wichtige Botschaften zu unserer Zeit
FRANZ SUSMAN - KIRCHENHISTORIKER
Und die Erde wird neu erblühen



100 Jahre Enkarpa


 

100 Jahre ENKARPA

Zum hundertjährigen Jubiläum
sagt Dr. med. Reinhold Braun:

"Nicht jeder wird mit dieser Meldung etwas anzufangen wissen. ENKARPA ist der Titel eines Buches von Robert Springer, das 1884 bei Schmorl & von Seefeld in Hannover erschien.

Es gehört zu den großen Klassikern der vegetarischen Literatur und konfrontiert den Leser mit bedeutenden Denkern der Kulturgeschichte, die sich gegen das Fleischessen des Menschen wandten. Ober den Autor des Buches ist nur wenig bekannt. Gleïzès Thalysia wurde von ihm übersetzt. Doch auch längst vergessene Romane sowie Essays über Kunst, Literatur und Philosophie, verstreut in alten Zeitschriften, geben noch Kunde von seinem Wirken. Man muss nur Bücherwurm werden und in stillen, verschlafenen Bibliotheken bohren ...

Es war ein Glücksfall, dass ich vor noch gar nicht langer Zeit an ENKARPA geriet. Wieder einmal saß ich unverhofft fest, fasziniert von diesem Fund. und las ... las ... las. Ich las mich hinein in eine nie vermutete Vorstellungswelt längst vergangener Epochen. Was ich erfuhr, das hatte mir die Schule unterschlagen, das war etwas gänzlich Neues inmitten altbekannter Namen! Ein längst Verblichener - der Autor ist seit 99 Jahren tot, - führte mich, belehrte mich, sprach so klar und überzeugend wie selten ein Lebender zu mir. Sein Herz pochte. Seine Seele verschwendete sich in seinen Worten. Und dort, wo ich immer wieder den Staub der Jahre aus den Blättern blies, begann es zu leuchten: Es war sein suchender, stets wachsamer Geist. Dieser Geist riss mich mit. Er packte mich einfach; denn er war gegenwärtig geworden, war aus der verlorengegangenen Zeit aufgetaucht und entfaltete jetzt in meinem lebendigen Gehirn erschütternde Gedankenverbindungen. Solche Augenblicke gehören zu den kostbarsten in einem Menschenleben.

ENKARPA, was heißt das? Robert Springer erklärt es in seinem Vorwort: "Mit dem Worte ENKARPA (Eine Girlande von Früchten) bezeichnen wir sinnbildlich jene Reformlehre von der Früchte-Diät, jene Kultur-Idee des Pythagoras und Platon, welche sich wie ein duftiges Gewinde über den blutgetränkten Boden der Geschichte hinwegzieht und sich um die Altäre zahlreicher Tempel schwingt. Wir wiesen nach, dass diese Idee in der ganzen Kulturgeschichte als regeneratorischer Leitfaden dienen kann, dass die Philosophen des Altertums ein großes Gewicht darauf legten und dass auch in der Zeit, wo die Philosophie sich dieser Lehre entfremdete, doch die ausgezeichnetsten Geister der Kulturvölker wieder darauf Zurückkommen."

Unmöglich, das ganze Ausmaß dieser historischen Materialsammlung im Einzelnen zu würdigen. Ihr Bogen spannt sich von Japan, China über Indien, Iran, Ägypten bis hin zu den Griechen, Römern, Franzosen, Briten, Amerikanern. Konfuzius kommt zu Wort, Buddha, Zarathustra und Pythagoras. Gnostiker und Kirchenväter sind vertreten, noch fehlen Michel de Montaigne, Shelley und Byron, Wieland, Herder oder George Sand. Das sind nur einige Namen aus der Fülle des Stoffes. Es ist einfach erstaunlich, mit welchem Fleiß, weicher Hartnäckigkeit und Leidenschaft Robert Springer die geschichtliche Spur des Vegetarismus verfolgt und auf 544 Seiten jedermann deutlich gemacht hat. Noch erstaunlicher, aber bezeichnend für den Weg, den dieses Jahrhundert gegangen ist, ist die Tatsache, dass sich Magnus Schwantje noch 1912 bemühen musste, Interessenten für die letzten Exemplare dieses ungewöhnlichen Werkes Zu finden. An eine Neuauflage, die nach hundert Jahren freilich einer Überarbeitung bedürfte, ist überhaupt nicht zu denken. Die Überflussgesellschaft hat andere Interessen.

