Abenteuerreise
2004
per
Anhalter
von
Deutschland in die Türkei -
Seite 6
Fortsetzung:
Montag, 17. Mai 2004
Sechster
Tag
Rumänische
Grenze - Karpaten - Bucarest
Dann
geht es weiter in die Südkarpaten. Wir fahren durch Dörfer,
die an Geisterstädte erinnern. Die Station des Ortes "Poiana
Brasov" (32 km nach Sibiou) wirkt unheimlich menschenleer.
Es wimmelt von hochmodernen Motels, Hotels und Hochbahnen. Die Skihochburg
scheint wie ausgestorben. Aber der Bahnhof ist supermodern. Die
Märkte, die Bahnhofe, die Straßen - alles ist wie tot!
Sie Siedlungen mit ihren üppigen Villen wirken perfekt - aber
alles scheint unbewohnt. Dazwischen türmen sich überall
Schlösser wie aus Pappe oder Metall, deren Fassaden rostig
und vom Wetter in Fetzen gerissen im Wind klappern. Der Anblick
gibt allein schon bei der Durchfahrt ein schreckliches Gefühl
der Einsamkeit, Verwahrlosung und Zerstörung der herrlichen
Natur. Wir fühlen uns an eine Geisterstadt Draculas erinnert.
Wir
bekommen das Gefühl, dass die alte Legende doch wahr ist. Vielleicht
hat sie heute nur ein anderes Gesicht:
Massen von Menschen kommen hierher, vom Schein des Trugs angelockt.
In belebten Zeiten werden sie vom Glamour betört und betäubt.
Die Menschen hier lassen sich hinreißen, sie werden von der
Idee einer perfekten Welt "besessen", wollen andere auch
dafür be"geistern". Dann werden sie so wie jene,
die sie vorher in den Bann zogen und ziehen selbst wieder Menschen
in den Bann, um sie dort zu behalten, um sie dann finanziell wie
Zitronen auszuquetschen. Und alles passiert leise und unmerklich.
Und nur wer außerhalb der Saison hierher kommt, sieht die
im Zerfall begriffenen Fassaden, sieht die "leeren Larven",
spürt den Tod, den Sog der die Lebenskraft entzieht, der kein
Lebensgefühl spendet, keinen Funken Hoffnung lässt...
Endlich
haben wir diese guselige Stätte hinter uns und fühlen
uns erleichtert beim Anblick auf die weiten Ebenen.
Nach
dem bisher Gesehenen bangen wir schon vor Bukarest. Was wird uns
dort wohl erwarten? Es ist 22.20 Uhr. Noch bevor der Zug in Bukarest
anhält, steht vor der sich soeben öffnenden Zugtüre
ein lässig modern wirkender, ziemlich beleibter, gut gekleideter
Rumäne am Bahnsteig und will sich uns als Helfer anbieten.
Ich will seine Hilfe annehmen. Mein Freund will es auf eigene Regie
versuchen. Wir fangen wieder an, uns in die Wolle zu kommen. Ich
kann meinen Freund verstehen. Aber ich weiß, dass wir hier
in dieser Metropole ohne einen solchen Helfer vermutlich noch schlechter
dran wären. Ich weiß, dass der Mann uns übers Ohr
hauen wird, aber ich weiß auch, dass wir für das erste
Mal hier kaum eine andere Chance haben, die Busse nach Istanbul
zu finden - geschweige denn hier eine Pension im Dunkeln aufzustöbern,
in der wir auch wieder übers Ohr gehauen würden. Mein
Freund beruhigt sich, nachdem ich ihm unsere schwierige Lage ausmale.
Der Mann erklärt uns, dass er ein Taxi fahre und dass es zum
Busterminal nach Istanbul noch weit sei. Er würde maximal 12
Euro nehmen und er wüsste einige Busterminals, wo wir sehr
günstige Preise nach Istanbul bekämen, wo wir auch über
Nacht sitzen bleiben könnten bis der Bus fährt. Ich will
mich zuerst am Bahnschalter erkundigen. Der Mann wird nervös
und ungeduldig, schreit mich an, dass ich das nicht bräuchte
- und ohnehin bei ihm am besten dran sei. Ich bleibe konsequent
und frage mich durch. Wenn wir jetzt vom Bahnhof mit dem Zug weiterfahren
würden, würden wir 40 Euro bezahlen und mit dem Bus 32
Euro pro Person. Also entscheiden wir uns für die Busfahrt.
Mein
Freund will sich in einem Supermarkt am Bahnhof noch Obst kaufen.
