Nachtwanderung
© Regina Franziska Rau |
An
einem schönen Winterabend, als es schon lange dunkel geworden war,
rief mich meine Freundin Elke an. Sie fragte mich, ob ich nicht Lust hätte,
mit ihr zur Alpenvereins-Hütte am Rusel bei Deggendorf zu spazieren,
da sich dort ein paar nette Leute zusammengefunden hätten. Der Weg
geht durch den "finsteren" Wald. Und sie traute sich nicht alleine.
Und ob ich dazu Lust hatte! Zu solchen Gelegenheiten auf gemeinsame nächtliche
Wanderungen im Wald lasse ich mich nicht zweimal einladen. Elke und ich fuhren gegen 21.20 Uhr zur Wegmacherkurve am Ruselberg. Von dort aus gingen wir einein halb Stunden durch den tief verschneiten, nebelverhangenen und stockfinsteren Wald. Elke hatte mir vorgeschlagen, mit ihr auf die Alpenvereinshütte zu gehen. Aber so sehr wir uns auch anstrengten, wir fanden sie nicht. Schon an der ersten Waldwegkreuzung verliefen wir uns. Wir gingen zurück und versuchten es noch einmal. Elke hatte eine Taschenlampe mitgebracht. Auch ich hatte eine Funzel dabei. Elkes Taschenlampe ging schon nach wenigen Schritten aus. Meine funktionierte erst gar nicht. Ich war begeistert. Elke schien es weniger gut zu gefallen. Sie drückte sich eng an mich. Diese Wanderung erinnerte mich an meine frühesten Kindheitsträume. Einmal im Dunkeln durch den verschneiten Wald laufen... Da entdeckte ich im nebligen Dunkel ein leises Leuchten unter dem Schnee. Ich sagte: "Mensch Elke - schau doch mal! Was ist denn das? Ob es wohl im Winter Glühwürmchen gibt? Davon habe ich noch nie gehört!" ![]() ![]() Wir liefen eine weitere halbe Stunde ohne Erfolg. An einer Weggabelung überredete ich Elke, es ein drittes Mal zu versuchen. Noch einmal trafen wir auf das Glühen im Wald. So oft wir auch hin und her gingen, wir konnten die Hütte nicht finden. Ich hab mich insgeheim gefreut wie eine Schneekönigin, weil solche Abenteuer mich erst richtig anstacheln. Als wir wieder aus dem Wald herauskamen, hätte ich am liebsten noch eine Runde drangehängt. Aber es war schon 23.00 Uhr und meine Freundin wollte jetzt nur noch nach Hause fahren. Wir sprachen uns ab, am nächsten Tag noch einmal dort hinauf zu fahren, um vielleicht bei Tageslicht sehen zu können, was uns in der Nacht verborgen geblieben war. Als wir in etwa auf der Höhe waren, wo ich das Glühen vermutete, wischte ich den Schnee beiseite - und musste schallend lachen: man hatte winzige selbstglühende Leuchtstäbchen an der Strecke verteilt, damit wir den Weg im Dunkeln besser finden sollten. Und genau an der Gabelung, die mir so verdächtig vorgekommen war, hing das letzte glühende Stäbchen, das wir in der Nacht gesehen hatten... |
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