Doch hier eine Kostprobe aus ENKARPA. Sie stammt aus dem Kapitel über den Neu-Platoniker Porphyrius, der in seiner Schrift über die "Apoche" u. a. folgendes sagt:

Die Pflanzen zu genießen, Feuer und Wasser zu gebrauchen, zu unserm Nutzen und zu unserer Erhaltung die Wolle und die Milch der Herden zu verwenden, die Rinder zu zähmen und anzuschirren - dies hat die Gottheit gestattet; aber Tieren die Kehle abzuschneiden, sich mit ihrem Mord zu besudeln und sie zu kochen, nicht etwa aus Not und um unser Leben zu erhalten, sondern aus Wollust und Genusssucht: Das ist über alle Maßen schlecht und abscheulich.

Es ist schon genug, dass wir sie für uns arbeiten lassen, da sie keine Mühsal nötig hätten. Wollte man meinen, die Tiere wären geschaffen, uns zur Speise zu dienen, so müssten wir eher zugeben, dass wir selber um der reißenden Tiere willen geschaffen wären, etwa um der Krokodile, der Haifische oder Schlangen willen; denn diese Tiere nützen uns gar nichts, sondern wer in ihre Gewalt gerät, den verzehren sie. Damit tun sie nichts Schlimmeres als wir, nur mit dem Unterschiede: Sie tun es aus Not und Hunger, wir aber tun es aus Übermut und Schwelgerei, und die meisten Tiere töten wir nur zum Spiele in Theatern und auf der Jagd. Eben dadurch sind wir so mörderisch, so wild und mitleidslos geworden, und diejenigen, die es zuerst wagten, haben die Humanität am meisten stumpf gemacht. Die Pythagoräer aber erhoben die Sanftmut gegen die Tiere zu einem Hauptmerkmal der Menschenliebe und der Barmherzigkeit ...

Alles was fühlt, hat auch Geist. Wie einfältig ist es, von den Tieren zu behaupten, sie empfänden keine Freude, hätten kein Gemüt, kennten keine Furcht, fassten keine Vorsätze und lebten ohne Erinnerung, sondern die Biene habe nur scheinbar oder "gleichsam" eine Erinnerung, die Schwalbe fasste "gleichsam" einen Vorsatz, der Löwe hätte "gleichsam" Furcht. Dann könnte man doch ebenso gut behaupten, die Tiere sähen und hörten doch eigentlich nicht sondern nur "gleichsam", sie sprächen nur "gleichsam" und sie lebten überhaupt nur "gleichsam" ...

Da uns die Tiere so verwandt sind und, nach Pythagoras, gleiches Seelenleben wie wir haben, so muss derjenige gottlos erscheinen, der ihnen Unrecht zufügt ... Was sollen wir also tun? fragst du, o Mensch. Nachahmen wollen wir das goldene Zeitalter, nachahmen den Freien. Bei ihnen weilten die Göttinnen der Sitte, der Vergeltung und Gerechtigkeit, denn sie begnügten sich mit den Früchten der Erde und - wie Hesiod sagt - Früchte gab ihnen das überreiche Gefilde ohne Neid und freiwillig ... Unter den Geschichtsschreibern Griechenlands ist einer der genauesten und zuverlässigsten der Peripatetiker Dikaearch; dieser sagt bei der Beschreibung des Lebens im alten Griechenland, die Alten seien von Natur gut und gottähnlich gewesen und hätten ein so reines Leben geführt, dass man ihr Zeitalter das Goldene nannte, im Vergleich mit der heutigen falschen und faulen Welt; bei dieser Gelegenheit sagt er auch, dass sie kein Tier schlachteten, sondern, wie Hesiod singt, die Früchte, welche ihnen das überreiche Gefilde gewährte, in Frieden genossen. Dabei preist er auch die Zeit, wo man sich des Fleischessens enthielt, als die glücklichste; es gab keinen Krieg, denn es gab keine Ungerechtigkeit. Der Krieg und die Habsucht, die zur Fehde antrieb, kam gleichzeitig mit dem Unrecht gegen die Tiere ...

