So
sah mein Geburtstag aus, den ich schon einen
Tag vorverlegt hatte, weil anderntags das Wetter
nicht mehr so mitspielte. Kraxelwanderung im
Allgäu von Hinterstein über die Hohen
Gänge zur Rotspitze (2034m). Das war so
unglaublich wundervoll - ich hatte normaler
Weise eine deftige Portion Höhenangst und
hatte, wenn meine Freunde oder meine Schwester
mich zu solchen Touren einluden - immer freundlich
abgesagt. Ausserdem hatte ich momentan eine
ausgefallene, entzündete Schulter. Aber
diese Wanderung war sehr heilsam für mich
auf allen Ebenen. Meine Schwester sagte zuletzt:
"wenn ich gewußt hätte, was
da auf uns zukommt, hätte ich von selbst
eine andere Route vorgeschlagen". Ich stand
dort am Sattel vor den Hohen Gängen und
dachte mir: "Na das kann ja lustig werden...
aber da gehen wir heute durch!" Und schon
marschierte ich vornweg, der Wind pfiff aus
allen Backen, dass ich manchmal zusehen musste,
nicht weggeblasen zu werden ... und so wunderte
ich mich nicht schlecht, dass sich die Höhenangst
kein einziges Mal meldete. Ich fühlte mich
wie innerlich angehoben, sozusagen fast schwebend
:-)
<3
Und die herrlichen Eindrücke der gesamten
Tour haben mich/uns tausendfach belohnt! Die
Grashänge glühen im Sonnenlicht, die
herrlichen Bergkulissen erfreuten mein Herz
mit herrlichen Farbspielen. Die Jakobsleitern
kündeten von feierlichen Botschaften...
und unten im Tal streichelte mich der laue Herbstwind
im Gesicht ... beim Abstieg in der Dunkelheit
ohne Lampen...
so habe ich meinen Geburtstag
gefeiert :-)
<3
Anregung zu dieser Tour waren die atemberaubenden
Fotos meiner Schwester von einer ähnlichen
Tour, die sie vor kurzem in diesem Gebirge unternommen
hatte. Diesmal wurde ich eingeladen. Eine Geburtstagstour
sozusagen, weil ich ja morgen Geburtstag habe
:-) Wir
wohnen für 2 Tage in einem unglaublich
romantisch anheimelnden Ferienhaus bei Bad Oberdorf
(bei Bad Hindelang), in der Nähe von Sonthofen.
Morgens nehmen wir zeitig den Bus um 8.00 Uhr
und fahren nach Hinterstein. Dort gehen wir
Richtung "Bergrutsch" - und wählen
kurz danach einen Jägersteig, der sich
nach einer kleinen Brücke steil durch den
Bergwald hinaufarbeitet. Der Herbst färbt
noch immer fleissig die Laubbäume mit flammendem
Gelb und feurigem Rot... es ist eine Pracht,
die Bäume so prunktvoll geschmückt
zu sehen. Noch mag mein Herz gar nicht an Herbst
oder Winter denken. Die Luft ist angenehm warm
- sehr bald müssen wir unsere warme Kleidung
gegen die sommerlichen Stoffe tauschen.
Der
Jägersteig mündet weiter oben auf
den Almwiesen und führt direkt am Zaun
(innerhalb der Weide) hinauf zur Alpenalpe
auf 1309 Höhenmetern. Die Laubbäume
leuchten in voller Farbenpracht des Herbstes,
tief gülden grün, Orange und gelb.
Bei der Alpenalpe ist's so schön wie
im Bilderbuch. Der Platz lädt ein, hier
ein paar Tage mehr Zeit zu verbringen und
die Seele baumeln zu lassen!
Auch
wunderbar feines junges Almwiesengras gibt
es hier. Ich esse ein paar Büschel davon
direkt von der Wiese. Es ist nicht nur ungemein
gesund (Lebenselixier
Süssgras), sondern auch wirklich
lecker! Es erinnerrt vom Geschmack an Haferflocken.
Nur ist es im Vergleich zu diesen, frisch
und vital!
Wir
bleiben ca. 20 Minuten und steigen dann den
Weg über die Almen hinauf Richtung
Rotspitze. Es geht über die Obere Hütte
(ca. 1500m) zunächst sehr bequem hinauf.
Dort grasen friedlich einige Gamsen. An der
Sulzbachwand entlang steigt der Pfad in steilen
Serpentinen hinauf zum Breitenberg 1893m.
