Am
27. Oktober 2016 startete ich meine Abenteuer
Reise zur Wildnisschule im Allgäu, die
ich mir selbst zum Geburtstag geschenkt hatte.
Diese Tage ging es um's "Überleben".
Was mich bewogen hatte, diese Reise zu buchen,
war die Idee, auch im Herbst und Winter ganz
ohne Equipment draussen sein zu können.
Und mich freute vor allem, dass die Veranstalter
selbst vegetarisch leben, und ich mir also
keine Gedanken darüber machen musste,
was ich machen würde, wenn alle Regenwürmer
und Spinnen essen. Ich freute mich wie ein
kleines Kind. Nun war ich so aufgeregt, wie
zuletzt vor 40 Jahren, als ich als Kind noch
mit den Eltern und Geschwistern nach Griechenland
in Urlaub fuhr, wo noch viele Straßen
abenteuerlich waren - und man nur sehr selten
mal einen Einheimischen traf.
Ich
hatte mir zu diesem Zweck extra noch einen
110 Liter Militär-Rucksack gekauft, weil
mein VauDe Rucksack, der mir seit 24 Jahren
treue Dienste leistet, bereits im Sommer,
als ich noch mit leichtem Schlafsack unter
freiem Himmel bei Wildkräutern und Quellwasser
verbrachte, gerade noch ausreichte. Für
den Winterschlafsack nebst Biwi brauchte ich
deutlich mehr Stauraum. Als ich den gepackten
Rucksack noch einmal überprüfte,
fiel mir eine Broschüre ins Auge, die
ich aus dem Karwendel-Gebirge einmal mitgenommen
hatte, sie war irgendwie zwischen ein Tarp
geraten, und fiel heraus. Darauf stand: "Wege
zum Glück" ... ich konnte es richtig
fühlen.
5 Tage unter freiem Himmel mit Wildkräutern
und Quellwasser im Karwendelgebirge
Natürlich
war ich sehr aufgeregt, denn ich hatte keine
Ahnung, ob ich die 20 kg wirklich schleppen
könnte, auch wenn ich dafür im Jahr
davor viel trainiert hatte.
Denn
in früheren Zeiten hatte ich mir mächtige
LWS-Schmerzen zugezogen, wenn ich von solch
schweren Touren zurückkam. Und in den
letzten Jahren hatte ich bereits 2 deftige
Hexenschüsse nebst Frozen Shoulder
links und rechts zugezogen. Doch war ich
nicht faul gewesen und hatte mit viel Geduld
und innerer Überwindung diese ernsthaften
Beschwerden mit viel Rohkost häufigen
Streifzügen im Gebirge kuriert, wobei
ich das Gewicht und die Steighöhe stets
ein klein wenig erhöht hatte.
Und
tatsächlich, als ich diesmal das Haus
verliess. hatte ich nicht nur 20 kg auf dem
Rücken (wie ich später nachwog),
sondern ich nahm sogar noch eine 6 kg Tragetasche
mit all dem Gemüse und Obst mit, die
ich noch übrig hatte - und es ging mir
erstaunlich gut damit.
In
München wollte ich den Zug nach Kempten
nehmen und verpasste den Anschluss, weil eine
falsche Gleisnummer auf meinem Infoblatt stand.
Eine Stunde später saß ich endlich
im richtigen Zug. Die Leute starrten mich
an, als käme ich vom Mond. In Buchloe
und Kempten waren die Züge im Gegensatz
zu unserer Gegend voll mit Menschen aller
Nationen - alle ausnahmslos freundlich und
zuvorkommend. Ein paar russische Männer
tuschelten über meine Fracht.
Als
ich am Ziel ankam, ging die Türe nicht
auf. So kam ich statt am späten Nachmittag
erst am frühen Abend am Zielbahnhof an.
Von hier ging es nun 30 Minuten zu Fuß.
Da ich in „google maps“ keine wirklich
genaue Route finden konnte, probierte ich
hier nun jede Abzweigung aus, die alle in
einer Sackgasse endeten.
Und
so dauerte es fast 30 Minuten, bis ich endlich
die richtige Route gefunden hatte. Als ich
am Abzweig Richtung Wildniscamp ankam, hielt
ein Auto. Es war die Veranstalterin. Sie nahm
mich mit und lachte über meine Geschichte.
