt um
den Garten herum. Er geht aber nicht, wie
ich vermutete hatte im Kreis, sondern endet dort,
wo der Kreis sich schließen würde
mit einer Steinmauer. Die Steine sind derart kunstvoll
und magisch aufeinander geschlichtet, dass ich es
nicht lassen konnte, eine Formation zu berühren.
Dort stand ein fast kugelförmiger Stein ganz
oben auf dem Sims auf ein paar weiteren sehr wackelig
anmutenden Steinen. Aber ich staunte: er rührte
sich nicht von der Stelle, stand wie von magischer
Kraft fest und solide. Ich versuchte es noch einmal
bei einer Turmkonstruktion aus lauter Steinen, von
welchen man meinen möchte, dass der nächste
Windstoß sie einfach nur umbläst. Auch
die standen felsenfest übereinander...
Ich
habe keine Ahnung, was diese Pyramiden bedeuten
könnten. Aber ein wirklich feierliches Gefühl,
als ich durch diesen seltsamen Park
gehe. Ich besteige ein Pyramidenpaar in der Mitte
und mache ein paar Fotos. Dann verabschiede ich
mich respektvoll und weiter geht die Fahrt.
Die
Recherche im Internet barchte später, dass
der Karl-Heinz Fett, der 60jährige Baumeister,
ein Obdachloser mit unermüdlichem Einsatz seine
mittlerweile fast 50 Steinpyramiden gegen das Isar-Hochwasser
verteidigt. Manchmal sitzt er wohl etwas schüchtern
abseits und bittet per aufgestellter Sammelbüchse
freundlich um eine Spende für sein Werk. Das
kann sich sehen lassen: In Reih und Glied stehen
seine regional berühmten, übermannshohen
Steinpyramiden auf einer Kiesbank neben der Isar,
die sie jedes Jahr beim Frühjahrs- und Sommerhochwasser
zerstört.
Um
18.30 komme ich in Lenggries an. Es ziehen immer
mehr Wolken auf. Aber immer noch scheint die Sonne.
Ich befinde mich schon auf dem Weg nach Fleck, als
mir einfällt, dass ich gar nichts zu essen
dabei habe. Eigentlich wäre das mal gar nicht
so schlecht aber andererseits stelle ich
mir vor, später irgendwo da oben zu hocken
und dass ich keine Ahnung habe, wie ich mich ohne
Nahrung auf dem Fahrrad in den Bergen halte. Also
entschließe ich mich doch noch umzukehren.
In Lenggries kaufe ich mir 4 tolle Äpfel und
4 kleine Pfirsiche. Die Pfirsiche sehen sehr lecker
aus und duften verlockend. Zwei davon lass ich mir
gleich schon unterwegs schmecken. Hinter Fleck kommen
mir laufend Inline-Skater entgegen. Der Teer des
Radweges ist hier sehr fein und glatt. Ein echtes
Inliner Paradies! Sie fahren in ruhiger, weitausholender
Bewegung scheinen über dem Boden zu
schweben. Es gibt auch einen älteren Langläufer
auf Brettern mit Rädern, der sich kräftig
mit seinen Stöcken anschiebt, Respekt!
Mein Rucksack wird mir inzwischen arg schwer und
so finde ich doch eine Konstruktion, ihn mit Hilfe
von zwei Expandern hinten auf dem Gepäckträger
festzuschnallen.
Weiter
hinten wird es immer ruhiger. Es fahren kaum noch
Autos. Der Radweg führt jetzt in einiger Entfernung
zur Straße durch dichten Wald. Kein Laut ist
zu hören... Dann führt der Weg plötzlich
steil bergan ist mit einem dicken weißen
Streifen in zwei Seiten getrennt. Vermutlich ist
darauf zu achten, damit einen Entgegenkommende nicht
überfahren... Die Stimmung wird immer spannender
der Himmel hat sich sehr zugezogen. Es geht
durch einen feuchtkalten Tunnel ... ich bin am Sylvenstein-Stausee
angekommen.
Fast
hätte ich laut Juchuu gebrüllt
aber die Stimmung hier ist so feierlich und
majestätisch, dass ich meine Überwältigung
im Stillen genieße. Der Anblick der herrlichen
Berge und des in diesem wolkenbehangenen Dämmerlicht
wie angschmiegt liegenden smaragden glühenden
Sees ist wie ein Gebet.
|
|
Am
Sylvensteinstausee angekommen. Juchuuu ! |
Es
herrscht mystische Stimmung. Schwarze Gewitterwolken
hängen hinten im Tal bei Fall. |
Da stehe ich nun und habe keinen Schimmer, wohin
ich fahren soll. Auf der Karte gibt es ab hier nichts
mehr, was ich heute noch schaffen könnte. Ich
denke daran, mir hier einen Schlafplatz zu suchen.
