Verbandsgemeinde
Hauenstein
Herrn Bürgermeister
Raber
76846 Hauenstein
Deggendorf,
Datum:27.07.1998
Betr.:
Geplante Legebatterie für 1,25 Millionen Hennen
Sehr
geehrter Herr Bürgermeister Raber,
sicherlich
haben Sie - die geplante Hühnerlegebatterie betreffend
- schon einige Briefe erhalten. Dennoch möchte ich
Ihnen meinen Standpunkt zu diesem geplanten Projekt im Folgenden
darstellen.
Viele Jahrtausende haben wir auf dieser Erde so gelebt,
als wäre uns die Erde tatsächlich ´unter´tan,
als hätten wir die Meisterschaft und die absolute Befehlsgewalt
über sie. Ja wir glauben sogar von uns selbst, die
Zusammenhänge in der Natur und die dazugehörigen
Naturgesetze besser zu kennen, als unser Schöpfer,
der uns diese Erde anvertraut hat. Und ganz genau das Gegenteil
haben wir gerade besonders während der letzten hundert
Jahre bewiesen. Wohin der Mensch mit seinem "Fort-Schritt"
kam, ist kaum noch zu übersehen. Der Mensch dachte
sich viele maschinelle Methoden aus, um die Erde nach seinem
Ideen sozusagen "produktiver" zu machen, um sich
Arbeit, Zeit und vor allem Geld zu sparen.
Doch hatte er mit seinen Innovationen offensichtlich nicht
immer den nötigen Überblick in die natürliche
Ordnung der Schöpfung. Und er zerstörte somit
nicht selten seine Umwelt und sogar sein engstes Umfeld.
Er sägte sich den Ast ab, auf dem er saß - er
schlachtete die Kuh, die er hatte melken wollen.
Natürliche
Ordnung -was ist das? Und was hat diese Ordnung mit dem
Bau einer Hennenlegebatterie zu tun? Es ist ganz einfach.
Wir können sie direkt in unserem engsten Umfeld sehen
und spüren. Wir brauchen nur unsere eigenen Mutter-Kind-Beziehungen
und unsere eigene Kindheit zu betrachten.
Wir
werden von Müttern geboren, die von sich aus alles
tun, um das Leben der Babys und der Kinder zu schützen
und zu beschützen. Sie nähren uns mit ihrer Muttermilch
-und damit mit den besten und wertvollsten Stoffen, die
der Körper in sie hineingelegt hat. Sie pflegen uns
liebevoll und geben uns ihre Liebe.
Versuchen
Sie sich einmal vorzustellen, unsere , Mütter hätten
keine Möglichkeit gehabt, uns mit der besten Nahrung
zu versorgen, weil sie selbst nicht in der Lage waren, sich
mit guter Nahrung zu versorgen, und vielleicht zu allem
Überfluss noch durch ihre dadurch angeschlagene Gesundheit
gezwungen waren, Medikamente zu nehmen, die wir dann zum
Teil wieder durch die Muttermilch aufnahmen. Und angenommen,
unsere Mütter hätten außerdem keine Möglichkeit
gehabt, uns liebevoll großzuziehen und uns zu pflegen.
Was für eine Welt hätten wir dann heute? Wir hätten
eine Weit, wie wir sie in Kriegsgebieten bedauern können.
In vielen Teilen der Erde, wo die Menschen aus Mangel an
den grundlegendsten Voraussetzungen für ein intaktes
Leben leiden, können wir die Auswirkungen direkt sehen.
Die Welt in diesen Regionen wird vor allem von der Angst
regiert. Angst gebiert wiederum Neid, Hass und wieder Angst.
So entwickeln sich verhängnisvolle 'Teufelskreise´,
die nur sehr schwer wieder durchbrochen werden können.
Wie sollte es auch anders sein!
Wer
nie Liebe erfahren hat, die wärmende, vertrauenspendende
Energie der Eltern -wie sollte der vertrauensselig und zuversichtlich
leben können und wiederum selbst diese Erfahrungen
-an seine Kinder weitergeben können?