"Ja, das erleben wir sehr oft in letzter
Zeit. Sehr viele Menschen stehen nun auf dem
Prüfstand: was will ich wirklich!"
Ich hatte scheinbar die richtige Entscheidung
getroffen, noch dazu musste ich nun die restlichen
20 Minuten nicht zu Fuß gehen ;-)
Es
war um diese Uhrzeit schon sehr kalt, und
das Wildnis-Camp lag in einer Vertiefung am
Bach, so dass ich hurtig mein Zelt aufstellte.
Später stellte sich heraus, dass ich
es in der Eile der herannahenden Dunkelheit
verkehrt eingehängt hatte. Das war alles
eine große Gaudi - vor allem auch, weil
sich der Platz für die Zelte sehr abenteuerlich
auf einer wirklich sumpfigen Wiese befand.
Die erste Nacht froren wir alle mehr oder
weniger durch. Diesen Umstand lösten
wir bald, indem wir in die Jurte umzogen,
wo wir uns nachts mit den zum Sitzen vorgesehenen
Heuballen umgaben, um die Feuerwärme
optimal zu nützen und den Wind abzuhalten,
da der Eingangsbereich offen stand.
Am
Morgen badete ich mich jeweils im eisigen
Bach, der wenige Meter vorbeifliesst und irgendwo
ganz in der Nähe aus einer Quelle kommt.
Ich kann kaum beschreiben, wie gut dieses
kalte Bad tut. Mein Tipp ist: NICHT Zögern,
sofort rein - und dann freuen! Denn das Gefühl
sofort danach ist himmlisch! Nachher stehe
ich dann oft eine ganze Weile unbekleidet
und lasse mich von der sich nach dem Bad warm
anfühlenden Luft trocknen. Das Bild ist
perfekt. Der Bach gluckst wild vor sich hin,
von weitem schimmert die Jurte durch die Bäume…
fühlt sich wirklich an, wie „zu
Hause“! (Regina:
Eisbaden im Winter)
Die
Tage waren gefüllt mit wertvollen Informationen
über ein Draußen-Sein ohne viele
Mittel, Miteinander und gemeinsamen Aktionen,
wie z.B. Unterschlüpfe nur aus dem Material
zu bauen, welches in der Umgebung zu finden
ist, um dort die Nacht ohne Schlafsack zu
verbringen, worauf wir aber wegen der hohen
Feuchtigkeit der vergangen Regentage verzichteten.
Es stand bereits ein großes Gras-Tipi
auf dem Gelände, in das wir ebenfalls
schlüpften. Es stand offensichtlich schon
ein wenig länger, denn es befanden sich
überall große Nester weißer
Pilze ... ein Teilnehmer wollte dennoch versuchen,
sich darin ein Feuer anzuzünden und darin
zu nächtigen. Dazu hatte er sich tagsüber
Brennholz dorthin gebracht. Er machte sich
in der Nacht gegen 22 Uhr auf den Weg dorthin.
Doch er kam 2 Stunden später gegen Mitternacht
zurück... Solche Hütten fallen,
wenn nicht lebhaft bewohnt, dem Schimmelpilz
anheim.
Wir
lernten, wie man mit diversen natürlichen
Dingen, die man im Wald findet, Feuer machen
kann. Darunter auch die Technik mit dem Feuerbohrer
und einem Bogen, Zunderpilze und „Zündstoff“
machen… Wir sollten uns Zündmaterial
aus der Umgebung zusammen sammeln und mit
nur einem Streichholz ein richtig gutes Feuer
damit entfachen. Mein Streichholz rieb sich
in der hohen Feuchtigkeit nur ab
Als unser Wildnislehrer dann selbst ein Feuer
mit dem in der Jurte vorhandenen Zunder entfachen
wollte, gab es eine dichte Rauchwolke. Das
Gras war einfach noch zu feucht. Überhaupt
verbrachte ich zum Ersten Mal so viele Tage
so nah am Feuer und ich dachte, dass ich diesen
Schwelgeruch nie wieder aus meinen Sachen
bekommen würde. Doch eine Nacht im Freien
auf dem frischen moosigen Waldboden, neutralisierte
alles wieder auf ein akzeptables Mass..
