wichtige Botschaften zu unserer Zeit
FRANZ SUSMAN - KIRCHENHISTORIKER
Und die Erde wird neu erblühen



Henry D. Thoreau
Vorläufer des neuen Lebens


 

Henry D. Thoreau
Vorläufer des neuen Lebens

Vier Amerikaner bereiteten im vorigen Jahrhundert den Weg ins Goldene Zeitalter vor: Emerson, Thoreau, Mulford und Trine. Sie alle waren kerngesunde, bewegliche, ehrliche und originelle Amerikaner. Emerson lehrt, dass das Wesen des Lebens Geist ist und dass es in der Materie, in den Pflanzen, in den Tieren, in den Menschen und in höheren Wesen webt. Dieses Leben können wir erfahren und begreifen und immer tiefer in sein Wesen eindringen, wenn wir uns darauf einlassen.

Ralph Waldo Trine (1866,--1958)
wurde durch seine Schrift "Harmonie mit dem Unendlichen" bekannt. Prentice Mulford (1834-91) ist "Ein Mann, der es wagte". So heißt eine Biographie über ihn von K.O. Schmidt. Mulford wurde bekannt durch seine Schrift "Unfug des Lebens und des Sterbens", der dritte Teil des Buches heißt immerhin "Das Ende des Unfugs". So wurde Mulford einer der überzeugendsten Vertreter der Idee der Unsterblichkeit.

Der Engländer Henry E. Salt (1851 - 1939) gehört zu den konsequentesten Nachfolgern der oben genannten Amerikaner. Im Jahre 1892 erschien sein Buch "Das Recht der Tiere" in englischer Sprache, die deutsche Ausgebe erschien 1907, herausgegeben von der Gesellschaft zur Förderung des Tierschutzes und verwandter Bestrebungen", mit dem Sitz in Berlin, in dem Kommissionsverlag des Geschäftsleiters dieser Gesellschaft, Magnus Schwentje. (soll das bleiben oder gestrichen werden?) Salt wurde durch die Pionierarbeit von Thoreau stark inspiriert und gründete in London die berühmte "Humanitarian League", der er all seine Kraft und seinen Einsatz widmete.
Er beschrieb das Leben von James Thomson und Shelley. Und Shelley hat sich genauso wie Milton und Byron mit der Entwicklungsgeschichte der Menschheit beschäftigt und diese unter den Dichtern am besten erfasst. Daher war es Salt auch möglich, eine Anweisung für die neue Gesellschaft zu erdichten, die jetzt aus den Geburtswehen erstehen muss: "Folgerichtigkeit der harmonischen Lebensweise" nannte er sie. Ganz besonders wichtig aber sind Salt's Abhandlungen über George Bernard Shaw (1856-1950) und den großen Henry David Thoreau (12.7.1817 - 6.5.1862) Von allen Autoren, die über Shaw und Thoreau geschrieben haben, hat Salt sie wahrscheinlich als einziger in ihrer Bedeutung für die heutige Zeit erfasst.
Diese Tatsache ist auf dem europäischen Kontinent noch unbekannt.

"Das Leben von Henry David Thoreau" sowie die Biographie über Shaw sollten so bald wie möglich in verschiedenen Sprechen neu erscheinen.

Man mag über lebende Meister diskutieren und verschiedener Meinung sein, über diejenigen, die vor uns lebten, sollten wir uns einig sein.

So wie Richard Wagner, Leo Tolstoi, Albert Schweitzer und Mahatma Gandhi gültige Lehrer der Menschheit sind, genauso gehören Shaw und Thoreau und auch ihr Biograph Salt in diese Kategorie.

Thoreau's Lehrer war der um vierzehn Jahre ältere Philosoph Ralph Waldo Emerson (.1803 - 1882). Von ihm lernte Thoreau das meiste. In den Wäldern von Concord, Massachusetts, lernte Thoreau das Leben zu achten. Mit eigenen Händen baute er sich ein Haus, in dem er wie ein Yogi Erkenntnisse und Fähigkeiten entwickelte. Mit Freude nabelt er sich vom Konsum- und Erwerbszwang ab. Am Ende seines Pionierlebens erschien auch seine Philosophie "Walden or the Life in the Woods", das zur anerkannten Weltliteratur gehört. Thoreau hat das erreicht, wovon mancher zivilisationsmüde und überfütterte Mensch der postkapitalistischen Gesellschaft träumt: das Leben aus dem Geist, ein wesentliches Leben, die Entwicklung des eigenen Ichs und nicht irgendwelcher toter Apparate.

