Von
der Taubenstein Bergbahnstation (1613m) oben starten
wir in Richtung Rotwand (1884m). Ich hab Steigeisen
dran - Vroni und Chris Grödeln. Ich bin sehr
glücklich über meine Steigeisen, da
schmiere ich im tiefen Schnee nicht so viel ab.
Ich steige kurz zum Taubenstein (1692m) hinauf
- und sehe, dass die beiden schon weiter sind
in Richtung Lämpersberg ... Also schnell
wieder heruntergekraxelt, was mit den Steigeisen
sehr gut geht. Wir gehen oben am Grat des Lämpersberg
(1766m) entlang... Bis hierher gehen wir über
festgetretenen Schnee. Aber hier oben am Beginn
des Lämpersberg-Grats hört die Spur
für die Bergschuh-Geher auf. Jetzt stapfen
wir knietief im Schnee... weil wir keine Schneeschuhe
dabei haben.
Vroni und Chris tragen zudem einen schweren Rucksack.
Ich darf im Moment mit meiner Kalkschulter (ist
noch eine Auswirkung vom Motorradunfall von vor
2 Jahren) nix tragen. Habe fast alles, was ich
brauche in den Jackentaschen verstaut, 1 1/2 Liter
Wasser trage ich in einer Tasche an der Hand.
Wenn man will, geht alles. Vroni trägt noch
1 kg für mich mit.
Wir kämpfen uns bis unterhalb der Rotwandhänge
durch den tiefen Schnee... eine hochromantische
Winter-Tour ... dort machen wir es uns gemütlich
und essen eine Kleinigkeit. Die Stille hier oben
ist herrlich! Jemand hat mit Schneeschuhen ein
wunderschönes Herz in den Tiefschnee gespurt.
Das sieht man bis weithin!
Überall rollen die kleinen Schneekugeln welche
die Tourengeher lose treten, die Hänge hinunter
und bilden herrliche Muster im Schnee - dazwischen
immer wieder Tierspuren. Das sieht dann aus wie
feine Netz-Gespinste im Schnee.
Nach ein paar Minuten gehe ich schon mal weiter.
Kurz vor dem Sattel, an dem man dann schon zur
Rotwandhütte hinüberschauen kann, umkreisen
mich zwei Krähen. Sie sitzen die ganze Zeit
über auf der Felsenkanzel und beäugen
mich. Als ich den Sattel überquert habe,
setzt sich einer der beiden ganz nah vor mich
auf einen Stein und beäugt mich aus der Nähe.
Ich spreche gern mit ihnen in der Krähensprache.
Das scheinen sie sehr zu mögen!
Langsam geht die Sonne unter und der Schnee nimmt
zuerst eine leicht rosa Farbe an - und färbt
sich zuletzt in herrliches Orange. Die Stimmung
ist unglaublich idyllisch. Von oben wirkt der
verschneite Weg zur Hütte sehr anheimelnd...
Ein Bild zum Träumen.
Im Rotwandhaus setze ich mich direkt vor den Ofen,
um mich zu trocknen, meine Klamotten sind nass
und der Trockenraum heizt nicht.
Ca. 2 Stunden später kommen auch Chris und
Vroni - sie mussten sich durch den Tiefschnee
kämpfen, in dem sie bis zum Oberschenkel
versanken.
Das
Rotwandhaus hat nicht nur Probleme mit Veganern
(und noch mehr mit veganen Rohköstlern!)
Jetzt
wollen wir's uns erst mal gemütlich machen
und fragen an der Theke nach, ob es was für
uns Veganer zu essen gibt, denn auf der Karte
gibt es absolut gar nichts ohne Tier. Man erklärt
uns, dass das Haus auf solch komplizierte Wünsche
nicht vorbereitet sei. Wir fragen nach Sauerkraut
- oder Tiroler Rösti ohne Speck. Das sei
nicht möglich, überall ist Speck drin
- und Sauerkraut gibt's hier oben nicht. Ich esse
es gerne roh ... aber "so was Kompliziertes"
wie Essen, dass es normalerweise auf jeder Hütte,
auf der wir bisher waren - zu haben gibt, haben
sie hier nicht! Veganer seien so kompliziert,
man könne es ihnen kaum recht machen. Dabei
hatten wir nach ganz einfachen Sachen gefragt!
Vroni und Chris hätten sogar blanke Nudeln
gegessen - oder einfach heiße Kartoffeln.
Was kann daran kompliziert sein?
Salat können wir haben, aber den haben wir
selbst dabei. Wir fragen, ob wir unsere eigenen
Sachen essen dürfen.
Wir
bekommen einen frechen Spruch ... dürfen
unsere Sachen essen. Vroni hat geriebenen Kohlrabi-Salat,
und super leckeren Krautsalat dabei. Ich hatte
unterwegs einige Chiccoree-Salate verdrückt
und zwei Fenchel.