Mit der glühenden Kohle des Feuers glühten
wir aus groben Holzscheiten Schalen und Löffel…
da saßen wir bis Nachts um 2 Uhr ums
Feuer und da glühte nicht nur die Kohle
auf unserem Holz… eine herrlich schöne
Erfahrung, mit Gleichgesinnten da ums Feuer
zu sitzen, Schnüre zu drehen, Schalen
zu brennen und Wurzelstecher zu schnitzen!
Wir
gruben Wurzeln aus und bereiteten sie zu.
Das war meine erste Wurzelmahlzeit mit Kohlkratzdistel,
Löwenzahn, Schlangenknöterich -
und mir fiel es ein, noch Graswurzel dazu
zu geben ... wir waren alle sehr begeistert!
Auch das Gras ist essbar und trinkbar: (siehe
auch: Regina Rau "Lebenselixier Süssgras")
Die Bitterstoffe schmeckten köstlich
... das brachte mich auf die Idee, nun statt
gekauftem Wurzelgemüse viele wilde Wurzeln
sammeln. Außerdem brachte ich aus dem
Wald eine ganze Reihe Pilze mit, die ich für
mich selbst zubereitete, da sie sonst niemand
kannte und deshalb auch kaum jemand probieren
wollte. Doch dann probierten sie einer nach
dem andern doch alle. Auch das Mädchen,
das generell Pilze hasst. Sie erklärte
mir feierlich, dass es das erste Mal in ihrem
Leben sei, das ihr Pilze schmecken - und sie
nahm sich noch eine Portion. Dazu gab es Dinkelmehl-Gerstengras
Brote, in der Pfanne über dem offenen
Feuer gebacken ... das ist eine sehr gute
Variante zum Annähern an das Rohkostgrasbrot,
das ich seit ca. 2 Jahren zubereite und auf
den meisten Wanderungen und Events dabei habe
... aber meist nicht sehr lange, da es ein
sehr beliebter Snack bei meinen Wanderfreunden
ist!
(siehe
auch: Regina Rau "Rohkostbrote + Rohkost
Süssgras Brot")
Wir lernten verschiedene Knotentechniken,
selbst aus z.B. Brennesselfasern oder selbst
Gras Schnüre zu fertigen, die man in
beliebiger Dicke ausarbeiten kann.
Wir lernten auch, Entscheidungen gemeinsam
zu treffen, was eine der schönsten Erfahrungen
dieser Tage für mich war. Denn obwohl
wir alle so unglaublich verschieden waren
– klappte das auf Anhieb. Auch Meinungsverschiedenheiten
konnten ausgesprochen und beseitigt werden.
Am vorletzten Tag gingen wir gemeinsam mit
dem Notgepäck auf einen Berg, wo wir
unser Nachtlager aufschlugen. Anschließend
sammelten wir Feuerholz und es wurde ein sehr
kleines Feuer entfacht, es gab Survival-Suppe
aus der Packung. Ich hatte meinen Brokkoli
und eine tolle Sauce dabei, die ich mampfen
wollte, doch könnt ihr euch ja vorstellen,
dass dieser Brokkoli bald auch das Interesse
der anderen weckte
Später - unser Lehrer hatte extra vegane
Schokolade besorgt, gab es noch ein abenteuerliches
Spiel mit Anpirschen. Drei sollten am Lagerfeuer
sitzen, die anderen drei sollten versuchen
sich anzupirschen, um die mit einem kleinen
roten Ledlicht versehene Schokolade zu stehlen.
Ich kam als erste sehr weit… Vom Lagerfeuer
aus sah es so aus, als sei die Schokolade
unglaublich weit weg. Doch vom Wald aus wirkte
es, als könne man da nicht mal im Umkreis
von 10 Metern heranpirschen. Ich zog weiter
hinten meine Trapperhosen aus und ließ
die dunkelgrüne BW-Hose an. Damit sollte
es gehen. Doch hatte ich nichts, um meine
hellen Haare zu bedecken. Ich pirschte mich
zunächst bis zu einem letzten Baum heran.