Wie die Indianer lernte er, die Stille zu hören, mit dem Wind zu sprechen, die Luft der natürlichen Natur zu riechen. Er brauchte keine mechanische Uhr, um zu wissen wie früh oder wie spät es war. Die Stimme der Natur war ihm die Stimme des Großen Geistes. Zu allen Jahres- sowie den Tag- und Nachtzeiten reifte er in der Stille hinein in die Einheit mit dem Kosmos.
"Wie können wir eine Gedankenernte erwarten, wenn wir keine Saatzeit des Charakters gehabt haben?" - schreibt er.
Solange unser Besitz uns besitzt,
sind wir seine Sklaven und keine freien Menschen. "Sollen wir uns denn immer nur bemühen, ein Mehr an irdischem Besitz zu erlangen und uns nicht manchmal mit weniger begnügen? Ein Mensch ist um so reicher, je mehr Dinge zu entbehren er sich leisten kann." Viele haben das gepredigt, wer aber hat das mit Freude gelebt?
Den oben genannten Pionieren ist es gemeinsam, dass sie kein Blut zu vergießen brauchten, um glücklich und gesund zu sein.
Wer aber weiß heute, dass eben dies die erste Stufe zur Selbstverwirklichung ist? Wir brauchen niemandem Leid zuzufügen, um glücklich zu sein. Thoreau hat bald herausgefunden, dass einmal pro Tag zu essen, besser ist als dreimal.
Für 28 Dollar baute er sich mit Hilfe einiger Freunde ein Haus. Unter diesen Freunden ist auch der bekannte Pädagoge Bronson Alcott, der Mitbegründer von Fruitlands in Massachusetts (1843).

"Gegen Ende März 1845 lieh ich mir eine Axt und wanderte hinab in die Wälder um den Waldsee. Es ist schwierig, ganz ohne Leihen anzufangen; aber vielleicht ist es die zuvorkommendste Weise, den Mitmenschen ein Recht auf Interesse an dem eigenen Unternehmen zu geben. Der Eigentümer der Axt sagte mir, sie sei sein Augapfel, als er sie aus der Hand ließ. Ich gab sie ihm schärfer zurück, als ich sie bekommen hatte."
"Ich Kochte frühmorgens auf der Erde. Das finde ich in mancher Hinsicht angenehmer, als die übliche Art des Kochens. War schlechtes Wetter, ehe mein Brot durchgebacken war, so befestigte ich ein paar Bretter über dem Feuer, saß darunter, gab auf mein Brot acht und verbrachte so manche schöne Stunde."

Wohlgemerkt hat Thoreau noch nicht alle wichtigen Zusammenhänge des Lebens durchschaut. Henry Salt kam da weiter. Man sollte die Werke von ihm lesen.
Salt hat sehr herausgehoben, wie Thoreau lernte, die Mitgeschöpfe für das zu halten, was sie sind. Die Tiere, so sagt Salt, werden gewohnheitsmäßig als dumme Werkzeuge des menschlichen Willens und Vergnügens behandelt, anstatt sie als hochbegabte und feinfühlige Wesen zu achten, die sie doch sind.
Wörtlich sagt Salt: "Wohl durfte Thoreau der menschlichste und am genauesten beobachtende Naturforscher, sich darüber beklagen, dass der Mensch das Pferd nicht erziehe und nicht versuche, seine Natur zu entwickeln, sondern bloß Arbeit aus ihm heraushole; denn das ist heutzutage in 99 Fällen von 100 die übliche Behandlung, auch wo keine schlechte Behandlung vorliegt. Es muss doch gesagt werden, dass, was sich dem Auge des menschlich gesinnten und nachdenkenden Beobachters darbietet, eine Schande für unsere gepriesene Gesittung ist."

Thoreau sagt selbst: "Ich meine, das wichtigste Erfordernis zur Beschreibung eines Tieres ist, seinen Geist, sein Wesen zu erfassen, denn darin hat man ohne Irrtum die Summe und Wirkung aller seiner bekannten und unbekannten Teile. Der wichtigste Teil eines animal ist seine anima, sein Lebensgeist, auf dem sein Charakter und alle die Eigenheiten, die uns an ihm am meisten fesseln, beruhen. Dennoch lassen fast alle wissenschaftlichen Bücher, weiche von Tieren handeln, dies aus, und was sie beschreiben, sind gleichsam Erscheinungen toten Stoffes."

So wie Thoreau von Emerson gelernt hat, so hat er auch auf Gandhi einen wesentlichen Einfluss ausgeübt und damit die Weltgeschichte in die richtige Richtung gelenkt, denn die Zeit Gandhi's liegt vor uns, nicht hinter uns. Der Geist dieses Mannes und aller Männer gleichen Ranges ist voll am Werk.
Gandhi wurde bei einem Empfang der High Society öffentlich gerügt, weil er keine Tiere auf seinen Teller nahm. Diese Zeit ist vorbei. Hören wir, was Thoreau dazu sagt in seinem Werk "Walden". Wir werden später verstehen, wie wichtig es ist, dass wir das Heiligste der Großen nicht bagatellisieren.