Von hier aus sind absolute
Trittsicherheit, Kondition und Schwindelfreiheit
von Nöten! Hier geht es über
den Grat der Hohen Gänge zunächst
zum Gemsbollenkopf 2008m. Es pfeift solch
ein Wind, dass wir uns immer wieder dagegen
stemmen müssen, um nicht davon geweht
zu werden! Der Steig ist sorgfältig mit
Seilen befestigt. Es gibt eine lange Leiter
kurz vor dem Gemsbollenkopf. Hier zweigen
wir rechts zur Rotspitze ab. Hier kommt uns
der Weg gegenüber der Kletterpartie über
den Grat der Hohen Gänge sehr einfach
vor. Aber auch hier gibt es immer wieder auch
leichte Kletterpartien.
Überall
haben wir einen herrlichen Blick auf die in
der Sonne tiefgolden schimmernden Almhänge
und das feierlich stimmende Gebirgsmassiv
ringsherum. Eigentlich konnte ich mir nie
vorstellen, solch einen Weg jemals zu gehen,
da ich bis vor kurzem schon schlotterte, wenn
ich mir vorstellte, in solchen luftigen Höhen
zu kraxeln. Aber heute dachte ich keine Sekunde
über irgendwelche Ängste nach. Es
war, als sei ich immer schon solche Steige
gegangen. Meine Schwester gestand mir später,
dass sie für ein paar Momente ganz weiche
Knie bekommen hatte, als sie mich da so frei
über die Zinnen klettern sah, denn ich
ließ sehr oft die Seile links liegen
und probierte es "mit Händen und
Füßen".
Die
ganze Kletterpartie ist bis auf die Notwendigkeit
der Angstfreiheit und Schwindelfreiheit sowie
Trittsicherheit und Ausdauer wirklich schön
und angenehm zu gehen! Allerdings pfiff während
der gesamten Gratwanderung bis hinauf zur
Rotspitze derart der Wind, dass wir uns gelegentlich
ordentlich gegen den Wind stemmen mussten,
um nicht davongeweht zu werden. Mir schlug
es den Rock direkt so hoch, dass man auf den
Fotos manchmal meint, ich hätte nur kurze
Leggins an.
Oben
auf der Rotspitze genießen wir den grandiosen
Blick in und auf die umliegenden Berge! Ein
feierliche Stimmung ergreift uns... Sonnenleitern
steigen aus den Wolken herab ... und verstärken
das atemberaubende Gefühl. Der Wind ist
hier oben eisig und ungastlich - doch wir
finden eine windstille Kuhle, wo wir ausgiebig
Rast machen. Alles wie für uns gemacht!
Ich esse meinen Rohkostsalat und teile später
ein paar kleine Stückchen mit den Dohlen,
die aber bis auf eine freche Mutige nichts
wollen. Ich rede ein wenig mit der einen,
die sich dann auf meine Beine setzt, um gleich
an der Futterquelle zu sein.
Als
es langsam dunkel wird, brechen wir zum Rückweg
auf der anderen Seite an. Hier legt sich langsam
der Durchzug von den Hohen Gängen, und
ein leiser lauer Wind säuselt angenehm
zum Flimmern der güldenen Abendluft.
Bis wir bei der Unteren Haseneggalpe ankommen,
ist es fast dunkel. Große Herden Gamsen
ziehen über die Almen. Wir gehen den
Weg bis zuletzt im Dunkeln, wie wir es inzwischen
gewohnt sind. Unterwegs rufen ein paar Raubvögel...
Gemsen pfeifen. Die Stimmung ist unvergesslich
schön! Das Restlicht gibt noch so viel
Helligkeit, dass es sehr gut auch ohne Stirnlampe
geht!
Dieser
Tag ist ein unvergesslicher, einzigartiger
Tag in meinem Leben. Pünktlich zu meinem
Geburtstag durfte ich einen großen Sprung
über meine alte Höhenangst machen,
und dabei erleben, wie sich Angstfreiheit
anfühlt und was sie bewirken kann! Danke
meine liebste Schwester Vroni und Christian,
dass ihr mir dieses Erlebnis ermöglicht
habt!
Vielleicht fühlst
du dich durch mein Erlebnis inspiriert,
deinen eigenen Ängste zu begegnen und
zu überwinden :-)
Wenn es dir gelingt,
würde ich mich über deinen Bericht
sehr freuen!
Email:
tanz-der-farben@regina-rau.de
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