Dann legte ich mich im Abstand von ca. 8 Metern
zum roten Licht flach mit dem Bauch auf den
Boden. Mit den Ellbogen und den Zehen drückte
ich mich 10cm-Weise nach vorn und blieb dann
jeweils einige Zeit reglos liegen. Es war
abgemacht, dass ein Strahl mit der Pointerlampe
nach einem geschickt würde, wenn man
entdeckt war. Zunächst dachte ich, man
würde Tage brauchen, bis man auf diese
Weise zur Schokolade käme. Doch war ich
bereits nach ca. 20 Minuten bei der Lampe
und nichts geschah. Dann knackte es 2 Meter
neben mir… mir stellte es die Nackenhaare
auf, da ich wusste, dass man nach diesem Geräusch
schauen würde. Und tatsächlich ging
gleich darauf eine Taschenlampe an. Ich presste
mich ganz auf den Boden und überlegte,
wie ich vorgehen würde, wenn ich die
Schokolade in der Hand hätte. Ich wollte
nicht gleich euphorisch aufspringen, sondern
wieder zurückrobben und dann hinten durch
den Wald laufen, um in einem großen
Bogen die andere Seite des Feuers zu erreichen,
von wo aus ich dann triumphierend die Schokolade
schwenken würde. Da lag ich nun neben
dem roten Licht und tappte mit den Händen
drum herum. Doch da war nichts. Ich robbte
noch 50 cm weiter. Nichts. Und als ich so
vor mich hin sinnierend weiterhin mit den
Händen um das Licht tappte, traf mich
plötzlich der Strahl des Pointers. „Oh,
da scheint es einen Igel zu geben!“ Ich
blieb reglos liegen. Der Strahl verschwand
wieder. Doch dann flog mir ein Tannenzapfen
an den Kopf…
Ich stand lachend auf – und sah die Schokolade
genau dort, wo ich entdeckt wurde. Ein sehr
interessantes Gefühl 
Ich wurde abgelöst und ein anderer Teilnehmer
verschwand in der Dunkelheit. Es war recht
spannend, am Feuer zu sitzen und sich zu unterhalten,
während alle Sinne aufmerksam auf die
Dunkelheit lauschten.
Ein Teilnehmer, der gleichzeitig mit mir in
den Wald gezogen war, um die Pirsch zu versuchen,
schaffte es. Es stellte sich heraus, dass
wir alle die gleiche Anpirsch-Robben Route
überlegt hatten, wenngleich wir aus verschiedenen
Richtungen kamen. Alle wurden kurz vor der
Schokolade entdeckt. Denn alle hatten sich
gewundert, dass bei dem Licht nichts lag.
Zuletzt sagte der letzte, der entdeckt worden
war, dass es keine Schokolade gegeben hätte.
Inzwischen waren schon anderthalb Stunden
vergangen. Da stand unser Gruppenleiter auf
und ging mit der Stirnlampe nachsehen. Sie
war tatsächlich weg. Ich freute mich
wie ein kleines Kind darüber, dass er
es so gemacht hatte, wie ich es mir für
mich vorgestellt hatte. Ihm diesen Sieg zu
gönnen, war eine riesige Freude. Doch
er tauchte nicht auf. Einer der Teilnehmer
hatte eine Ultrastarke Ledleuchte dabei, mit
der er in den Wald funzelte. Es dauerte eine
ganze Weile, bis der Schokoladendieb plötzlich
wenige Meter vor unserem Feuer entdeckt wurde.
Er hatte sich wirklich super versteckt und
kam nun triumphierend mit allen Tafeln an
gehüpft. Wir freuten uns alle riesig
und setzen uns um das Feuer, um die wohlverdiente
Süße zu genießen. Dazu gab
es Tee. Doch der schmeckte, weil die Wasserfalsche
am Tag direkt an einer Stange am Feuer gehangen
hatte… komplett nach Rauch :-D
Gegen 12 Uhr Mitternacht verkrochen wir uns
alle in unsere Nester. Das war die schönste
Nacht … hier oben – auf dem unglaublich
weichen, trockenen Waldboden, direkt unter
den Sternen…
Ich
hatte niemandem vorher verraten, wohin ich
die Tage fahren und was ich machen würde.
Als ich es nun meiner Mama erzählte,
war sie über die Maßen begeistert
und freute sich wie ein kleines Kind darüber,
dass sie, als sie mich nicht erreichen konnte
und darüber nachsinnierte, wo ich stecken
könnte, auf das Richtige getippt hatte!

Das
waren sehr intensive, wunderschöne und
lehrreiche Tage in der Wildnisschule
Allgäu Tage
mit Heike und Stefan - und der tollen Teilnehmer
Gruppe! Danke dass es euch gibt!
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