Verzweifelt und doch so erhaben klingen am Ende des Kapitels schließlich diese Worte des weisen Porphyrios:
l
0, wenn wir doch jenes mythische Leben führen könnten, ohne Hunger und Durst; so dass man den schwindenden Körper beherrschte und in kurzer Zeit bei den Besten wäre, in deren Gemeinschaft sich erst die Gottheit selber als Gottheit fühlt! Aber wozu hier das Klagen unter Menschen die so völlig verdüstert sind, dass sie ihr eigenes Verderben liebevoll hegen und sich selber und ihren wahren Vater hassen und auch diejenigen, welche sie ermahnen, aus ihrer Trunkenheit zum Bewusstsein zu erwachen!

Wem drängte sich an dieser Stelle nicht das Bewusstseinselend unserer Gegenwart auf? Wer gedächte dabei nicht des Abgrundes, vor dem wir so ratlos stehen? Und wer sähe nicht die Millionen misshandelter Tiere? Ausweglos unterworfen dem kalten Kalkül einer Herrenrasse, einer Herren-Art? Wer hörte nicht ihren Schrei? Den entsetzlichen Schrei aus zerberstender Kehle? Unermesslich wurde die Not der Kreatur! Unermesslich ihre Qual, ihre Pein, ihre Folter! Von Technik verstümmelt wurde die Weit! Dahin siecht das Land, ganze Völker von Bäumen, Pflanzen, Müssen sterben! Zur Senkgrube wird das Meer, zum Pesthauch die Luft unter Mammons Atem! Hatte Rousseau nicht recht? Hatten nicht recht die Maschinenstürmer? - Dieses hundertjährige Buch entfesselt Gedankenlawinen. Es ist heiß wie Feuer für den, der sich in die Vergangenheit fallen lässt, der den verratenen Geist statt des leeren Konsumes sucht, der Humanität nicht mit Schlachthäusern und Schlachtfeldern vereinbaren kann und der den Planeten noch liebt trotz seiner ekelhaften Krankheit, die ihm schon morgen den Tod bringen kann. 100 Jahre ENKARPA! Mahnendes Zeichen vor dem Abgrund. Dahinter die ewige Finsternis."

Von Dr.med. Reinhold Braun ist bei Dianus-Trikont erschienen: "Ahimsa", philosophisch und literarisch sehr, sehr wertvoll!

Die Vertreter der lebensfeindlichen Seite der Geschichte sind die großen Eroberer und Zerstörer der menschlichen Rasse und der Umwelt.

Die Vertreter der lebensfreundlichen Seite sind die freien Philosophen und die Gemeinschaften begabter Menschen, die für die Förderung der sittlichen Kultur gekämpft und gelitten haben. Die westliche, Moral ist ohne diese Denker unverständlich. Sinn, Zweck und Inhalt ihrer hohen Philosophie war einheitlich: Die Tische und Altäre der Völker sollten vom Blut gereinigt werden, und die Menschen sollten wieder zur natürlichen Ernährung zurückkehren, sich aus den Früchten der Erde ihre Kraft holen und sich mit den unzähligen Früchten begnügen.

Sie wollten dem Menschen beibringen, dass er nur unter einer Voraussetzung auf sittliche Überlegenheit Anspruch erheben kann: wenn er als Ordner und Friedensstifter auftritt. Nur dann, so sagten sie, könne er die höchste Stufe unter den bekannten Lebewesen erklimmen.

Diese Auffassung wird in der Geschichte Pythagoreische Schule oder Pythagoräische Lehre genannt. Denn die westliche Welt erfuhr durch die Pythagoräische Schule und nachfolgend durch den Platonismus von der antikreophagischen (kreophagisch = fleischessend) Philosophie und von der geistigen, anti-materiellen Lebensweise.

