Übernachtung
im Heu
auf dem Hohen Kranzberg bei Mittenwald
mit Wanderung um den
Ferchen- und Lautersee
09 und 10. September 2006 Samstag-Sonntag
zur
Album Übersicht Da gab es mehrere Möglichkeiten. Immer schon wollte ich in Mittenwald den Kranzberg begehen. Oft war ich außen herum getourt - oder mit dem Fahrrad daran vorbeigeradelt. Auf den Strecken war es so traumhaft schön gewesen, und mein Instinkt sagte mir, dass dieser kleine und von unten unscheinbare Berg - bestimmt mit einer echten Überraschung aufwarten würde. Aber da war auch die Hochalm, von der Aachenseestr. aus begangen - mit den herrlichen Gumpen und Almwiesen. Oder einfach eine wunderschöne Wanderung auf einem Lengrieser Höhenweg... Zuletzt entschieden wir uns alle für Mittenwald und den Kranzberg. Jetzt mussten wir nur noch überlegen, wie wir dorthin kämen, denn durch die horrenden Bahnpreise ist es nicht möglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren - zumal wir ja recht oft in die Berge gehen. Also schreibe ich mal wieder meine obligaten Trampschilder - es geht über Königsdorf, Bad Heilbrunn, Kochel, Wallgau und Krün - nach Mittenwald. Wir stehen um 8.30 ganz aufgeregt an der Straße. Helmut hat diese Fortbewegungsart noch nicht für sich entdeckt und ist skeptisch. Aber bis zum Kesselberg kommen wir problemlos mit 4 Autos durch, steigen nach 1 Minute Warten jeweils ins nächste Auto ein. Am Kesselberg ist es ziemlich frisch. Und niemand will halten. Hier warten wir 15 Minuten, als derselbe Fahrer, der uns hier aussteigen ließ, wieder anhält. Er nimmt uns bis Urfeld mit. Dort warten wir wieder eine halbe Stunde. Da
ruft meine Schwester über Handy an, die ihrerseits von München
nach Mittenwald trampt. Sie sei schon in Mittenwald. Wieee? Das geht ja
wie geölt ! Nur wir hängen hier fest. Ich schlage Vroni vor,
alleine loszugehen. Wir würden uns dann am "Hohen Kranzberg"
treffen. Jemand nimmt uns bis zur Seilbahnstation zum Herzogstand mit.
Dort macht Helmut den Vorschlag, dass wir mit dem Bus weiterfahren sollten.
Ich dränge darauf, mit dem "Daumen im Wind" weiterzumachen.
Aber bis uns die nächsten mitnehmen, dauert es weitere 20 Minuten.
Die Fahrt geht bis Krün. Dann ist Schluss. Es ist bereits 11.30 Uhr.
Jetzt ist irgendwie die Moral dahin. Mit dem letzten Fahrer kommen wir
bis zur Karwendel-Hochseilbahn. Jetzt ist es 12.15 Uhr. Dann verlaufe
ich mich noch - wir gehen auf der falsche Seite des Flusses, der durch
Mittenwald fließt und kommen erst ganz am Ende von Mittenwald über
die Brücke. Fast verlässt mich der Mut. Aber mein Schatz baut
mich wieder auf. Er schlägt vor, mit der Bahn hinaufzufahren, damit
wir Vroni wenigstens halbwegs in der Zeit treffen. Da
entdecke ich, dass ich meine Kameratasche von meiner Profi-Kamera im letzten
Auto liegen gelassen habe - oder bei der letzten Bank?
Oben angekommen, legen wir uns auf einer herrlichen Almwiese in den Schatten eines Baumes, weil Vroni noch nicht da ist. Wir rufen sie an - sie liegt am Lautersee - und hat dort nette Bekanntschaft gemacht. Heute scheint wirklich alles vom Schicksal in die Hand genommen. Ich sag ihr, dass wir oben sind - sie geht mit ihrer neuen Bekanntschaft los. Und wir zeigen uns der Sonne... Nach 1 ½ Stunden ruft Vroni wieder an. Wo wir denn seien... ach - da gibt es noch einen höheren Platz? Also auf geht's - noch eine Viertelstunde wirklich steiler Anstieg über Fuhrstraße vom Sessellift aus. Vroni sitzt gemütlich und genießt ihre "Schneider-Weisse".