Aber wenn ich die über mir schwebenden schweren
Wolken betrachte und das sich zusammenbrauende Unwetter,
dann vergeht mir dieser Gedanke. Ich habe ja kein
Zelt dabei. Also muss ich weiter. Aber wohin? Es
gibt auch keine normale Radwegbeschilderungen mehr,
nur zurück.
Ein weiterer Blick auf die Karte zeigt mir eine
steile MTB-Strecke (Mountainbike) über die
Schronbach-Alm hinüber in die Jachenau. Da
fällt mir eine Hütte ein, die ich bei
einer Wanderung mit meinem Freund Dirk dort einmal
gesehen hatte. Der erste Wunsch als wir sie sahen,
war damals gewesen: hier einmal übernachten
das muss herrlich sein! Aber bis dorthin
war es noch sehr weit.
Es
wurde dunkler, der Himmel bedrohlicher. Also schwinge
ich mich kurzentschlossen wieder aufs Rad und fuhr
los. Das schaffte ich gerade mal fuffzig Meter weit.
Dann war die Puste weg. Ich kann mir kaum vorstellen,
wo diese Leute die Puste und die Kraft hernehmen,
solche Berge raufzuradeln. Es geht sehr steil hinauf.
Ich steige ab, sag mir: Dass schaffst du!
und dann gehts los. In kantigem Marschschritt
und mit der Hütte vor Augen tapse ich wie ein
Bär, dem man ein Glas Honig vor die Nase hält,
bergauf. Zum Glück lässt nach zwei längeren
Strecken nach der zweiten Biegung die Steigung
nach. Ich setze mich wieder auf`s Rad und radle
weiter. Es geht sogar erstaunlich gut. Es geht entlang
dem malerischen Schronbach, der durch sanfte Almwiesen
fließt, umsäumt von duftenden Tannenwäldern.
Die Schronbach-Almhütte duckt sich an den Berghang.
Immer
wieder suche ich während der Fahrt nach einem
geeigneten Plätzen für die Nacht. Aber
mein Bauch will nicht hier sagen. Ein
Bussard fliegt aus dem Wald, direkt vor mir
lässt sich vom Wind in die Wipfel tragen. Ich
sehe ein Plätzchen, das könnte mir gefallen.
Abgegraste trockene Wiese, Waldrand, ein Bach fließt
vorbei. Aber mein Bauch bleibt bei seinem nein.
Ich sehe vor meinem imaginären Auge eine regendurchtränkte
Wiese... und mich platschnass mittendrin. Das sehe
ich ein und fahre zuversichtlich weiter.
Jetzt
wird es dunkel. Es geht noch einmal steiler bergan.
Ich kann sitzen bleiben, dann eine Strecke bergab
und wieder hinauf. Wieder muss ich absteigen.
Oben angekommen, finde ich eine beschilderte Kreuzung.
Der Fahrradweg teilt sich in 3. Ich schaue später
nach:
von links nach rechts führen sie: 3,5 km weiter,
um dort in einen steilen Fuß-Steig zu münden.
Der zweite führt zu einem weiteren Fußsteig
zur Staffelalm eine Strecke lang mit dem
Rad hinauf, die weiter hinten, wo der Steig zum
Staffel hinauf beginnt, hinunter nach Niggeln in
der Jachenau. Dieser Weg ist allerdings vermutlich
nur für geübte MTB-Fahrer geeignet
sehr matschig, teilweise sehr steil und steinig
und vom Gewitter von großen Rinnen
durchfurcht.
Der dritte Weg führt hinunter vorbei
an der Graben-Alm - mit einem kleinen Abstecher
links hinauf zum Ausblick zur Rotwand und
weiter über sehr steile und matschige, ausgewaschene
Fuhrwege hinunter nach Höfen, Jachenau.
Ich
entschließe mich für den Weg nach Höfen
in die Jachenau. Und nach ca. 100 Metern abwärts
steht sie da, die Alm, die mich schon einmal zum
Verweilen eingeladen hätte. Diesmal nehme ich
ihre Einladung gerne an. Sie nennt sich Grabenalm
und liegt auf 896m Höhe. Es ist noch immer
nicht dunkel. Mit kindischer Begeisterung begutachte
ich die Hütte. Es gibt unter vorgezogenem Dach
zwei Bänkchen zwischen aufgeschlichtetem Holz.