Aber er hat kein Rumänisches Geld mehr. Der Mann besteht darauf,
ihm alles auszulegen. Wir fühlen uns unwohl - wissen aber nicht
recht, wie wir damit umgehen sollen. Mein Freund kauft für
100.000 Lei Orangen und Bananen ein. Der Mann legt ihm wie versprochen
alles aus und schnauzt ihn im Laden, als er bezahlen will an, dass
er endlich seine restlichen 40.000 Lei einstecken soll - er würde
das schon machen. Wir könnten ja alles zusammen später
an ihn zurückbezahlen.
Dann
führt er uns zu einem wartenden Taxi am Bahnhofausgang. Dort
sitzt schon ein anderer Mann am Steuer und schaltet das Taximeter
ein. Mein Freund und ich schauen uns erstaunt an. Wir werden scheinbar
ziellos durch Bucarest herum gefahren. Es geht vorbei am Causescu-Palast
mit ca. 5.000 Räumen, wovon etwa 15 bis maximal 50 in Benutzung
sind... Der Dicke erklärt uns, dass er sich das Englisch selbst
beigebracht hat und kaum in der Schule war. Alles, was er wüsste,
hätte er sich selbst beigebracht. Ich staune nicht schlecht.
Er freut sich. Wir halten bei der ersten Tourenbus Agency. Aber
hier gefällt es uns absolut nicht. Der Mann, der hier einsam
in seiner Halle sitzt, ist unfreundlich und erklärt uns auch,
dass wir hier nicht die Nacht über sitzen dürften. Es
ist sehr schmutzig hier, der Boden klebt. Es ist also nicht so weit
her mit den gerade mal eine halbe Stunde alten Versprechungen unseres
Rumänenfreundes. Der Rumäne wird nervös, weil uns
nicht gefällt, was er vorschlug und fährt widerwillig
mit uns zum nächsten Laden, der etwas weiter entfernt ist.
Hier sitzen drei Türken und palavern miteinander. Unser Freund
verhandelt mit ihnen. An seinen Gesten ist zu erkennen, dass er
versucht ihr Einverständnis dafür zu bekommen, dass wir
auch über Nacht dort bleiben können. Aber die Türken
reagieren ablehnend und werden zuletzt wütend. Da mische ich
mich auf türkisch in das Gespräch ein. Die Türken
springen sofort auf, bieten sich an: "Aber natürlich!
Klar können Sie hier über Nacht bleiben! Natürlich!
Bitteschön, bittesehr!"
Wir entscheiden uns also sofort, hier zu bleiben. Da erklärt
uns der Rumäne, dass wir nun 510.000 Lei zu bezahlen hätten.
Ich rechne blitzschnell zusammen: 6 Euro für das Obst von meinem
Freund = 300.000 Lei. Ich kann es kaum glauben. Das sind also 20
Euro für die Taxifahrt und das Obst. Er will 10 Euro für
sich und erklärt uns, dass jeweils 10 Euro von jedem von uns
zu zahlen wären. Und das Obstgeld zusätzlich. Ich gebe
ihm das Geld, schaue ihm tief in die Augen und sage ihm, dass er
die Talente, die Gott ihm gibt, in Zukunft sehr weise nützen
soll und wünsche ihm einen guten Weg.
Die
Türken bitten uns in ein Hinterzimmer im hinteren Teil des
Hauses. Wir bringen unsere Rucksäcke und Taschen dorthin. Hier
schlafen die Busfahrer. Es sind zwei Räume. Im einen stehen
links und rechts an der Wand zwei selbst gebastelte Holzgestelle,
die Betten ähneln. Darauf liegen unbezogene Steppdecken. Im
anderen Zimmer stehen links und rechts an der Wand zwei mit billigem
Teppichboden betackerte Holzkästen zum Draufliegen. Die Türken
machen einen davon für uns frei. Mein Freund will lieber auf
dem Boden liegen, obwohl ich ihm die Holzempore anbiete. Ich würde
gerne mit ihm zusammen auf dem Boden schlafen aber die Türken
lassen sich ihre Gastfreundschaft nicht nehmen!
Es
ist brütendheiß im Zimmer. Die Heizung läuft auf
Hochtouren, das Fenster ist fest verrammelt. Deshalb legt sich mein
Freund direkt in der Mitte des Zimmers vor eine Türe, die den
Anschein macht, als sei sie dauerhaft verschlossen und unbenützt.
Die Türken setzen sich zu uns und stellen sich vor. Der Kleinste
heißt Mesut. Er fängt ein längeres Gespräch
mit mir an, als die Lichter schon ausgeknipst sind. Ich fühle
mich unwohl. Die anderen machen Geräusche, damit wir merken
sollen, dass sie nicht schlafen können. Aber Mesut scheint
das nicht zu stören.
