Zum
hundertjährigen Jubiläum sagt
Dr. med. Reinhold Braun
"Nicht jeder
wird mit dieser Meldung etwas anzufangen wissen. ENKARPA
ist der Titel eines Buches von
Robert Springer, das 1884 bei Schmorl &
von Seefeld in Hannover erschien.
Es gehört zu
den großen Klassikern
der vegetarischen Literatur und konfrontiert
den Leser mit bedeutenden Denkern der Kulturgeschichte,
die sich gegen das Fleischessen des Menschen wandten.
Ober den Autor des Buches ist nur wenig bekannt. Gleïzès
Thalysia wurde von
ihm übersetzt. Doch auch längst vergessene
Romane sowie Essays über Kunst, Literatur und
Philosophie, verstreut in alten Zeitschriften, geben
noch Kunde von seinem Wirken. Man muss nur Bücherwurm
werden und in stillen, verschlafenen Bibliotheken
bohren ...
Es war ein Glücksfall,
dass ich vor noch gar nicht langer Zeit an ENKARPA
geriet. Wieder einmal saß ich unverhofft fest,
fasziniert von diesem Fund. und las ... las ... las.
Ich las mich hinein in eine nie vermutete Vorstellungswelt
längst vergangener Epochen. Was ich erfuhr, das
hatte mir die Schule unterschlagen, das war etwas
gänzlich Neues inmitten altbekannter Namen! Ein
längst Verblichener - der Autor ist seit 99 Jahren
tot, - führte mich, belehrte mich, sprach so
klar und überzeugend wie selten ein Lebender
zu mir. Sein Herz pochte. Seine Seele verschwendete
sich in seinen Worten. Und dort, wo ich immer wieder
den Staub der Jahre aus den Blättern blies, begann
es zu leuchten: Es war sein suchender, stets wachsamer
Geist. Dieser Geist riss mich mit. Er packte mich
einfach; denn er war gegenwärtig geworden, war
aus der verlorengegangenen Zeit aufgetaucht und entfaltete
jetzt in meinem lebendigen Gehirn erschütternde
Gedankenverbindungen. Solche Augenblicke gehören
zu den kostbarsten in einem Menschenleben.
ENKARPA,
was heißt das?
Robert Springer erklärt
es in seinem Vorwort: "Mit dem Worte ENKARPA
(Eine Girlande von
Früchten) bezeichnen
wir sinnbildlich jene Reformlehre von der Früchte-Diät,
jene Kultur-Idee des Pythagoras und Platon, welche
sich wie ein duftiges Gewinde über den blutgetränkten
Boden der Geschichte hinwegzieht und sich um die Altäre
zahlreicher Tempel schwingt. Wir wiesen nach,
dass diese Idee in der ganzen Kulturgeschichte als
regeneratorischer Leitfaden dienen kann, dass die
Philosophen des Altertums ein großes Gewicht
darauf legten und dass auch in der Zeit, wo die Philosophie
sich dieser Lehre entfremdete, doch die ausgezeichnetsten
Geister der Kulturvölker wieder darauf Zurückkommen."
Unmöglich, das
ganze Ausmaß dieser historischen
Materialsammlung im Einzelnen zu würdigen.
Ihr Bogen spannt sich von Japan,
China über Indien, Iran, Ägypten
bis hin zu den Griechen,
Römern, Franzosen, Briten, Amerikanern.
Konfuzius kommt zu Wort, Buddha, Zarathustra
und Pythagoras. Gnostiker und Kirchenväter
sind vertreten, noch fehlen Michel de Montaigne,
Shelley und Byron, Wieland, Herder oder George
Sand. Das
sind nur einige Namen aus der Fülle des Stoffes.
Es ist einfach erstaunlich, mit welchem Fleiß,
weicher Hartnäckigkeit und Leidenschaft Robert
Springer die geschichtliche Spur des Vegetarismus
verfolgt und auf 544 Seiten
jedermann deutlich gemacht hat. Noch erstaunlicher,
aber bezeichnend für den Weg, den dieses Jahrhundert
gegangen ist, ist die Tatsache, dass sich Magnus
Schwantje noch 1912
bemühen musste, Interessenten für die letzten
Exemplare dieses ungewöhnlichen Werkes Zu finden.
An eine Neuauflage, die nach hundert Jahren freilich
einer Überarbeitung bedürfte, ist überhaupt
nicht zu denken. Die Überflussgesellschaft hat
andere Interessen.
