An
die Felsenbirne © Regina Franziska Rau |
Ich ging ohne Gedanken an den
Gärten der Landshuter "Noblesse" vorbei, da fing mich das
geheimnisvolle Leuchten deiner Früchte ein. Du strahlst so tief,
scheinst in andere Welten hineinzureichen... Purpurn und blauviolett - seidiger Schimmer... Du hast die Farbe Lila vollkommen in dir vereint. Und es leuchtet aus deinem Inneren, als wäre da ein Türchen - fast kann ich es sehen, wenn ich nur nah genug hinsehe. Und einen feinen Klang sendest du aus... Ein Krönchen aus einem Kranz von deinen Früchtchen ziert vielleicht das Haupt einer holden Elfen-Königin. Als ich so dastand und über dich sinnierte, überkam mich ein ungebändigter Drang danach, deine Perlen zu kosten. Wir gehen so achtlos an dir vorbei... Als Zierpflanze bekamst du deinen Platz im Garten zugewiesen. Und da stehst du nun und bietest deine Früchte feil. Und wir ... nehmen nur noch das Angebot im Laden wahr. Und du bietest uns immer noch - dem verirrten Konsum trotzend - strahlend deine Gastfreundschaft an. Ich zupfte ein paar von den leuchtenden Birnchen von deinen Ästen. Es mochte mir scheinen, dass ich vom Anblick deiner Früchtchen trunken wurde. Ich konnte mich kaum satt sehen daran. Deine Beeren fielen in meinen Mund und verströmten ihren lieblichen Geschmack von süßem Beerenwein... Da wußte ich: 'Du trägst Götterfrucht!' Ich fing an zu singen ... und dieser Tanz ist nun für dich... Regina Franziska Rau Anmerkung: Der Baum wurde bereits wenige Wochen später im darauffolgenden Herbst gefällt. Als ich eines Tages diesen Ort wieder aufsuchte, und dort nur noch einen kahlen Flecken - und den Stumpf vorfand, weinte mein Herz und ich fühlte, als ob ein treuer Freund hingerichtet worden wäre. |
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