Es wird ein sehr interessanter Nachmittag - und 16.30 Uhr. Da sollte eigentlich die Sesselbahn zum letzten Mal fahren, für die Helmut sich schon vorsorglich das Rückticket besorgt hat. Als Vroni sich noch angeregt mit Edmond unterhält, erkundigt Helmut mit mir die Gegend. Er hat ein paar sehr lauschige Plätzchen entdeckt. Mir schlägt das Herz höher. Ich fühle mich sehr an die Berggeschichten oder auch an die alten Bergfilme von früher erinnert, wo viel fast kitschig schöne Landschaft zu sehen ist. Aber hier ist es wirklich so. Überall !!! Und auch schon auf meinen Radtouren durch dieses Gebiet war mir aufgefallen, wie liebevoll und mit ganzem Herzen die Menschen hier ihre Landschaft pflegen. Selbst die Kinder helfen fröhlich beim Heueinholen mit, oder sie bedienen die Leut' und man sieht ihnen die Freude, die sie dabei haben, deutlich an.
Während wir die herrliche Umgebung genießen, frage ich mich insgeheim, wie Helmut nun wieder nach Hause kommen möchte, da er doch wegen seinem Fuß vorgehabt hatte, wieder hinunter zu fahren. Kaum habe ich den Gedanken zu Ende gedacht, da sagt er: "Weißt du was! Bleiben wir doch einfach hier und schlafen in einem Heuschober!" Das ist sehr spontan. Wir haben keine Schlafsäcke dabei, die haben wir "vorsichtshalber" zu Hause gelassen. Und ich habe auch nicht sonderlich viel anzuziehen dabei. "Vielleicht wird es sehr kalt in der Nacht - und vielleicht finden wir gar keinen Platz!" Helmut ist da felsenfest. "Du wolltest das doch immer schon mal machen - und jetzt kneifst du!" Überredet!!! Ich gebe unsere Entscheidung bekannt - und sehe Vroni an, dass sie am liebsten auch geblieben wäre und schlage ihr vor, auch zu bleiben. Aber sie entscheidet nach Hause zu fahren. Gegen 17 Uhr machen sich Vroni und Edmond auf den Rückweg. Helmut und ich gehen in Richtung der ersten Hütte, die wir vorhin entdeckt hatten. Aber da ist ein Waldmännlein mit weißen Haaren und weißem Bart, der vermutlich Preiselbeeren oder Schwammerl sucht. Er hat uns entdeckt und beobachtet uns mit Luchsaugen!
Also machen wir es uns vorerst auf dem Gipfel gemütlich und genießen den herrlichen Ausblick auf die majestätisch leuchtenden Gebirgsmassive - Karwendel, Wetterstein und die Gebirgsketten weiter hinten. Mittenwald liegt eng an den Fuß des Karwendel geschmiegt. Auf der Nordseite fällt der Kranzberg sanft ab - und es gibt jede Menge herrliche Wanderwege durch wunderschöne sonnige Almwiesen, an tiefblaugrünen Seen vorbei... mein Herz hüpft bei diesem Anblick vor Freude. Als es dunkel wird, schlägt Helmut vor, dass er sich auf die Suche nach einem geeigneten Plätzchen machen will. Nach einer viertel Stunde kommt er wieder. Er fand das Waldmännlein mit weißen Haaren, weißem Bart und feuerrotem Pulli noch immer in der Nähe seiner Hütte auf der Almbank eines ziemlich steilen Hügels sitzend und betrachtet die untergehende Sonne hinter dem Wetterstein, die ihre Strahlen gleißend in alle Richtungen schickt. Ich freue mich darüber, dass es noch Menschen gibt, die sich der stillen Schönheit noch ganz hingeben können und noch nicht der Raserei der Welt verfallen sind.
