Stunde
des Abschieds kam, hat uns der Stallbesitzer auf unserem letzten
Weg begleitet.
Ein
zierlicher, schwarzer Traberwallach kam jetzt auf das Paradies
zu, kaum älter als vier Jahre. Sein Fell glänzte
wie Seide, aber seine Augen waren müde und ohne Glanz.
"Warum
bist du hier, mein Freund?, fragte der Herr der Pferde.
"Du bist noch zu jung zum Sterben.
"Ich war keine gute Geldanlage, antwortete der
Traber. "Auf der Trabrennbahn war ich zu langsam. Sosehr
ich mich anstrengte, ich konnte nicht schneller laufen. Mein
Besitzer sagte, ich sei zu teuer zum Durchfüttern und
hat mich zum Schlachter bringen lassen. Der Herr der
Pferde öffnete die Truhe des Trabers und fand sie noch
fast gefüllt bis zum Rand. "Das muss ein trauriges
Leben gewesen sein, sagte er, "hast du nicht einmal
eine schöne Kindheit gehabt?
"Kindheit - was für ein wundervolles Wort,
sagte der Traber versonnen. "Was bedeutet es? "Kindheit,
sagte der Herr der Pferde, "das heißt mit anderen
Fohlen über Wiesen galoppieren, im Spiel die Kräfte
messen, sich wälzen und in Seen baden, seinen Platz in
der Herde suchen und Freunde finden. Man lässt doch die
Pferde drei Jahre lang Kind sein, bevor die Arbeit beginnt.
Hast du das nicht erlebt?
"Nein,
sagte der Traber, für mich fing das Training mit
einem Jahr an. Sie haben mir den Kopf mit Lederriemen zurückgezogen
und die Zunge festgebunden, damit ich nicht galoppieren konnte.
Als ich zu langsam war, haben sie mich mit Peitschen aus Stacheldraht
geschlagen. "Warum tun sie das?, fragte der
Herr der Pferde zornig. "Man kann viel Geld mit Wetten
auf der Trabrennbahn verdienen, sagte der Traber, "mit
einem schellen Traber kann man reich werden. Ich war leider
ein schlechtes Geschäft.
Da
führte der Herr der Pferde den kleinen Traber auf die
große Paradiesweide mit Seen, die gefüllt war mit
schimmerndem Himmelstaub, mit Plätzen aus goldenem Sand
zum Wälzen und endlosen Wiesen zum Galoppieren. Alle
Traber und die anderen Pferde, die von ihren Besitzern als
Sportgerät missbraucht worden waren, vergnügten
sich darauf. Fasziniert blieb der Traber stehen. "Ist
das Kindheit?, fragte er entzückt. "Lauf los
und genieße sie, sagte der Vater der Pferde.
Er
war voller Empörung über die Menschen, aber es kam
noch schlimmer. Ein polnisches Schlachtpferd schleppte sich
auf das Paradies zu, ein Bild des Jammers. Ein gebrochenes
Bein hing schlaff herab, Blut sickerte aus vielen Wunden im
Gesicht und an der Schulter. Das Maul war grausam geschwollen,
weil das Pferd sich im Pferdetransporter halb wahnsinnig vor
Durst die Zunge an den Wänden wund geleckt hatte.
Als der Herr die Truhe des Schlachtpferdes öffnete, fehlte
nicht eine einzige Perle. "Wer hat es zugelassen, dass
man dich so quält?, fragte er erzürnt.
"Die Politiker, antwortete das Schlachtpferd mit
matter Stimme. "Sie könnten die Gesetze ändern,
aber es interessiert sie nicht. Es geht nur ums Geld. Man
verdient viel mehr, wenn man Pferde von Polen zum Schlachten
bis nach Südfrankreich oder Italien bringt. Der
Herr der Pferde führte das Schlachtpferd auf seine größte
und schönste Weide mit klaren, frischen Wasserquellen
und Kräutern, die jede Wunde heilen. "Was ist das
für ein prächtiger, goldener Ball über der
Weide?, wollte das Schlachtpferd wissen.
"Das
ist die Sonne. Kennst du sie nicht? "Nein. Aber
ich habe die Menschen davon reden hören, sagte
das Schlachtpferd glücklich und ging zu den Quellen,
um seinen Durst zu löschen.
Da versammelten sich die Privat- und Schulpferde, die es gut
gehabt hatten auf der Erde, und sagten zum Herrn der Pferde:
"Es ist gut, dass unsere armen Freunde es hier so paradiesisch
haben. Aber kommen ihre Peiniger ungeschoren davon?
Sie
bekommen ihre gerechte Strafe. "Welche?,
wollten die Pferde wissen. "Sie müssen als Pferd
zurück auf die Erde. Dort haben sie das Gleiche zu erdulden
wie die Tiere, die sie gepeinigt haben.
Der Herr der Pferde winkte ihnen, ihm zu folgen. Sie gingen
lange Zeit über einen schmalen Pfad, bis sie an einen
großen Platz gelangten, auf dem eine gewaltige Waage
aufgebaut war. Jeder Mensch wurde vor diese Waage gerufen,
und es wurden zwei Fragen gestellt. Ein Rennstallbesitzer
stand gerade vor dem höchsten Gericht.
"Wer
hat etwas Gutes über ihn zu berichten?, hieß
die erste Frage. Es fanden sich einige, die auf der Trabrennbahn
gewonnen hatten, die mit ihm gemeinsame Sache gemacht hatten,
und sein Kampfhund, der von ihm gut behandelt worden war.
Dann kam die zweite Frage: "Wer von den Trabern hat etwas
gegen ihn vorzubringen?
Da galoppierten alle seine Traber heran. Die, die hohe Preise
gewonnen hatten und die, die er zum Schlachter geschickt hatte.
"Was habt ihr ihm vorzuwerfen?, fragte der Richter.
"Er hat uns die Kindheit gestohlen, klagten die
Traber. Sie stiegen auf die andere Waagschale und drückten
sie mit ihrem Gewicht ganz nach unten.
Danach
sahen die Pferde einen Politiker vor dem Gericht. Er fand
eine ganze Anzahl von Menschen, die für ihn aussagten.
"Er wird sich geschickt herausreden - wie auf der Erde,
befürchteten die Pferde, "da sind viele, die er
mit Geld bestochen hat und die ihm wichtige Posten zu verdanken
haben. Mindestens fünfzig Menschen. Wer wird gegen ihn
aussagen?
"Fünfzigtausend Schlachtpferde, sagte der
Herr der Pferde, "er wird keine Chance haben...
Autor
unbekannt
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