Henry D. Thoreau (1817 - 1862) - Freund Emersons:
Es gibt eine gewisse Klasse von Ungläubigen, die mir manchmal derlei Fragen stellen wie die folgende: ob ich glaube, dass ich von Pflanzenkost allein leben könne? Um die Sache gleich bei der Wurzel anzupacken, antworte ich gewöhnlich, dass ich von Bretternägeln leben könne. Verstehen sie das nicht, dann verstehen sie vieles nicht, was ich zu sagen habe. Ich für mein Teil freue mich, wenn ich höre, dass derartige Versuche gemacht werden. Als junger Mensch probierte ich einmal vierzehn Tage lang von hartem, rohen Korn aus der Ähre weg zu leben, indem meine Zähne den Mühlstein machten. Das Geschlecht der Eichhörnchen machte die gleiche Probe mit Erfolg. Das Menschengeschlecht hat ein Interesse an derartigen Experimenten, wenn auch ein paar alte Weiber, die unfähig dazu sind, und zugestehen müssen, dass sie im Besitz von Mühlenaktien sind, dadurch beunruhigt werden. Ich zweifle nicht, dass es ein Teil des Geschickes des Menschengeschlechtes ist, dass es bei seiner allmählichen Vervollkommnung aufhören wird, Tiere zu verzehren, so sicher, wie die wilden Stämme aufgehört haben, einander zu fressen, als sie mit Gesitteten in Berührung kamen. (Walden, Concord Verlag, München, Seite 66).

Der Widerwille gegen animalische Nahrung ist nicht das Resultat der Erfahrung, sondern ein Instinkt. Es liegt etwas gründlich Unreinliches in dieser Diät und aller Fleischnahrung.

Im Lexikon 2000 lesen wir: "Thoreaus Unabhängigkeit erlaubte ihm mutige Stellungnahmen zur Sklavenbefreiung und zur Pflicht des Bürgers zu politischem Ungehorsam. Erst Jahrzehnte nach seinem Tod fanden seine beiden Bücher einen größeren Leserkreis. "Walden, or Life in the Woods" (1854; 'Walden oder Leben in den Wäldern', 1897) wurde als bedeutendes Werk des amerikanischen Transzendentalismus gleichermaßen von Tolstoi, Yeats und Gandhi geschätzt". Ja, diese wurden geschätzt - besonders bis zum zweiten Weltkrieg. Seit diesem herrschte der gröbste Vernichtungs-Materialismus: nun beginnt besonders die Jugend sich wieder von wahren großen Amerikanern inspirieren zu lassen. Der Geist des Materialismus hat die Welt zerstört, der Geist der wahren Menschlichkeit wird sie wieder aufbauen. Das kann aber nur so gehen, dass wir bei den Großen jene Züge schätzen, die ihnen selbst heilig wahren.

B.F. Skinner hat geschrieben: "Futurum zwei - Walden Two. Die Vision einer aggressionsfreien Gesell-schaft", Reinbek 1972. Nach diesem Werk entstanden die "Walden Two" und "Walden Three" Kommunen in USA. In wiefern diese Kommunen erfolglos blieben, ist der Tatsache zuzuschreiben, dass man meint, irgendein Modell aufbauen zu können, ohne dass man die ganze Mitschöpfung so einbezieht, wie sie ge-meint ist. Thoreau und Wagner, Tolstoi und Gandhi hätten einiges zu sagen bei den Modellen, die nicht auf das Wesentliche ihrer Botschaft eingehen wollen. "Vivere parvo" beginnt bei Ahimsa, bei der Abstinenz, anderen Lebewesen Leid zuzufügen.

Was ist die Botschaft Thoreaus? Die alte konsum- und profitorientierte Gesellschaft liegt in der Agonie. Man kann sich bei der eingemummten Raupe an den entstehenden Schmetterling halten oder an die Schale. Das alte wird vergehen, weil es ausgedient hat. Das Ziel ist erreicht: das Kind ist reif für die Abnabelung. Die Plazenta gehört nicht in die Mülltonne, sondern in den Garten. Auf ihr soll der Baum des neuen Kindes gepflanzt werden. So würde alles normal verlaufen. Wenn die Wehen einsetzen, spricht man nicht von der nahenden Katastrophe - man bereitet sich auf den feierlichen Empfang des neuen Bruders oder der Schwester vor.

Viele schmerzliche Durchgänge hat die Menschheit erlebt. Das Studium jener Vorkommnisse ist die wichtigste Aufgabe der Menschheit. Wir müssen solches Studium den fähigen und gutwilligen sofort ermöglichen.

Warum haben sich aus der Sintflut in der letzten Eiszeit offensichtlich nur wenige gerettet7 Die meisten wollten auf die Wissenden nicht hören. Sie glaubten nicht, dass ihre Taten sie in das Chaos ziehen würden.

In einem Buch des Hrabanus Maurus aus Mainz (784 -856) heißt es: "Bedenke aber dies: es gibt , wie viele Bücher du auch lesest, in jeder Schrift roch eine Schrift darunter - die musst du lesen lernen. Ein Jahrhundert schreibt - aber immer ein anderes liest.

Alle wahren Bücher sind Eichensaat:

wer Eichen sät,
der geht nicht unter ihrem Schatten.

Der du den lichten Schatten so liebst, säe die Eichen denen, die kommen. Und danke denen, die vor Jahrhunderten für dich die Eichen pflanzten."

Bücher, die wir heute brauchen, wurden vor hundert Jahren geschrieben.