Der größte Philosoph des ersten Jahrhunderts, Apollonius von Tyana beweist, dass Pythagoras dem Westen die Offenbarung der Wahrheit gebracht hat, dass er den Gottesdienst, den neuen Bund mit dem Schöpfer, nach den eleusinischen Praktiken eingeführt und die blutigen Opfer abgeschafft hat.

Die Auswirkungen dieser Philosophie wurden durch die Theologie und die Pseudophilosophie vom 6. bis zum 16.Jahrhundert unterbrochen.
Man beschäftigte sich mit scholastischen Spitzfindigkeiten und verfälschte den hellenischen Synkretismus. Die katholische Kirche wurde organisiert, die aus dem Kompromiss mit Kaiser Konstantin (Ergänzung von Regina F. Rau: und dem Konzil von Nicäa) und der weltlichen Macht entstand. Die ursprüngliche Lehre der Essener und der ersten Christen ging in sehr wesentlichen Punkten verloren.

Ergänzung von Regina F. Rau:

Hierzu Ronald Zürrer in seinem Werk
"die umfassende Wissenschaft der Seelenwanderung"

KAPITEL 6: REINKARNATION IM CHRISTENTUM - DIE BESEITIGUNG DES WISSENS UM DIE REINKARNATION

Die Synode zu Konstantinopel (543)

Auf Drängen des byzantinischen Kaisers Justinian I. (527–565) wurde im Jahre 543 in Konstantinopel eine Synode der Ostkirche einberufen, die das erklärte Ziel hatte, die theologischen Differenzen um die Lehren des Origenes (der 300 Jahre zuvor gelebt hatte!) ein für allemal zu beenden.

Diese Lehren wurden, ohne Rücksicht auf die Haltung des damaligen römischen Papstes Vigilius, durch die Synode mit neun Anathemata (Bannflüchen) belegt, wobei der für die Frage der Seelenpräexistenz und der Reinkarnation entscheidende erste Bannfluch lautet:

Wenn einer sagt oder meint, die Seelen der Menschen seien präexistent gewesen, insofern sie früher Geistwesen und heilige Mächte gewesen seien, es habe sie aber Überdruß ergriffen an der Schau Gottes und sie hätten sich zum Schlechten gewendet, darum sei die göttliche Liebe in ihnen erkaltet ... und seien zur Strafe in Körper hinabgeschickt worden – der sei anathema (verflucht).

Außerdem wurden (im neunten Bannfluch) auch all diejenigen verflucht, die nicht glauben würden, daß es eine ewige Bestrafung der Dämonen und gottlosen Menschen gebe. All diese Verfluchungen geschahen auf die äußerst persönlich motivierte Anweisung von Kaiser Justinian (und dessen intriganter Gemahlin Theodora), der sich selbst als Oberherrn der Kirche verstand. Über diesen zwielichtigen Kaiser schreibt der Historiker Georg Ostrogorsky in seiner „Geschichte des byzantinischen Staates“ (in: „Handbuch der Altertumswissenschaft“, 1963):

Auch als Christ blieb Justinian Römer, und die Idee einer Autonomie der religiösen Sphäre war ihm völlig fremd. Päpste und Patriarchen behandelte er als seine Diener. In derselben Weise, wie er das Staatswesen leitete, dirigierte er auch das Kirchenleben, in jede Einzelheit der Kirchenverfassung persönlich eingreifend. (S.65)

Noch deutlicher drücken es B. Altaner und A. Stuiber in „Patrologie – Leben, Schriften und Lehre der Kirchenväter“ (1966) aus:

Mit terroristischer Politisierung der Theologie versuchte Justinian, die geistigen Anreger der Vergangenheit und Gegenwart zu verketzern, hatte aber auch den Ehrgeiz, selbst als theologischer Schriftsteller zu glänzen. (S. 513)

Und Hermann Bauer schreibt in „Der Einfluß Ostroms“ (1982):

Um so leichter hatte es Kaiser Justinian, da in Rom Papst Vigilius residierte, der wegen der Ostgotengefahr auf militärische Hilfe des Kaisers angewiesen war und darüber hinaus eine Marionette der Kaisergemahlin Theodora war, der er das Papstamt (537) letztlich verdankte.