Helmut führt mich durch eine lauschige kurzgeschorene Grashügellandschaft - hier sieht es aus wie in einem Märchenland. Nach einigen heimlichen Windungen erreichen wir eine weitere Hütte - auch hier befindet sich eine Heuhütte. Sie ist oben offen. Sofort kriechen wir hinein. Helmut macht die Seiten dicht. Wir legen unsere isolierte Decke unter uns und haufenweise Heu über uns. Ich dachte, es würde pieken und jucken - aber nachdem die ersten Erwartungsängste verflogen waren, freute ich mich wie ein kleines Kind. Das hatte ich mir schon seit meiner Kindheit gewünscht! Ich fiel selig in einen Halbschlaf. Es war lange erstaunlich warm. Dann musste ich für kleine Mädchen und fing an zu frieren. Die Temperaturen mussten außerdem stark gesunken sein. Lange Zeit traute ich mich nicht aufzustehen, weil es richtig kalt geworden war und ich fror. Irgendwann überwand ich mich und stand auf. Da schien der Mond so herrlich, dass ich gleich aufblieb, um eine Nachtwanderung zu machen. Es war gegen 24 Uhr. Das ließ Helmut sich auch nicht nehmen - er wurde sofort wach und so schnell hab ich ihn noch nicht aufstehen gesehen! Also gingen wir zusammen. Die Nacht war lau - der Mond und die Sterne strahlten so hell, dass man mühelos eine richtige Nacht-Bergwanderung hätte machen können. Wir stiegen wieder hinauf zum Hohen Kranzberg-Gipfel und setzen uns auf eine Bank, um das Schauspiel zu genießen. Vom Tal glitzerten die Lichter von Mittenwald und Krün herauf. Auch die Bergstation der Karwendelbahn war erleuchtet. Von der Hütte unterhalb des Gipfels tönt leise bayrische Volksmusik live herauf - Lachen, Klatschen und Feiern - als hätte der Abend erst begonnen. Gegen 1.00 Uhr gingen wir wieder hinunter zu unserer Hütte. Durch die Fallwinde war es hier wesentlich kühler. Und in der Nacht zog es dann richtig an. Also noch mal eine fette Lage Heu drübergelegt und so war es auszuhalten. Am nächsten Morgen fühlte ich mich unglaublich fit. Und Helmut offensichtlich auch. Wir säuberten unsere Rucksäcke und Kleidung und Haare vom Heu, wuschen uns mit ein paar Handvoll von dem Wasser aus dem kleinen Brunnen vor dem Haus - schlichteten das Heu in der Hütte wieder so, wie es gewesen war, und richteten alles wieder so her, wie wir es vorgefunden hatten.
Dann gingen wir noch einmal zum Gipfel. Die Morgensonne erhob sich hinter dem Karwendel und lockte mit fröhlichen Strahlen zu neuem Tatendrang. Helmut fühlte sich fit und gut gelaunt. Er hatte gerade 6 Wochen seinen Fuß stillhalten müssen, weil er gebrochen war - und jetzt entschieden wir uns am Abstieg für die große Runde zurück nach Mittenwald - über Ferchen- und Lautersee. Auf jedem Schritt fühlen wir uns wie in einem Märchenbuch ... und es ist wahr! "Noch"!
Unten am Ferchensee trinken wir in der Gaststätte einen Kräutertee. Der See ist klar wie Glas und es gibt freischwimmende Karpfen, die hier in diesem klaren Bergsee freilich nur überleben können, weil sie von den Gästen reichlich gefüttert werden. Es ist noch sehr früh am Morgen und der Frieden, der hier um diese Uhrzeit noch über die herrliche Berglandschaft weht, berührt mein Herz. Ich fühle mich wie in Mutters Schoß... Als wir zuletzt wieder bei der Karwendel Bergbahn ankommen, geht Helmut hinein und fragt den Kassierer wegen meiner am Vortag im Auto liegengelassenen Fototasche. Sie ist tatsächlich abgegeben worden! Es lohnt sich eben wirklich, sich nicht aufzuregen ... Am
Parkplatz vor der Bergbahn fragen wir nach Mitfahrgelegenheiten. Es dauert
nicht lange, bis wir erfolgreich sind. Helmut fragt einen Bergfex, der
gerade den Steig zum Karwendel herunter kommt. Er war den Karwendel in
drei Stunden hinauf und in zwei Stunden wieder herunter gestiegen. Er
fährt Richtung München und nimmt uns mit. Im Winter haben wir uns vorgenommen, wieder hierherzukommen - zu einer Nachtwanderung oder Rodeln im Mondschein. Ich wünsch euch viele erfüllte und erholsame Tage
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