Mesut
kommt aus der Türkei vom Schwarzen Meer, aus Ordu - Malatya
- und er fährt morgen den Bus. Er macht laute Musik an. Das
ist mir sehr peinlich. Ich kann mir vorstellen, dass mein Freund
schon vor Wut kocht. Aber der sagt nichts. Türkische Lieder
trällern uns um die Ohren "Seni Seviorum" (ich liebe
dich) schallt es sehnsuchtsvoll
So könnte ich nicht einschlafen.
Aber für die Türken scheint Musik das geeignete Schlafmittel.
"Er singt: seni seviyorum'" sagt Mesut mitten in
die Stille hinein. Das Blut schiesst mir in den Kopf. Ich könnte
in den Boden versinken. "Ja" sage ich, suche nach einer
geeigneten Ablenkung. "So singen sie auf der ganzen Welt!"
Ich bin froh, dass er nicht weiter darauf eingeht. Mesut fängt
an, mit mir über Rumänien zu sprechen und über die
argen Umstände hier. Ich erzähle ihm über meine Erfahrungen
in der Türkei und was die Deutschen über die Türkei
denken. Sie sind der Meinung, dass viele Türken sich leider
wegen dem Tourismus sehr zum Nachteil verändern und inzwischen
fast nur noch vom Geld geblendet sind. Ich finde es nicht gut, dass
so viele Türken nach Deutschland kommen, um in unserem Land
Geld zu verdienen, damit sie sich damit in der Türkei davon
ein Haus bauen können. Dass sie sich auf der anderen Seite
aber so wenig für die Deutschen interessieren, dass sie nicht
einmal ein klein wenig Motivation aufbringen um Deutsch zu lernen.
Damit sie sich zum Beispiel mit den Deutschen unterhalten können.
Die Türken lieben und schätzen es ja auch, wenn man türkisch
kann und türkisch mit ihnen spricht. Die Türken regen
sich aber genauso in der Türkei über die Deutschen auf,
weil diese keine Lust haben, sich mit ihren türkischen Nachbarn
abzugeben. Mesut ist sehr davon angetan, dass ich mich so gut mit
ihm in seiner Landessprache unterhalten kann. Ich merke schon, dass
er bis zum Morgen weiterratschen könnte und ermahne ihn zu
schlafen, damit er morgen fit zum Fahren ist.
In
der Nacht habe ich Durchfall und muss auf die Toilette. Die ist
unglaublich schmutzig und es ist sehr schwer, aus den kaputten und
rostigen Wasserhähnen einen Tropfen Wasser zu bekommen. Es
tropft von der Decke
Ich bitte Mesut, mir zu helfen, damit
ich mir die Hände - und den Po! - waschen kann. Es gibt kein
Toilettenpapier. Mesut zeigt mir einen Hebel. Wenn ich den umlege,
kommt Wasser aus der Dusche - damit soll ich es versuchen. Wenn
ich ihn wieder zurücklege, kommt das Wasser in einem anderen
Raum aus dem Hahn am Waschbecken. Dann geht er wieder schlafen.
Ich versuche es. Aber wie ich den Hahn auch drehe, das Wasser sprudelt
wie aus einem fröhlichen Geysir aus dem Hahn beim Waschbecken
im anderen Raum. Ich vermute, dass der Wasserhahn ein bisschen undicht
ist und drücke ihn leicht nach unten. Da fällt er ganz
ab
So ist es eben in Rumänien. Die Leute geben nichts
darum, es sich ein klein bisschen wohnlich zu gestalten. Es reicht,
wenn es gerade so funktioniert.
In
dieser Nacht träume ich sehr heftig und unruhig. Ich erwache
mehrere Male in der Nacht und habe das Gefühl, als würde
das Bett und der Boden unter mir wanken, so als hätte ich wochenlang
auf einem Schiff gelebt. Ich vermute, dass dieser Zustand vom vielen
Schwarz-Tee trinken kommt. Ich hatte ja seit Jahren weder Tee noch
Kaffee noch Alkohol getrunken.
Dienstag,
18. Mai 2004
Siebter
Tag
Rumänien
Bucarest - Türkische Grenze - Istanbul
Am
nächsten Morgen rumpelt gegen 5.00 Uhr Früh im Dunkeln
ein Mann in unser Zimmer und tritt fast auf meinen Freund, macht
viel Lärm und schimpft auf Türkisch über das herumliegende
Nutten-Geschwärl'. Damit meint er vermutlich uns. Er
ahnt ja nicht, dass ich türkisch spreche und alles verstehe.