Gegen 20.00 Uhr ist Zimmervergabe. Ich hatte meine
Geldbörse unten am Auto noch in der Tasche,
hier oben ist sie verschwunden. Hatte sie versehentlich
wohl doch im Auto vergessen! Ich bin Alpenvereinsmitglied
seit zig Jahren. Ich bitte den Wirt darum, die
Mitgliedsnummer per Telefon oder e-mail durchgeben
zu dürfen. E-mail hätten sie keine.
Es ginge einfach nicht. Ich zahle den vollen Nichtmitgliedspreis,
der fast das Doppelte ist.
Später fragen wir nach, ob es möglich
ist, einen Mondscheinspaziergang in der Nacht
zu machen, da wir den Schlüssel zum Zimmer
nach dem Aufschließen wieder abgeben müssen.
"Ja, es sei immer offen" ist die Antwort!
Wir gehen so ca. um 22.00 Uhr nach draussen und
steigen im Vollmond erst mal Richtung Rotwand
hoch. Es ist ein grandioses Licht, doch ist der
Schnee am Hang von den vielen Besuchern mit Schuhen
so gelöchert, und von den Schneeschuhen und
Tourenski auf der anderen Seite so glatt, dass
wir nur bis zum oberen 2. Drittel hinaufsteigen
und dort die grandiose Aussicht auf die Schneegipfel
der höheren Gebirge im Hintergrund genießen.
Dann gehen wir wieder hinunter und gehen ein Stück
auf dem tief verschneiten Forstweg. Fehlt nur
noch die Pferdekutsche mit Schimmeln. Dann passt
die Szenerie in jeden Kitschroman. Wir lehnen
uns an unsere Wanderstöcke und genießen
den Blick in den unendlichen Sternenhimmel. Irgendwann
wird uns kalt und wir gehen sehr gemütlich
zurück zum Rotwand-Haus.
Als wir dort gegen 23.30 Uhr ankommen, ist das
Haus abgeschlossen - und es brennt kein Licht
mehr. Wir überlegen, was zu tun ist. Chris
geht ums Haus herum und hat Glück. In der
Küche ist noch jemand. Über der Türe
prangt deutlich ein beleuchtetes Notausgang-Zeichen.
Wir können nicht glauben, dass das hochmodern
ausstaffierte Haus, mit den vielen Sicherheitsvorkehrungen,
nachts die Türe zuschließt, aus der
man im Notfall flüchten soll....?!? Es gibt
ja noch ein zusätzliches Treppenhaus... aber
wer findet das schon in der Aufregung? Ob es wohl
üblich ist, dass in einer Berghütte
nachts geschlossen wird, wenn die Gäste alle
im Haus sind. Bisher haben wir das jedenfalls
noch in keiner Hütte erlebt!
Rotwandgipfel
Am nächsten Morgen steigen wir noch mal zur
Rotwand hinauf - es sind Umengen von Ski- und
Schneeschuh-Tourengehern unterwegs... Am Gipfel
ist ein Trubel wie auf einer Alm. Die meisten
gehen hier herauf, um über einen Grat hinunter
über die Taubensteinhang zu fahren. Am Grat
stehen sie fast alle sehr lange und überlegen,
wie sie den Sprung am besten anstellen. Es sind
auch größere Kinder dabei. Wir können
kaum fassen, mit welchem Mut sie nach ein paar
Anweisungen von Papa oder dem Freund - den Sprung
auf den Steilhang wagen! Stundenlang könnten
wir da zusehen!
Irgendwann
gegen Mittag gehen wir wieder zum Rotwand-Haus
hinunter. Wir haben vor, einen Schlitten zu mieten
und die Rodelbahn (Forststraße) hinunter
zum Spitzingsee zu fahren. Als wir nach einem
Schlitten fragen, heißt es: für heute
sind die Schlitten aus! Wir sind ein wenig enttäuscht
- aber zu Fuß ist's auch ganz gemütlich,
zumal die verschneite Straße wirklich wunderschön
zu gehen ist!
Dennoch: unterwegs kommen uns immer wieder Leute
mit Schlitten entgegen, und wir fragen nach, wo
sie diese her haben. "Wir haben sie gerade
eben gemietet" hören wir von allen,
die an uns vorbeifahren. Insgesamt sind es noch
8 Personen! Wir fragen uns, ob das Rotwand-Haus
möglicher Weise persönliche Probleme
mit Rohköstlern und Veganern hat, die ihre
Selbstverpflegung in der Hütte verzehren,
nachdem wir von der Hütte ja keine Verpflegung
bekommen hatten! Sieht jedenfalls sehr danach
aus! Schade eigentlich, wirklich!
Durch das, was wir in der baulich wirklich tollen
Hütte durch das Personal erfuhren, haben
wir uns unsere Freude nicht verderben lassen.
Aber wir finden es schon sehr seltsam, wie mit
Leuten, die nicht in irgendwelche Schubladen passen,
dort umgesprungen wird.
Trotzdem war die Tour atemberaubend schön...
und wir wünschen euch, dass ihr hier oben
freundlicher bedient werdet!