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Yalova - die Geburtsstadt meines Sohnes Baris (Barisch)

Im Jahr 1996 war ich hochschwanger mit meinem damaligen Freund in die Türkei gereist. Er hatte nicht länger in Deutschland bleiben dürfen - und ich wollte nicht ohne ihn sein. Ich brach alle Zelte in Deutschland ab, stellte aber meinen Hausrat in einem Keller bei Freunden ab - falls doch etwas schief gehen würde. Und dann begann eine Reise, wie sie bestenfalls in Romanen und Märchen vorkommen. (Ich werde bei Gelegenheit näher darüber berichten).

Die mittleren Schwangerschaftsmonate verbrachten Kemal und ich in Manyas einem kleinen unscheinbaren Dorf in der Nähe des berühmten Kuscennetti, der Vogelinsel.

Yalova, wie ich es 1987 erlebte Im Januar 1986 vor der Geburt unseres Sohnes Baris gab es eines Tages zwischen Kemal und seiner Mutter einen heftigen Streit, bei dem er mich und das Ungeborene verteidigte. Der Streit ließ sich nicht beilegen und so waren Kemal und ich unversehens mit unseren wenigen Habseligkeiten aus Manyas mit dem Bus in Richtung Yalova zu Kemals Tante Ganimet abgereist.

Sie war völlig überrascht, ihrem Neffen Kemal jetzt so unangemeldet nach so vielen Jahren und ohne Nachricht die Türe zu öffnen. Noch dazu mit seiner schwangeren Freundin - die ich selbst war.
Aber Ganimet empfing uns sehr herzlich und nahm uns sehr herzlich auf. Sie bereitete sogleich alles vor, dass wir bei ihr bleiben konnten. Es war eine sehr schöne Zeit bei Ganimet. Sie lebte sehr einfach und spartanisch. Ich fand es wunderbar. Sie lebte schon lange allein hier in diesem Haus und manchmal kam ihr Sohn Orhan zu Besuch. Er studierte in Istanbul.


Kemal und ich bewohnten Orhans winziges Zimmerchen, in dem gerade ein größeres Bett und ein Schreibtisch Platz hatte. In diesem Bett lagen wohl 3 oder 4 Matrazen übereinander, so wie es in vielen Familien noch immer üblich ist. Diese Betten hängen entsetzlich durch. In der Nacht kullerten Kemal und ich in der Mulde immer übereinander. Aber wir gewöhnten uns daran.
Vom Fenster dieses Zimmerchens aus konnte ich frühmorgens immer den Imam singen hören. Ich liebte seinen Gesang. Er streichelte mit seinen glasklaren, nach dem Paradies sehnsüchtigen Klängen meine Seele.. und tröstete mich in so mancher schweren Stunde.

Modernes Yalova vor 1999 Kemal und ich bewohnten Orhans winziges Zimmerchen, in dem gerade ein größeres Bett und ein Schreibtisch Platz hatte. In diesem Bett lagen wohl 3 oder 4 Matrazen übereinander, so wie es in vielen Familien noch immer üblich ist. Diese Betten hängen entsetzlich durch. In der Nacht kullerten Kemal und ich in der Mulde immer übereinander. Aber wir gewöhnten uns daran.
Vom Fenster dieses Zimmerchens aus konnte ich frühmorgens immer den Imam singen hören. Ich liebte seinen Gesang. Er streichelte mit seinen glasklaren, nach dem Paradies sehnsüchtigen Klängen meine Seele.. und tröstete mich in so mancher schweren Stunde.

Die Straßen waren noch so gut wie unbefestigt. Überall klafften riesige Schlaglöcher, selbst da, wo man versucht hatte die Straßen mit Asphalt zu befestigen. Dennoch gab es verhältnismäßig viele Autos. In Deutschland hätten sich viele um diese herrlichen Oldtimer gerissen. Auch wir fuhren einen. Ein herrlicher schwarzer Mercedes Benz mit Flügeln und weißer Lederausstattung - absolut rostfrei - den ich für einen Spottpreis kurz vor unserer Abreise aus Deutschland von einem Starnberger Arztsohn erstanden hatte. Heute ist Yalova eine weitgehend modernisierte Stadt mit richtigen Straßen und anderen Errungenschaften. Aber zu der Zeit, die ich dort verbrachte gab es kaum etwas, das an Luxus erinnerte. Es gab unbefestigte Straßen, die riesige Schlaglöcher hatten, es gab fast keine Telefone. Telefonieren mußte man von der Post aus. Hier mußte man das Telefonat anmelden und oft stundenlang warten. Es gab kein Warmwasser, keine Heizung, keine Waschmaschinen und keinen Elektroherd. Stattdessen wusch man sich entweder eiskalt - auch im Winter - oder man heißte einen Topf auf dem Gaskocher, der mich an einen überdimensionalen Campingkocher erinnrerte. Geheizt wurden die Räume mit kleinen Holzöfen. Und die Wäsche wusch man mit der Hand - wie in guten alten Zeiten. Es gab nicht einmal Wäschestampfer, wie ich sie noch aus alten Zeiten in Deutschland kannte. Wäschewaschen von Hand machte mir übrigens großen Spass. Vermutlich deshalb, weil Kinder auch gerne mit dem Wasser plantischen... Aller Anfang hier war sehr schwer für mich. Nicht nur, was die Umstellung im Haushalt anbetraf.

das moderne Yalova vor dem Erdbeben 1999 Einmal, als ich über die Pfade auf der Wiese vor dem Haus ging, um zum Busbahnhof in 3km Entfernung zu gelangen, kam ich an einem abgehackten Eselskopf vorbei. Ich schrie innerlich vor Grauen auf. Ein ander mal lagen auf der Straße abgehackte Hühnerbeine. Sie lagen einfach so da. Als hätten sie immer schon so dagelegen und hätten ein Eigenleben. Niemand beachtete sie. Und wenige Meter vor dem Haus in schächtete man gelegentlich ein Schaf. Die Häuser heizten mit Holzöfen. Und sie hatten manchmal keine Kamine, sondern nur ein Loch in der Hauswand, durch das das Ofenrohr aus der guten Stube seinen heimeligen Geruch nach verbranntem Holz und was sonst noch alles in den Ofen geschoben wurde gleich auf die Straße paffte. Und so ging ich nicht selten in einer Dunstwolke aus Nebel und Rauch, die mich zu Beginn nicht selten an Krieg erinnerte.

Auf den Straßen in der Stadt standen 5 und 6-jährige Kinder, die Bleistifte, oder Bonbons verkauften - die Schuhe putzten und mit einer Waage für ein paar Kurus das Gewicht der Leute wogen. Sie taten alles mögliche, um ihrer Familie zu helfen, die horrenden Mieten zu bezahlen, und den Lebensunterhalt zu bestreiten. Eine oft unkomfortable Wohnung (kein warmes Wasser, keine Heizung) kostete damals in etwa 300 türkische Lira - und ein normaler Arbeiter verdiente so in etwa 100 türkische Lira.

Das war für mich eine schlimme Zeit. Aber es war mein Aufbruch in eine neue, großartige Zeit, die ich nicht missen möchte - auch wenn es manchmal nicht leicht war.

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