Die Persönlichkeit des Kaisers, die allgemeine Kriegssituation im oströmischen Reich und dazu die drohende Gefahr, in Palästina durch origenistisch gesinnte Mönchsgruppen noch einer zusätzlichen innenpolitisch-religiösen Kriegsfront gegenüberzustehen, diese Gründe gaben das politische Motiv zur Beseitigung des Wissens um die Reinkarnation.

Ein weiteres Motiv gab Justinians ehrgeizige und herrschsüchtige Frau Theodora. Sie war (nach Procopius) die Tochter eines Bärenwärters im Amphitheater von Byzanz gewesen. Ihren kometenhaften Aufstieg zur Herrscherin des Reiches begann sie als Kurtisane. Um mit ihrer schändlichen Vergangenheit ganz zu brechen, ließ sie später als sittenstrenge Kaiserin 500 ihrer ehemaligen Berufsgenossinnen mißhandeln und martern.

Da sie nach den Gesetzen des Karma (die Origenes in seinen Schriften „De principiis“ und „Contra Celsum“ unmißverständlich bejaht hatte) in einem späteren Leben für diese Greueltaten hätte büßen müssen, wirkte sie nun beim Kaiser darauf hin, die Wiedergeburtslehre einfach abzuschaffen. Von der Wirksamkeit dieser Aufhebung durch einen „göttlichen Beschluß“ muß sie ganz und gar überzeugt gewesen sein.

Aus welchen fragwürdigen Motiven auch immer – Tatsache ist, daß an der Synode der Ostkirche im Jahre 543 Origenes’ Lehren verdammt wurden. Die Bannflüche wurden daraufhin unter dem unnachgiebigen Druck Kaiser Justinians von sämtlichen Patriarchen unterzeichnet, einschließlich Papst Vigilius’, der 544 eigens zu diesem Zwecke fast gewaltsam nach Konstantinopel gebracht wurde.

Mit ihrer Unterzeichnung reihte die Kirche den bedeutendsten und herausragendsten Theologen des frühen Christentums, Origenes, aus rein weltlichen Gründen unter die ketzerischen Irrlehrer. Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß in der Folge in den kirchlichen Dokumenten aufs neue alles entfernt oder verändert wurde, was gegen diese dogmatischen Lehrsätze sprach. Die heutige Geschichtsforschung muß sich also auf Stellen stützen, die offenbar übersehen wurden.

Der Reinkarnationsglaube ist nicht unchristlich!

Der dubiose Bannfluch Kaiser Justinians 300 Jahre nach Origenes’ Tod ist von der Kirche bis heute offiziell nicht revidiert worden. Im Gegenteil: Die Überzeugung, der Fluch sei ein Teil der gültigen Konzilsbeschlüsse, setzte sich trotz aller Ungereimtheiten im Laufe der Jahrhunderte allmählich im Denken der Kirche fest. Dennoch bleibt es eine Tatsache, daß das vermeintliche Verbot der Reinkarnationslehre, wenn wir es genauer betrachten, nichts weiter ist als ein Geschichtsirrtum ohne jede ökumenische Gültigkeit.

Oder anders gesagt: Es ist den Christen nicht offiziell verboten, an Reinkarnation zu glauben! – Die Reinkarnationslehre ist dem Christentum durchaus nicht fremd, wohl aber dem Kirchentum...

Denn später wurde die Reinkarnationslehre von der Kirche im Konzil zu Lyon (1274) und im Konzil zu Florenz (1439) erneut aufs schärfste verurteilt. Daraufhin wurden die Anhänger dieser Lehre unerbittlich verfolgt und oft sogar hingerichtet. Das in diesem Zusammenhang wohl berühmteste Beispiel ist der bereits in Kapitel 5 erwähnte italienische Gelehrte und ehemalige Dominikanermönch Giordano Bruno (1548–1600).

