Papillion 2
Märchen-Schmetterling
Nach
über 30 Jahren bekam ich durch einen Auftrag
die Chance, Papillion 1, das verlorengegangene Bild
noch einmal zu malen. Die Freude, die ich dabei
empfand war unbeschreiblich. Die Märchenwelten,
die ich besuchen durfte, während sich Farben
und Ornamente ineinander verwoben, waren atemberaubend
schön...
Als
ich mit der Tusche begann, fielen zwei große
Tropfen Tusche auf das Bild. Ich ahnte, dass es
nicht zu radieren wäre. Die Flecken waren direkt
ins Muster gefallen. Aber ich liess mich nicht beirren.
Das Bild und die Wanderungen, die herrlichen Momente
des Friedens, der Ruhe und der Freude begleiteten
mich viele Stunden lang (60).
Das
Tintenfass fiel um, als das Bild fast fertig war.
Das ganze Bild war übersäht mit hübschen
schwarzen Flecken mit sogenannten Fliegenbeinen.
Aber
ich hatte seit Wochen geübt: meinen aus alter
Zeit neuentdeckten Leitsatz: "Wenn du oben
auf der Welle sitzt, mußt du wissen, dass
du gleich auch wieder unten auf der Welle sitzen
wirst. Wenn du den höchsten Berg erklommen
hast, mußt du ihn auch wieder herunter gehen."
Fast
ohne emotionale Regung stand ich auf, nahm meine
Jacke vom Haken, zog mir die Schuhe an und fuhr
mit dem Rad ins Grüne. Als ich eine Runde gedreht
hatte, steuerte mein Fahrrad auf den Marktplatz
zu, wo es ein Schreibwarengeschäft gibt. Dort
kaufte ich ein Dutzend Spezial-Tusche-Radierer ein.
Ich fuhr sofort nach Hause und radierte. Es gab
Schlieren, Fahrer. Ich radierte weiter. Immer wieder
wiederholte ich mir selbst, dass alles in Ordnung
sei... ich betete darum, dass mir eine Eingebung
geschickt würde.
Das
Radieren machte die Flecken nur leicht milder. Das
Papier rauhte sich allmählich auf. Aber ich
konnte es mit dem Fingernagel glätten. Als
sich mit dem Radierer nichts mehr machen liess,
trug ich hauchfein Deckweiss auf - eine weitere
Schicht, eine Dritte. Ich lehnte mich zurück
und betrachtete das Bild, das jetzt erst richtig
vermasselt aussah. Denn die weißen Flecken
auf dem matt glänzenden Papier wirkten jetzt
batzig wie durch eine Lupe verstärkt.
Plötzlich
sah ich Blüten auf das Bild fallen... weiche,
sanfte Blüten...
Ich
malte sie mit dem Bleistift genau dorthin, wo ich
sie sah. Als der Auftraggeber das Bild abholte,
war er begeistert. Und ich hatte ein weiteres Mal
die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt, Ruhe
zu bewahren und sich führen zu lassen...
Maße:
H 65 x B 90
Mischtechnik:
Chinatusche - Aquarell
auf Künstler-Aquarellpapier
Preus; verkauft
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