"So ein Gesindel sollte draußen schlafen" schimpft
er. Mesut und Ali versuchen ihn zu beschwichtigen - wir seien Gäste
- sie hätten uns selbst eingeladen dazubleiben und hier zu
übernachten. Der Mann lässt sich nicht umstimmen: "Das
ist mir egal, das ist doch kein Stundenhotel"... Vermutlich
meint er, dass mein Freund auch ein Mädchen ist, weil er die
langen blonden Haare sieht. Und er vermutet deshalb wohl auch, dass
wir beide mit den Bus-Fahrern eine flotte Nacht verbracht hätten.
Ich lasse die Augen geschlossen, sage nichts und versuche weiterzuschlafen.
Der Mann hört nicht auf zu poltern und zu schreien. Er kann
sich auch nicht beruhigen, nachdem die beiden anderen Männer
ihn auffordern, endlich Ruhe zu geben. Zuletzt fährt er meinen
Freund an, sich gefälligst woanders hinzulegen; was das solle,
sich so mitten auf den Weg zu legen. Mein Freund bewegt sich wie
eine getretene Schildkröte und legt sich vor die brütende
Heizung. Mir ist alles megapeinlich. Mein Freund tut mir richtig
leid. Aber ich weiß, dass ich im Moment nichts ändern
kann und versuche gelassen zu bleiben. Irgendwann schlafe ich wieder
ein.
Am
Morgen wirkt Mesut sehr betreten, redet kaum ein Wort mit uns. Wir
lassen uns davon nicht weiter beunruhigen und gehen in die Stadt,
um in der Bank Geld zu wechseln. Das Bankgebäude befindet sich
mitten in einer Anhäufung von zerfallenen Gebäuden, deren
Fassaden völlig zerbröckelt sind, deren Wände tief
klaffende Risse haben, und hässlich rostige und graue Flecken
vom Wetter...
Niemand scheint in diesen Gebäuden zu wohnen oder zu arbeiten
- vermutlich sind es veraltete Regierungsgebäude. Auch die
Wohnhäuser sehen verwahrlost aus. Selbst die Fassade des Bankgebäudes
ist zerfallen und bietet einen wenig ansehnlichen Anblick. Nur direkt
neben dem Eingangsportal befindet sich ein je 1-2 Meter breiter,
mit marmorartigen Platten vertäfelter Fassadenabschnitt.
Im Inneren der Bank empfängt uns wieder die noble Atmosphäre
der Reichen, allerdings im etwas schlichteren Stil. Gerade als wir
das Bankgebäude betreten, versammeln sich draußen vor
dem Fenster Leute vom Fernsehen. Sie interviewen eine `wichtige
männliche Persönlichkeit`. Sie postieren sich direkt vor
dem mit Marmor veredeltem Abschnitt neben dem Eingang. Gleich ein
paar cm daneben bietet die Fassade einen grauenhaften Anblick! Niemand
von den Fernsehzuschauern wird später wissen, dass sie sich
kaum einen Meter hätten bewegen dürfen, damit das Fernseh-Publikum
nicht sieht, wie verwahrlost alles wirklich ist. Den Gesten und
der Mimik nach zu schließen, scheinen die Fernsehleute den
VIP über Dinge wie die Zukunftspläne des Landes zu befragen.
Dieser gestikuliert vielsagend vor der Fassade herum und bedeutet
einen großen' Fortschritt und dass sie beabsichtigen,
alles zu modernisieren, und große Projekte zu verwirklichen,
etc. Mein Freund und ich können kaum glauben, was wir sehen.
Später, als wir noch ein wenig in der Stadt herumbummeln, finden
wir einen schönen Park, vor dem zwei Plakatsäulen stehen.
Sie sind rundherum mit den Köpfen von wichtigen Männern
beklebt. Darunter auch das Bild des Mannes, der vor dem Fernsehen
gesprochen hatte.
Wir
kaufen Obst und Gemüse - Bananen, Karotten und Zuccini - für
220.000 Lei ein. Das sind ca. 11 Euro. Mein Freund will keine Karotten
mitnehmen. Er will sich später noch woanders' welche
kaufen. Das kenne ich schon. Er wird später, wenn ich anfange,
mir Salat zu machen - die Karotten von mir wollen, die ich für
mich gedacht hatte. Ich nehme mir vor, diesmal konsequent zu bleiben,
wie er es mir oft rät, wenn ich frage, was ich tun soll, wenn
er dann doch etwas will! Es geht gar nicht darum, dass ich keine
Lust hätte, etwas abzugeben. Aber in Situationen, wo es so
gut wie unmöglich ist, sich über längere Zeit Nachschub
irgendwo zu besorgen, ist es dann wirklich ärgerlich.