Die würden mich schon sehr anlachen. Die Hütte
ist eingefriedet von einer Hecke aus Tannen und
einem Holzzaun. Ich sehe mich nach einer Möglichkeit
um, mich frisch zu machen. In der Nähe finde
ich einen schmalen Bach, der gerade so viel Wasser
hat, dass ich mich mit Hilfe des Waschlappens gut
waschen kann. Das Wasser ist eisig. Die Füße
brannten, jetzt stechen sie. Zufrieden lächelnd
gehe ich zur Hütte zurück. Auch hier sind
herrliche, trockene Almwiesen. Drei mal gehe ich
zwischen den Wiesen und der Hütte hin und her.
Zuerst war der Himmel noch einigermaßen unbedenklich.
Aber jetzt sehe ich vom Sylvensteinspeicher her
eine bedrohlich schwarze Wand hier herüber
rollen.
Ich
besehe mir die Hütte genauer. Hinten gibt ist
die Verbindung von Hütte und Scheune überdacht.
In eine Ecke, die mir am geeignetsten scheint, lege
ich meine Planen aus. Immer wieder arrangiere ich
alles neu korrigiere die Fehler meiner Faulheit
die mir später vielleicht leid tun könnten.
Die zwei Schlafsäcke ineinander statt übereinander.
Die Plane ganz aufgeschlagen statt halb, die eine
Hälfte zur Ziehharmonika gelegt, die ich jederzeit
mit einem Handgriff im Falle eines Falles
über mich ziehen kann, damit ich mit
meinem Schlafsack wie in einem Tunnel geschützt
bin und noch ein paar Kleinigkeiten,
wie z.B. die Ohrenstöpsel unter meine Unter-Hose
stecken, damit ich sie finde, falls ich sie brauchen
sollte.
|
|
Gerade
noch rechtzeitig entdecke ich die "Grabenalm".
Das Gewitter grollt drohend vom Sylvenstein
her... |
Die
Grabenalm von hinten - hier fand ich Unterschlupf
vor dem großen Gewittertoben |
Ich mache ein paar Dehn- und Yogaübungen, spüre
große Zufriedenheit. Die Vögel singen
immer noch, obwohl es schon fast dunkel ist. Es
ist jetzt bestimmt schon nach 22.30 Uhr. Jetzt liege
ich wohlig eingehüllt in meinen Schlafsäcken.
Gerade wollen mir meine Augen zufallen, da höre
ich Donnergrollen von Ferne. Noch einmal stehe ich
auf und sehe nach. Der Himmel ist von schweren Gewitterwolken
behangen. Schnell hole ich noch die Ohrenstöpsel
aus meinem Rucksack. Dann liege ich wieder und schon
prasselt ein schwerer Regensturm los. Wie gut, dass
ich nicht fahrlässig geblieben bin!
Zuerst grollt es wütend vom Sylvenstein herauf.
Ich zähle. Noch sind es 7 Kilometer. Das Gewitter
verzieht sich irgendwo hinter die Berge und
plötzlich kommt es wieder, immer schneller.
Dann blitzt es grell und ein markdurchdringender
Knall fährt mir durch die Glieder. Jetzt ist
es direkt über mir. Das Gefühl ist schon
nicht ganz alltäglich. Ich halte mir die Ohren
zu, dann fallen mir nach einer Weile die Ohrenstöpsel
ein. Jetzt höre ich nur noch Geräusche
wie von weiter Ferne. Der Blitz fühlt sich
an wie ein riesiger Laserstrahl, körperlich
wie seelisch. So hautnah erlebt, dringt durch und
durch. Unter meiner Plane wird es nass. In meiner
Plane wird es nass. Ich hatte das Kondenswasser
vergessen. Ich mache ein Loch, damit ich freier
Atmen kann. Dann schlafe ich erschöpft und
trotz des Krawalles wieder ein.
Zu dem einen Gewitter gesellen sich noch ein paar
andere, die von der Jachenau heraufziehen. Fast
alle 6-8 Sekunden ein Blitz. Ich wache wieder auf,
setze mich in die Plane und die Schlafsäcke
gerollt hin, um besser beobachten zu können,
wie die Blitze über die Berghänge schlagen.
Und ich wundere über das selige Gefühl,
das mich überwältigt und ich nicke im
sitzen ein. Schnell lege ich mich wieder hin.
