Yalova
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 Eines
Tages dachten wir uns, dass es wohl besser sei, wenn wir einen Arzt
aufsuchen würden, da Baris laut der Terminangabe meines Frauen-Arztes,
den ich in Deutschland zuletzt in den ersten Wochen meiner Schwangerschaft
aufgesucht hate - Baris bereits überfällig war. Zuerst
freute ich mich und malte mir schon aus, wie ich in der Zeitung
und im Fernsehen eine Rubrik mit dem Thema - Wundersame 10-Monats-Geburt.
Als sich aber die überfälligen Wochen zählten, suchten
wir einen Arzt, dessen Honorar wir zu bezahlen imstande waren. Ich
merkte bald, dass es durchaus nicht normal in der Türkei war,
einen Arzt zu haben. Die meisten Frauen konnten es sich gar nicht
leisten. Auch die Hygiene war hier ein Fremdwort.
Mir
war Angst und bang, als ich in das Sprechzimmer gerufen wurde.
Da stand ich ganz allein, sah den Gynäkologenstuhl, auf dem
noch die Blutstropfen meiner Vorgängerin prangten. Und in
einer Schublade, die direkt unterhalb der Sitzfläche angebracht
war, prangten benützte Tampons, getränkte Tupfer und
anderes, was meine Augen anregte, sich erschreckend zu weiten.
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Wenn
ich nicht gewußt hätte, dass das hier echt war, hätte
ich geglaubt, man hätte mich in einem Film aus mittelalterlichem
Szenario mitspielen lassen...
Ich sprach die Sprechstundenhilfe auf diese Dinge an, die zuckten
nur mit den Schultern und sahen mich an, als hätte ich Champagner
mit Kaviar bestellt.
Der Arzt schickte meinen armen Freund mit einem Abstrich nach
Bursa, einer (nur) 500 km entfernten Stadt, wo er im Labor untersucht
werden sollte, um festzustellen, warum Baris noch keine Anstalten
machte, an die Türe zu klopfen. Kemal kam mit dem Ergebnis zurück,
dass Baris noch gar nicht so weit sei, und dass wir noch 2 Wochen
Zeit hätten. Das war eine große Überraschung!! Ich
fragte mich, ob ich in der Zwischenzeit wohl das Kind unbemerkt verloren
hatte - und gleich darauf erneut schwanger geworden war.
Wir fuhren jetzt oft ins nahegelegene
Termalbad. Es tat mir unendlich gut. Ganimet sorgte sich sehr, ob
alles gut gehen würde. Sie sorgte sich am Ende so sehr, dass
Kemal und ich beschlossen uns eine Wohnung zu suchen, bis das Baby
da sei, um Ganimet ein wenig zu entlasten. Bei unseren Fahrten ins
Termalbad waren wir regelmäßig an einer Abzweigung vorbeigefahren,
die nach Cinarcik wies. Diese Abzweigung wollten wir einmal versuchen.
Kemal meinte, dass dort auch ein Onkel von ihm wohnen würde.
wir gingen nach Cinarcik und blieben dort bis kurz vor der Geburt
meines Sohnes Baris, um die Wochen nach der Geburt dort zu
bleiben und dann wieder nach Cinarcik zurückzukehren.
(Weiterzulesen bei Cinarcik) |
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