Wieder
zurück bei der Busagentur, entdecken wir ein Internetcafe gleich
auf der anderen Straßenseite! Es hat eine protzige, polierte
Eingangstüre aus teurem Holz - mit glänzendem Messing-
Türknauf zum Klopfen und einem vornehmen Türschild. Wieder
einer der krassen Gegensätze, mit welchen man hier in Rumänien
ständig konfrontiert wird. Ich frage mich, wer sich wohl hier
einen solchen Luxus leisten kann, ins Internetcafe zu gehen. Aber
das Café hat - wie sollte es anders sein - geschlossen, obwohl
wir es über den Tag verteilt mehrer Male versuchen.
Mein
Freund und ich dürfen im Gemeinschaftsraum der Bus-Fahrer sitzen,
bekommen schwarzen Tee serviert und schreiben Tagebuch. Mesut reißt
sich um ein Gespräch mit uns. Er ist sehr lieb und wirkt ehrlich
interessiert. Auch später im Bus setzt er sich zu uns. Er setzt
sich vor uns und lehnt sich so weit zu mir herüber, dass ich
in Verlegenheit gerate. Er spricht davon, was alles in Rumänien
im Argen ist. Dass z.B. die Menschen hier den Müll einfach
nur so in die Natur werfen. Dass sie sich nicht darum kümmern,
ob ihre Häuser intakt sind oder nicht. Und dass sie in diesem
Land nicht bis zum nächsten Morgen denken. Nach einer Weile
sage ich Mesut mit vorsichtigen Worten, dass es früher in der
Türkei auch so gewesen ist und dass die Natur in der Türkei
auch heute noch ebenso kaputt gemacht wird vom Touristen-Wahn. Ich
hatte manches Mal erlebt, wie die Menschen aus dem 4. Stockwerk
einfach die Abfalltüten wie Propeller herumwirbelten, um sie
dann ohne nachzudenken ins Gebüsch fliegen ließen...
Da schaut Mesut betreten und wird ganz still - und er sucht sich
einen Sitzplatz weiter vorne.
An
der Türkisch-Bulgarischen Grenze mache ich ein Foto von ihm
und der Mannschaft. Wir wurden von ihnen so gastfreundlich bedient,
als wären wir ein Teil der Familie. Die Preise stimmten und
der Komfort im Bus war mehr als zufriedenstellend.
Kaum
haben wir die Grenze von Bulgarien hinter uns, wirkt alles wesentlich
aufgeräumter. Am nächsten Rastplatz nehmen die Busfahrer
zwei Bulgaren, die per Anhalter fahren, bis zum nächsten Dorf
mit. Wir machen gegen Nachmittag an einem Bulgarischen Restaurant
Rast. Für meinen Freund und mich gibt es hier absolut nichts,
was wir knabbern könnten.
Wir
erreichen die Türkische Grenze. Es dauert sehr lange, bis wir
durch alle Zollpassagen hindurch sind. Die Busfahrer verteilen sämtliche
Duty-Free-Waren, die sie eingekauft haben auf uns. Wir bekommen
jeder eine Zollrechnung über 120 Euro usgehändigt, die
wir den Zoll-Beamten zeigen sollen. Jeder bekommt eine Tüte
mit Whiskey und Zigaretten (Winston) zu seinem eigenen Gepäck
hingestellt. So macht das Busunternehmen offensichtlich gute Geschäfte
neben der Fahrt. Die Zollbeamten scheinen das zu wissen. Einige
Reisende müssen ihre teuren Zigaretten und scharfen Getränke,
die deshalb zu viel im Gepäck sind, abgeben und sind sauer.
Der Zoll sortiert sich zwei große Tüten aus plus zwei
Stangen Davidoff- und Benton-Zigaretten. Einer versucht seine Zigaretten
heimlich zurückzunehmen. Aber der Beamte merkt es und wird
sehr sauer. So dauert es noch länger. Dann packen die Beamten
alle beschlagnahmte Ware ein. Wir wissen, dass sie später die
beanschlagte Ware unter sich selbst verteilen werden. Später
hält der Bus kurz vor Istanbul mitten auf der Autobahnstrecke
am Standstreifen an. Dort steht schon ein knallroter PKW und wartet.
Er holt die 18 Tüten Ware ab.
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