Es mag stunden dauern, als endlich ein bisschen
Ruhe einkehrt. Es dämmert schon. Das Gewitter
kommt zurück. Wieder direkt über mir.
Der Boden um mich herum ist platschnass, voller
kleiner Rinnsale und Pfützen. Die Plane ebenso,
auch innen. Und doch fühlen sich meine Schlafsäcke
trocken an.
Um 5.00 Uhr morgens fliegt ein kleiner Piepmatz
ins innere der Überdachung und singt mir ein
fröhliches Guten-Morgen-Lied, das ich sogar
noch durch die Ohrenstöpsel höre.
Um 7.00 Uhr kommt ein Traktor von Höfen herauf.
Er hält kurz inne, vermutlich als er mein Fahrrad
am Gatter zur Hütte stehen sieht aber
er fährt weiter, hinauf Richtung Staffel. Ein
weiteres Auto hat den Weg hier herauf gefunden.
Sie beäugen misstrauisch meine über den
Zaun gehängten Schlafsäcke, fahren dann
aber wieder durch den Wald zurück.
Die
Sonne strahlt wieder. Jetzt stehe ich auf, mein
Schlafsack tropft unten vor Nässe, auch die
Planen. Es rauscht gewaltig in meiner Nähe.
Die Wiesen sind wie mir meine Intuition gestern
zeigte allesamt wie Schwämme, wilde
Bäche laufen darüber hinweg. Das fast
vertrocknete Rinnsal neben dem Haus hat sich zu
einem reißenden Wildbach entwickelt. Ich bade
ausgiebig darin, gehe barfuss durch die Wiesen,
pflücke mir ein paar Kräuter zum Frühstück.
Herrlich! Die Kühe kommen an den Zaun und beäugen
mich neugierig. Hey Luise komm mal
her, schau, da grast ein Mensch!
Ich
wringe Schlafsack und Kleider aus, die von der Leine
gefallen waren, hänge alles in die Sonne, freue
mich immer noch wie ein kleines Kind, dass ich trotz
allem so toll schlafen konnte. Ein paar Dehn- und
Yogaübungen und eine kleine Meditation sorgen
für Lust auf neue Unternehmungen.
Ich gehe zum Rotwandausblick hinauf, gleich in der
Nähe. Der Ausblick ist herrlich. Man kann von
hier aus sehr weit in die Jachenau hinein blicken
und das aus nächster Nähe. Direkt
am Ausblick geht es senkrecht hinunter. Der Bauer
hat einen Zaun dort angebracht und ein paar gemütliche
Bänke. Leider sind die pitschenass.
Danach
entscheide ich mich, den Staffel hinaufzugehen.
Am Schild an der Kreuzung stand: 50m. Das konnte
ja nicht sein. Das will ich mir näher ansehen.
Vorher packe ich alles wieder ein. Die Schlafsäcke
und die Kleider sind wieder strohtrocken.
Um
11.15 fahre ich die Fuhrwegstrecke mit dem Rad,
bis es wegen der Steigung und dem Schlamm nicht
mehr geht. Dann führt eine ziemlich unattraktive
Traktorspur steil hinauf. Überall rauschen
breite Wildbäche, ich lösche meinen Durst
daran. Das Wasser schmeckt mild und süß.
Weiter oben führt der Weg über einen steilen
Steig durch den Wald über Steine und Wurzeln.
Überall fließt das Wasser, der Weg ist
sehr matschig aber ich kann mit meinen Turnschuhen
gut durch, weil es genug Steine und Wurzeln gibt,
über die ich springen kann.
Es
geht hinüber von dem Berg auf dem ich mich
befinde hinüber zum Staffelberg. Nach einer
Zeit trifft man auf zwei weitere Anstiege von der
Jachenau herauf aus Niggeln. Als der Kamm
erreicht ist, gibt es zum ersten Mal einen herrlichen
Ausblick bis hinüber zum Sylvenstein-Stausee,
auf die großen schneebedeckten Gebirge
aus nächster Nähe ein überwältigender
Anblick. Schade heute morgen wollte die Kamera
nicht mehr die Batterien waren leer. Und
auf der anderen Seite kann man schon ein bisschen
in die Jachenau sehen.
Es lichtet sich, grasbewachsene Almen kommen in
Sicht. Es gibt 3 Hütten hier. Eine davon ist
bewohnt oder bewirtschaftet. Zwei Männer kommen
vom Gipfel. Es sieht aus, als wären es nur
noch wenige Meter. Die beiden Männer beeilen
sich, reden von Regen - und dass sie nun schauen
müssten, dass sie hinunter kommen.
