Abenteuerreise 2004
per
Anhalter per Anhalter -
Vorwort
von
Deutschland, Deggendorf - bis in die Türkei, Fethiye
über österreich, Ungarn, Rumänien und Bulgarien
Vorwort<
Seit
Ende 1988 hatte ich immer wieder viele Monate in der Türkei
gelebt. Während dieser Zeit war mir die Türkei wie eine
geliebte zweite Heimat geworden. Ich hatte das Land lieben und vermissen
gelernt. Meine langjährige Ehe mit meinem türkischen Ehemann
war in die Brüche gegangen und so war ich auch längere
Zeit nicht mehr in die Türkei gereist. Dann lernte ich meinen
neuen Lebensgefährten kennen. Er kam aus dem Norden Deutschlands
und hatte bis dahin noch kaum eine andere als seine Heimatstadt
gesehen. In seiner Jugendzeit war er einmal mit einem Lehrer-Freund
für vier Wochen
nach Marokko gereist.
Ich
lernte meinen neuen Freund über das Internet als einen Menschen
kennen, der sich danach sehnte, viel Zeit in der Natur draußen
zu verbringen, der viel wanderte und neue Horizonte erleben wollte.
Er sehnte sich nach einem Lebenspartner, der seine Wünsche
und Sehnsüchte verstand und seine Interessen mit ihm teilte.
Das waren genau die gleichen Ziele, die auch ich insgeheim vor meinem
inneren Auge sah. Als mein Schatz dann nach Niederbayern kam, wurde
bald klar, dass vom Wunschbild bis zur Umsetzung - ein schwieriger
Weg lag. Denn er leidet an einer ausgeprägten Kontaktangst.
Diese gründet wiederum vermutlich aus den verschiedensten Phobien,
wie z.B. Höhenangst, Verlustangst, Existenz- und Zukunftsangst,
Borderline... unter welchen er ebenso leidet.
Lange
Zeit war mir das nicht klar, da Menschen, die unter solchen Ängsten
leiden, ja auch ständig ihre Leiden zu verstecken versuchen.
Eine zeitlang dachte ich, dass mein Lebenspartner es gar nicht wirklich
ernst mit mir meinte. Wenn ich versuchte, offen mit ihm darüber
zu reden, wurde er sehr traurig; manchmal auch sehr böse. Er
versicherte mir, dass es ganz anders sei. Das Problem war nur, dass
ich die Liebe, die er für mich zu empfinden schien, so gut
wie kaum zu spüren bekam. Ich nahm mir vor, ihn wieder zu verlassen.
Aber ich stellte fest, dass ich dabei ein Hindernis hatte: ich liebe
ihn.
Es
dauerte eine Zeit, bis ich erkannte, dass seine ängste ernst
zu nehmen waren. Ich sah seine wunden Daumen, sah, mit welcher Akribie
er sich täglich vor den Spiegel stellte und kleinste Falten
suchte und fand. Und mit welcher Lupe - die Lupe seiner schrecklichen
Vorstellungen - er jeden Moment untersuchte. Jede kleinste Niederlage
im Leben, jeden kleinsten Verlust, jede kleinste Emotion vergrößerte
sich durch diese "Lupe seiner schrecklichen Vorstellungen"
Dadurch negativierten sich die Ereignisse oft. Auch für den
anderen - und auch in der Wahrnehmung seines Gegenübers. Und
dann war weder er noch sein Gegenüber mehr in der Lage, die
Situation zu ertragen oder zu lenken.
Er verlangte größtes Verständnis für seine
ängste und Reaktionen, während er für andere so gut
wie kein Verständnis oder Interesse aufbrachte. Ich stand stets
alleine mit meinem Problem da, wußte oft nicht mehr weiter.
Eines
Tages kam mir die Idee, mit ihm eine Reise in die Türkei zu
unternehmen. Ich dachte, dass er unterwegs wie ganz von selbst mit
vielen seiner ängste so konfrontiert würde, dass er gar
nicht umhin könne, als sie wirkungsvoll zu bearbeiten. Das
traf teilweise auch tatsächlich zu. Aber es stellte sich heraus,
dass meine Idee, das mein Freund seine ängste auch bearbeiten
würde, wenn entsprechende Situationen auftauchen, erwies sich
nicht immer als richtig. Es gab einige sehr heikle Situationen,
wo er sich wider jeden Erwartens selbst übertraf, wie zum Beispiel
die Bearbeitung seiner Höhenangst. Aber seine grundsätzliche
Existenzangst und sein Narzissmus waren immer wieder Anlass für
die Unüberwindbarkeit seiner Kontaktängste. Immer wieder
kam ich an die Grenze dessen, was ich glaubte, aushalten oder mitmachen
zu können. Und immer wieder wurde ich gerade dann, wenn ich
am wenigsten damit rechnete - im höchsten Maße positiv
überrascht, so dass ich neue Horizonte sah und Mut zum Weitermachen
bekam.
Ich
gehe in diesem Bericht nicht hauptsächlich auf die Problematik
ein, mit der wir während unserer Reise konfrontiert waren.
Aber es kommt neben ganz normalen, kleineren Uneinigkeiten immer
wieder zu sehr schwierigen Situationen während der Reise, die
für mich manchmal kaum lösbar schienen, oder wo die Reaktion
meines Freundes so positiv überraschte, dass diese Momente
für mich eindeutig zur Reiseerfahrung dazugehören und
ich sie deshalb auch hier nicht ganz weglasse.
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