Dieser verfallene Steig ist sehr mühselig - aber mit spektakulären Ausblicken beschenkt. Allerdings ist er nur für Geübte mit absoluter Schwindelfreiheit und Trittsicherheit zu begehen. Doch man kann den Stoanblamlkopf auch über den Binssattel und den Gramaisattel erreichen. Ebenso der Bärenwandkopf.

Seit längerer Zeit hatte ich mich an der Abzweigung gefragt, wie der Steig wohl nach den ersten Hürden aussehen mag, wenn ich über den Binssattelsteig ging. Auch vom Gramaijoch aus hatte ich versucht, nach hinten abzusteigen, doch wurde es jeweils zu spät, um diese Seite wirklich auszuprobieren.

Diesmal war es dann so weit, denn mein Wanderfreund war gleich begeistert, als ich ihm von diesem Steig erzählte. Allerdings gab es gleich zu Beginn gleich zwei sehr schwierige Stellen für mich zu überwinden, denn der Weg ist hier durch zwei Murenabgänge völlig zerstört. Der erste Abhang war mit einiger Überwindung so eben für mich zu machen. Doch danach kam eine herbe Überraschung, nun wurde es noch etwas schwieriger, weil steiler und kein Grobgeröll, sondern feiner Gries mit festem Untergrund. Ich war mir wirklich ganz sicher, dass ich das nicht machen würde und wollte umkehren.

Doch war ja der Rückweg auch nicht leichter. Und so stand ich da fast 20 Minuten, um mich innerlich auf diese Querung einzustellen. Volker trat derweil ein paar Stufen für mich. Als ich mich entschied, während der Querung auf keinen Fall den Hang hinunter zu schauen, klappte es - zeitweise an der Hand von Volker - relativ gut - mit einigen kurzen Pausen dazwischen, um neuen inneren Anlauf zu nehmen.

Gleich danach kam oben dann die atemberaubende Überraschung - ein grandioser, sehr rarer Blick auf das Lamsenjoch! Wir jubilierten vor Freude!

Der Steig ging von da an eine zeitlang recht angenehm zu gehen, doch wurde er immer wieder völlig unsichtbar, so daß wir uns ordentlich verstiegen, was bedeutete, dass wir - um auf einen richtigen Weg (z.B. am Gramaijoch, oder am Stoanblamlkopf zu kommen, sehr anstrengend steile Wiesenhänge hinauf mussten. Später, als wir wieder auf den Weg trafen, erkannten wir, dass wir uns verstiegen hatten. Oben fanden wir einen Abzweig Richtung Gramaisattel, auf dem der Steig hinter dem Gramaijoch wieder zurück zum Binssattel führt. Es führt also auch ein relativ gemütlicher Steig über den Binssattel und den Gramaisattel zum Stoanblamlkopf. Nächstes Mal werde ich diesen Weg wählen.. und bei Gusto ein wenig nach vorne Richtung
Engtal gehen - und dann über diesen Anstieg wieder zurück zum Binssattel.

Das Plateau auf dem Stoanblamlkopf bietet ein solch herrliches Rundum-Panorama, dass wir auch keine Ecke ausließen, und jeden Winkel genossen. Es wurde bereits dunkel, als wir zur Binsalm hinunter steigen.

Da es die letzten Tage immens geregnet hat, ist der Steig auf ein paar Kurven glatt wie Schmierseife. Da heißt es alle Konzentration zusammen nehmen.

Um 23:00 Uhr erreichen wir die Binsalm. In der Hütte geht es Gaudi mäßig zu. Das macht schon mal Stimmung, denn mir tun alle Knochen weh, mein ganzer Körper brennt. Ich frage mich, ob ich den Abstieg wirklich noch machen soll. Aber Volker möchte nach Hause. Wir dürfen unseren eigenen Kräutersalat essen - und bekommen frisches Sauerkraut (ungekocht) und eine gekochte kalte Kartoffel dazu. Die Hüttenwirtin würde mir gerne mehr geben und alles warm machen - doch esse ich die Kartoffeln lieber kalt als Beigabe, statt warm als Hauptmahlzeit. Einen herzlichen Dank an die Hüttenbetreiber Michaela Larcher und ihre Mutter von der Binsalm! Der Kräutersalat stärkt uns so sehr, dass wir den Abstieg wie zwei frische Gamsen in recht kurzer Zeit schaffen.

Dieser Tag im Karwendel wird unvergesslich in meiner Erinnerung sein...
eigentlich wie alle Tage in diesem traumhaften Gebirge!