Ich
denke mir, dass ich nicht heraufgekommen bin, um
hier 10 Meter vor dem Gipfel abzubrechen
und fast nichts vom Aufstieg gehabt zu haben, obwohl
ich auch den Anstieg richtig genießen konnte
auch wenn er nicht besonders imposant war.
Also
steige ich weiter hinauf. Die Leut aus der Alm kommen
heraus, schauen mir nach. Oben merke
ich, dass es noch eine ganze Strecke sein muß.
Ich beeile mich, sehe wie die Wolken sich zuziehen.
Endlich ist der Gipfel erreicht auf 1532m. Es ist
12.15 Uhr... das ist ein Panorama! Ich würde
sagen, es ist einer der besten Standpunkte, die
ich bisher gesehen habe. Man sieht das ganze Tal
der Jachenau von Anfang bis hinter zum Walchensee,
über die Berge bis zur Zugspitze, und wie am
Kamm schon bewundert die ganzen vorderen
schneebedeckten Gebirgsketten, den Sylvensteinspeicher...
ich kann mich kaum sattsehen.
Da bemerke ich, dass der ganze Himmel sich verfinstert
hat. Vom Sylvenstein her kommt das erste Donnergrollen.
Bizarre Wolken stehen wie gefährliche Soldaten
in der Ferne am Himmel. Nur direkt über mir
ist noch ein Loch freier strahlend blauer Himmel.
Ein Satz ins Bergbuch geschrieben und jetzt
aber nichts wie weg hier. Es ist 1.05 Uhr
Im Laufschritt brauche ich den ganzen Weg bis hinunter
zum Fahrrad 20 Minuten. Es ist jetzt 1.25 Uhr. Ich
steige auf`s Rad und fahre hinunter zur Alm. Es
geht über ein paar unvorhergesehene ziemlich
spitze Steine. Donnergrollen und die ersten
Regentropfen. Da bemerke ich, dass die Luft aus
dem Vorderreifen ist ich lasse mich weiterrollen.
Aber so ohne Luft ist das eine ziemlich schmierige
und hartkantige Sache. Als ich bei der Hütte
ankomme, setzt Platzregen ein. Es hagelt. Ich hab
aber auch ein Schwein. Liegt vielleicht
daran, dass mein chinesisches Zeichen Schwein ist...
Trotzdem wasche ich mich noch mal am Bach und räume
dann in aller Seelenruhe meinen Rucksack wieder
ein. So und was mache ich jetzt? Ich rechne
mir aus, wie lange ich wohl mit dem Rad in die Jachenau
brauche und wie weit es noch bis Lenggries ist.
Wenn das Wetter stabil geblieben wäre, hätte
ich es versucht. Aber unter diesen Umständen
werde ich es wohl bei einem Bauern abgeben. Und
ob ich hier überhaupt wegkomme ist auch noch
nicht gewiss. Ich hab keine Verpflegung mehr
oh, doch: die Wiesen und noch eine Nacht
hier bei Gewitter und ungewisser Wetterprognose
für die kommenden Tage auch keine zufriedenstimmende
Lösung. Abwarten und Quellwasser trinken.
Nach
einer Stunde hellt der Himmel wieder auf. Es ist
ungeheuer schwül. Ich packe den Rucksack aufs
Fahrrad und eiere nach unten. Dort darf
ich das Fahrrad bei einem Bauern unterstellen. Der
Bauer erkennt mich wieder. Er war heute morgen mit
dem Auto schon oben, um sich im Wald was anzuschauen.
Er ist sehr lustig. Als ich sage: die kleinen
Sünden werden eben sofort bestraft, weil
ich ans Werkzeug gedacht, es aber nicht mitgenommen
hatte antwortet er mit einem Schelm in den
Augen: und die großn, die woas koana!
Ich
trampe nach Hause und das funktioniert ziemlich
schnell in drei Etappen. Bis Lenggries, dann bis
Tölz und bis Geretsried. Und am Abend erklärt
mir meine Freundin, dass sie nach erledigter Arbeit
wobei ich ihr helfen könnte gerne mit
mir mein Fahrrad abholen würde...
Auf
jeden Fall hab ich jetzt Appetit auf mehr... und:
das nächste Mal ist das Werkzeug dabei!
Liebe
Grüße und viel Freude bei euren Outdoor-Aktivitäten
in der Natur
Eure
Regina