Doch
hier eine Kostprobe aus ENKARPA
Sie stammt aus dem Kapitel über den
Neu-Platoniker
Porphyrius, der
in seiner Schrift über die "Apoche"
u. a. folgendes sagt:
Die Pflanzen
zu genießen, Feuer und Wasser zu gebrauchen,
zu unserm Nutzen und zu unserer Erhaltung die
Wolle und die Milch der Herden zu verwenden,
die Rinder zu zähmen und anzuschirren -
dies hat die Gottheit gestattet; aber Tieren
die Kehle abzuschneiden, sich
mit ihrem Mord zu besudeln und sie zu kochen,
nicht etwa aus Not und um unser Leben zu erhalten,
sondern aus Wollust und Genusssucht:
Das ist über alle Maßen schlecht
und abscheulich.
Es ist schon
genug, dass wir sie für uns arbeiten lassen,
da sie keine Mühsal nötig hätten.
Wollte man meinen, die Tiere wären geschaffen,
uns zur Speise zu dienen, so müssten wir
eher zugeben, dass wir selber um der reißenden
Tiere willen geschaffen wären, etwa um
der Krokodile, der Haifische oder Schlangen
willen; denn diese Tiere nützen uns gar
nichts, sondern wer in ihre Gewalt gerät,
den verzehren sie. Damit tun sie nichts Schlimmeres
als wir, nur mit dem Unterschiede: Sie tun es
aus Not und Hunger, wir aber tun es aus Übermut
und Schwelgerei, und die meisten Tiere töten
wir nur zum Spiele in Theatern und auf der Jagd.
Eben dadurch sind wir so mörderisch, so
wild und mitleidslos geworden, und diejenigen,
die es zuerst wagten, haben die Humanität
am meisten stumpf gemacht. Die Pythagoräer
aber erhoben die Sanftmut gegen die Tiere zu
einem Hauptmerkmal der Menschenliebe und der
Barmherzigkeit ...
Alles
was fühlt, hat auch Geist. Wie
einfältig ist es, von den Tieren zu behaupten,
sie empfänden keine Freude, hätten
kein Gemüt, kennten keine Furcht, fassten
keine Vorsätze und lebten ohne Erinnerung,
sondern die Biene habe nur scheinbar oder "gleichsam"
eine Erinnerung, die Schwalbe fasste "gleichsam"
einen Vorsatz, der Löwe hätte "gleichsam"
Furcht. Dann könnte man doch ebenso gut
behaupten, die Tiere sähen und hörten
doch eigentlich nicht sondern nur "gleichsam",
sie sprächen nur "gleichsam"
und sie lebten überhaupt nur "gleichsam"
...
Da uns die Tiere
so verwandt sind und, nach Pythagoras, gleiches
Seelenleben wie wir haben, so muss derjenige
gottlos erscheinen, der ihnen Unrecht zufügt
... Was sollen wir also tun? fragst du, o Mensch.
Nachahmen wollen wir das goldene Zeitalter,
nachahmen den Freien. Bei ihnen weilten die
Göttinnen der Sitte, der Vergeltung und
Gerechtigkeit, denn sie begnügten sich
mit den Früchten der Erde und - wie Hesiod
sagt - Früchte gab ihnen das überreiche
Gefilde ohne Neid und freiwillig ... Unter den
Geschichtsschreibern Griechenlands ist einer
der genauesten und zuverlässigsten der
Peripatetiker Dikaearch; dieser sagt bei der
Beschreibung des Lebens im alten Griechenland,
die Alten seien von Natur gut und gottähnlich
gewesen und hätten ein so reines Leben
geführt, dass man ihr Zeitalter das Goldene
nannte, im Vergleich mit der heutigen falschen
und faulen Welt; bei dieser Gelegenheit sagt
er auch, dass sie kein Tier schlachteten, sondern,
wie Hesiod singt, die Früchte, welche ihnen
das überreiche Gefilde gewährte, in
Frieden genossen. Dabei preist er auch die Zeit,
wo man sich des Fleischessens enthielt, als
die glücklichste; es gab keinen Krieg,
denn es gab keine Ungerechtigkeit. Der Krieg
und die Habsucht, die zur Fehde antrieb, kam
gleichzeitig mit dem Unrecht gegen die Tiere
...
Verzweifelt
und doch so erhaben klingen am Ende des Kapitels
schließlich diese Worte des weisen Porphyrios:
0, wenn wir doch jenes mythische Leben führen
könnten, ohne Hunger und Durst; so dass
man den schwindenden Körper beherrschte
und in kurzer Zeit bei den Besten wäre,
in deren Gemeinschaft sich erst die Gottheit
selber als Gottheit fühlt! Aber wozu hier
das Klagen unter Menschen die so völlig
verdüstert sind, dass sie ihr eigenes Verderben
liebevoll hegen und sich selber und ihren wahren
Vater hassen und auch diejenigen, welche sie
ermahnen, aus ihrer Trunkenheit zum Bewusstsein
zu erwachen!
Wem drängte
sich an dieser Stelle nicht das Bewusstseinselend
unserer Gegenwart auf? Wer gedächte dabei
nicht des Abgrundes, vor dem wir so ratlos stehen?