Für sein philosophisches Bekenntnis zur Lehre der Seelenwanderung brachte man ihn im Jahre 1592 vor das christliche Inquisitionsgericht, das ihn nach langer Gefangenschaft schließlich zum Feuertod verurteilte. Am 17. Februar 1600 wurde er auf dem Campo dei Fiori in Rom öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Als Gründe für diese Praxis wurden angegeben, daß der Reinkarnationsgedanke im Widerspruch zu verschiedenen christlichen Dogmen der Eschatologie (Lehre von den letzten Dingen) stünde, so zum Beispiel zum Dogma der Auferstehung des Leibes oder zur Grundlehre, daß sich in diesem einen Leben das Heil oder Unheil des Menschen entscheide und daß die Seele unmittelbar nach diesem einen Erdenleben in den ewigen Himmel oder in die ewige Hölle gehe. Außerdem beinhalte sie von der Kirche verurteilte Meinungen wie die der anima separata (vom Leib unabhängige Seele) oder der Präexistenz der Seele.

 

Das große Wissen der Hellenen und der alten Weisen über die Zusammenhänge von Natur, Mensch und Kosmos wurde ignoriert. Dahin war die Kenntnis über die Stufenleiter, auf der sich die Wesen und besonders der Mensch entwickeln. Die zentrale Stellung der Bäume, besonders der Fruchtbäume, und der Wälder wurde systematisch ausgerottet. Die natürlich religiöse Beziehung des Menschen zur Natur wurde unterdrückt und stattdessen wurden steinerne Gotteshäuser errichtet, in denen dem Menschen befohlen wurde, Gott anzubeten.

Der christliche Mensch maßte sich an, das Zentrum und der Sinn des Universums zu sein. Außer ihm gab es nur Gott. Nach der Renaissance erfolgte langsam wieder eine Rückbesinnung auf das Ganze. Nachdem Jahrhunderte lang Ethik und echte Religiosität durch Gemeinplätze und Vorurteile verdunkelt worden waren, traute man sich wieder, von Plutarch und Porphyrios zu sprechen, obwohl sich die Menschheit jenem Naturgesetz und jener Philosophie unter der theologischen Herrschaft völlig entfremdet hatte. Erst als sich die neuzeitlichen Philosophen von der Kirche trennten, konnte man langsam wieder das logische Denken entwickeln. Voltaire schreibt: "Man muss bis auf den gottesfürchtigen Porphyrios und auf die warmherzigen Pythagoräer zurückgehen, um jemanden zu finden, der uns wegen unserer blutigen Gefräßigkeit beschämt. Unter uns findet man keinen Morallehrer, keinen unter unseren geschwätzigen Predigern, der einen Einwand erheben würde gegen diese schändliche, uns zur Natur gewordenen Gewohnheit. Weder unter den Mönchen noch beim Konzil in Trient, weder auf unseren geistlichen Synoden noch auf unseren Akademien ist es einem in den Sinn gekommen, diese universale Schlächterei ein Übel zu nennen."

In seinem Philosophischen Wörterbuch erwähnt Voltaire, dass zu seiner Zeit die beste Gemeinschaft der Welt in Ephrata, Pennsylvania in den USA, existierte, weil diese Menschen dort zusammen mit ihrem Gründer, Konrad Beißel, die blutige Nahrung überwunden hätten. Um aber so leben zu können, darum musste eben diese Gruppe edler Deutscher aus dem christlichen Europa in das freiheitlichere Amerika auswandern.