Stellen
Sie sich einmal vor, dass die Hennen Ihrer geplanten Legefarm
auch Mütter sind. Sie legen Eier in unsäglichem
Stress. Sie leben ihr ohnehin, kurzes Dasein nicht nur in
denkbar 'unwürdigen Umständen. Auch das eigentliche
'Produkt', das zum Verzehr für die Menschen gedacht
ist, wird unter diesen äußerst ungünstigen
Voraussetzungen 'erzeugt'. Die Henne hat kein würdiges
Leben mehr. Sie ist zur Gebärmaschine verkommen. Die
Hennen leben unter unerträglichem Platzmangel und unter
unerträglichen Lebensbedingungen. Sie leiden dabei
unsägliche seelische Not.
Ich
erlaube mir den Vergleich mit den Konzentrationslagern für
Menschen im Krieg. Sie leiden am Mangel humaner Lebensweise
ebenso wie wir Menschen, wenn wir Unterjochung und Demütigung
erfahren. Dadurch sind sie auch auf psychischer Ebene derart
belastet, dass sogar ein Kind unschwer folgern kann, dass
die Eier, die sie legen, kaum von hervorragender Qualität
sein können. Ganz im Gegenteil. Der Zustand der Hennen
überträgt sich in chemisch- physikalischem Sinne
auch auf die Eier. Ganz zu schweigen von den pharmazeutischen
Chemiekeulen, wie Antidepressiva, Aufputschmitteln, etc.
Es mag wundern, dass Hennen unter solchen Umständen
überhaupt noch Eier legen!
Und
solche Eier kommen nun auf unseren Frühstückstisch.
Wir essen diese Eier doch eigentlich aus zweierlei Gründen:
erstens sollen sie uns Kraft verleihen, damit wir gestärkt
unsere täglichen Aufgaben gut bewältigen können
-und
zweitens essen wir sie zum Genuss, wie z.B. das obligatorische
Frühstücksei oder das fröhlich anmutende
Osterei.
Besonders
unsere heranwachsenden Kinder sollen durch sie Kraft in
den Knochen bekommen... Wir essen diese 'degenerierten',
durch unsere eigene Verschuldung 'minderwertigen' Eier und
bilden uns tatsächlich ein, dass sie uns 'ernähren'.
Unsere Kinder sollen nun von diesen Eiern groß und
stark werden. Sie sollen fähig sein, sich dem immer
unmenschlicher werdenden Stress zu stellen. Starke Menschen
sollen durch den Verzehr dieser Eier ihre Muskelkraft aufbauen
und erhalten. Frauen sollen den Stress des Alltags: Berufsleben
und Kinder- bzw. Familienbetreuung samt Haushalt -bewältigen.
Wie soll das gehen?
Es
'ist doch vielmehr so, dass wir alle ernten, was wir säen
- und es ist unsere Absicht, das 'Geerntete' auch zu verzehren.
Aber
Hand auf's Herz:
Sollten
wir denn nicht langsam auch einmal unseren Blick darauf
werfen, was wir da säen - und später verzehren!?
Sollten
wir nicht endlich auch bereit sein, unsere. Augen erkennen
zu lassen, was am Ende herauskommt, bevor wir etwas beginnen
und bevor es zu spät ist! Sollten wir nicht nicht der
Lage sein, z.B. die Zusammenhänge unserer heutigen
Gesamt?Situation mit der Behandlung der wehrlosen Kreatur
zu erkennen, die wir ihr zukommen lassen?!
Ist
es nicht an der Zeit, ein bisschen Glück zu säen,
damit auch Glück wieder geerntet werden kann - gerade
von unseren eigenen Kindern!
Ich
plädiere an Ihre Menschlichkeit und an das Glück,
das Sie selbst in Ihrer Kindheit erfahren durften. Und Sie
haben mein tiefstes Mitgefühl für alle Schwermut
und alles Leid, das Sie vielleicht in Ihrer eigenen Kindheit
und Jugendzeit erfahren haben.
Helfen
Sie mit, unsere Welt ein klein bisschen heller zu gestalten
ein kleines bisschen lebens- und liebenswerter!
Die
Tiere - ebenso beseelte Wesen wie wir - und unsere eigenen
Kinder werden es Ihnen danken!
Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Zukunft, viel Sonne
im Herzen und Kraft für eine lebensbejahende Entscheidung.
Mit
freundlichen Grüßen
Regina Franziska Rau
(Anmerkung:
die Legebatterie wurde nicht gebaut)
Bilderquelle: Urlaub
auf dem Bauernhof in Bayern und Bauernhofurlaub
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