Die Gleichgültigkeit gegenüber einem so wichtigen Thema, wie es Voltaire anschneidet, erklärt sich aus der Macht der Gewohnheit, aus den überlieferten Vorurteilen, aus der anerzogenen Lebensweise und aus der Unfähigkeit, logisch zu denken als Folge der herkömmlichen, verderbten Ernährungsweise. Sehr treffend äußert sich der englische Schriftsteller und Verleger, George Nicholson (1760 - 1825), in seinem Buch über die "Ursprüngliche Diät": "Schwer sind die tief verwurzelten Vorurteile durch Vernunft zu widerlegen. Sie stützen sich auf gangbare Meinungen und werden allgemein gebilligt." Sinngemäß fährt er fort: "Große Denker sind sich der moralischen Erstarrung unserer Welt bewusst"; sie wissen aber auch, dass ihre Bemühungen verfrüht sind. Das ist die Größe der Denker: sich zu mühen im Wissen, dass alles noch umsonst ist. "Auf diese Weise wandelt denn das Menschengeschlecht durch seine dunkle Komödie, ohne zu ahnen, dass es selber die Finsternis verschuldete. Unter allem Geschwätz und Geschreibe über Sozial- und Moralwissenschaft übersah man den aus der alten Welt überkommenen und noch bestehenden Barbarismus, auf den ein erleuchteteres Geschlecht einst mit Erstaunen und Abscheu zurückblicken wird." (Robert Springer, Seite III) Noch beschäftigen sich heutzutage die materialistischen Forscher auf dem Gebiet der Philosophie nur mit sinnlosen Spekulationen und Doktrinen. Die Übersetzer der griechischen und lateinischen Schriftsteller haben Plutarchs "Ethik" und "Apoché Enthaltsamkeit" von Porphyrios praktisch nicht beachtet. Die neuen Interpreten und Lobredner der Kirchenväter sind blind für ihre Diätlehren. Die Reformideen der Neuplatoniker werden einer "irregeleiteten Askese" zugeschrieben.
Über Plutarch's Schrift "De Esu carnium", die erst 1797 in deutsch erschien, meinte Prof. Kaltwasser, sie sei eine bloße "Übungsdeklamation". Er konnte sich nicht vorstellen, dass Plutarch so lebte, wie er schrieb.

In den ersten größeren philosophischen und kulturhistorischen Schriften von Eduard Erdmann, Ludwig Noack, Eduard Zeller, spricht man viel über die abstrakten Prinzipien der Stoiker, über die Immaterialität der Gottheit, über die Einheit und die Zweiheit, über die Zahlenverhältnisse des Pythagoras, über die Progression der Vielheit, über Platons Weltseele, über die Theurgie des Jamblichus und über die Begriffe der Enneaden bei Plotin. Aber diese Forscher merken nicht, dass das alles in einem wesentlichen Zusammenhang mit dem Urgesetz der natürlichen Ernährung steht. Die Philosophen erstrebten die Wiedergeburt der Menschheit durch die Rückkehr zur naturgemäßen Diät.

Autoren wie Röth meinen, die alten Philosophen wollten durch die blutlose Kost die Gottheit verehren. Sie übersehen dabei, dass es sich hier um eine Läuterung für das hiesige und für das nach-irdische Leben handelte. Apollonius von Tyana hat genau die Reinigungsriten und Reinigungsmittel beschrieben.

Begreiflich ist es, dass alle diese Forscher jene Idee, die nicht in den Rahmen ihrer Fachgelehrsamkeit passte, in ihrer wissenschaftlichen Erörterung genauso wenig beachteten wie bei Tisch. Die Sache der unblutigen Nahrung erklärten sie zur Absonderlichkeit der Philosophen. Vierzig Jahre lang hat der Franzose Jean Antoine Gleïzès als erster die Philosophen unter dem hier angesprochenen Gesichtspunkt studiert. Sein monumentales Werk "Thalysia" (Fruchtopfer), erschien im Jahre 1840, auf deutsch 1872. Richard Wagner wurde von ihm entscheidend inspiriert. "Enkarpa" (eine Girlande von Früchten) nennt Robert Springer jene Kulturidee der Früchte-Diät von Pythagoras bis Platon, "die sich wie ein duftiges Gewinde über den blutgetränkten Boden der Geschichte hinwegzieht und sich um die Altäre zahlreicher Tempel schlingt."

Diese Idee kann die ganze Kulturgeschichte neu beleuchten. Sie kann als Leitfaden der Erneuerung der Menschheit dienen.
"Die Apoche" (Enthaltsamkeit vom Blutigen) von Porphyrius beweist, dass es bei den Nichtchristen Philosophen der erhabensten Redlichkeit gab." (Voltaire)

Herder schreibt: "Unsägliche Wirkungen hat die stoische Philosophie, der Epikureismus, der Platonismus und der Pythagorismus hervorgebracht und wird sie hervorbringen, wenn auch unter neuen Namen, mit anderen Modifikationen und Formen. Je reiner die Gedanken der Menschen sind, desto mehr stimmen sie zusammen; die wahre unsichtbare Kirche durch alle Zeiten, durch alle Länder ist nur eine." (Briefe zur Beförderung der Humanität I.1)