Und wer sähe nicht die Millionen misshandelter
Tiere? Ausweglos unterworfen
dem kalten Kalkül einer Herrenrasse, einer
Herren-Art? Wer hörte nicht ihren Schrei?
Den entsetzlichen Schrei aus zerberstender Kehle?
Unermesslich wurde die Not der Kreatur! Unermesslich
ihre Qual, ihre Pein, ihre Folter! Von Technik
verstümmelt wurde die Weit! Dahin siecht
das Land, ganze Völker von Bäumen,
Pflanzen, Müssen sterben! Zur Senkgrube
wird das Meer, zum Pesthauch die Luft unter
Mammons Atem! Hatte Rousseau nicht recht?
Hatten nicht recht die Maschinenstürmer?
- Dieses hundertjährige Buch entfesselt
Gedankenlawinen. Es ist heiß wie Feuer
für den, der sich in die Vergangenheit
fallen lässt, der den verratenen Geist
statt des leeren Konsumes sucht, der Humanität
nicht mit Schlachthäusern und Schlachtfeldern
vereinbaren kann und der den Planeten noch liebt
trotz seiner ekelhaften Krankheit, die ihm schon
morgen den Tod bringen kann. 100 Jahre ENKARPA!
Mahnendes Zeichen vor dem Abgrund. Dahinter
die ewige Finsternis."
Von
Dr.med. Reinhold
Braun ist bei
Dianus-Trikont erschienen: "Ahimsa",
philosophisch und literarisch sehr, sehr wertvoll!
|
Die Vertreter der lebensfeindlichen Seite der Geschichte
sind die großen Eroberer und Zerstörer
der menschlichen Rasse und der Umwelt.
Die Vertreter der
lebensfreundlichen Seite sind die freien Philosophen
und die Gemeinschaften begabter Menschen, die für
die Förderung der sittlichen Kultur gekämpft
und gelitten haben. Die westliche, Moral ist ohne
diese Denker unverständlich. Sinn, Zweck und
Inhalt ihrer hohen Philosophie war einheitlich: Die
Tische und Altäre der Völker sollten vom
Blut gereinigt werden, und die Menschen sollten wieder
zur natürlichen Ernährung zurückkehren,
sich aus den Früchten der Erde ihre Kraft holen
und sich mit den unzähligen Früchten begnügen.
Sie wollten dem Menschen
beibringen, dass er nur unter einer Voraussetzung
auf sittliche Überlegenheit Anspruch erheben
kann: wenn er als Ordner und Friedensstifter auftritt.
Nur dann, so sagten sie, könne er die höchste
Stufe unter den bekannten Lebewesen erklimmen.
Diese Auffassung wird
in der Geschichte Pythagoreische Schule oder Pythagoräische
Lehre genannt. Denn die westliche Welt erfuhr durch
die Pythagoräische Schule und nachfolgend durch
den Platonismus von der antikreophagischen (kreophagisch
= fleischessend) Philosophie und von der geistigen,
anti-materiellen Lebensweise.
Der
größte Philosoph des ersten Jahrhunderts,
Apollonius von Tyana
beweist, dass Pythagoras dem Westen die Offenbarung
der Wahrheit gebracht hat, dass er den Gottesdienst,
den neuen Bund mit dem Schöpfer, nach den eleusinischen
Praktiken eingeführt und die blutigen Opfer abgeschafft
hat.
Die Auswirkungen dieser
Philosophie wurden durch die Theologie und die Pseudophilosophie
vom 6. bis zum 16.Jahrhundert unterbrochen.
Man beschäftigte sich mit scholastischen Spitzfindigkeiten
und verfälschte den hellenischen Synkretismus.
Die katholische Kirche wurde
organisiert, die aus dem Kompromiss mit Kaiser
Konstantin
Ergänzung
von Regina F. Rau: und
dem Konzil von Nicäa) und der weltlichen
Macht entstand. Die ursprüngliche Lehre
der Essener und der ersten Christen ging in
sehr wesentlichen Punkten verloren.
|
Ergänzung
von Regina F. Rau:
Hierzu
Ronald Zürrer in
seinem Werk
"die umfassende Wissenschaft der Seelenwanderung"
Kapitel 6: Reinkarnation im Christentum
-
Die Beseitigung des Wissens um
die Reinkarnation
Die
Synode zu Konstantinopel (543)
Auf Drängen
des byzantinischen Kaisers Justinian I. (527565)
wurde im Jahre 543 in Konstantinopel eine Synode
der Ostkirche einberufen, die das erklärte
Ziel hatte, die theologischen Differenzen um
die Lehren des Origenes (der 300 Jahre zuvor
gelebt hatte!) ein für allemal zu beenden.
Diese Lehren
wurden, ohne Rücksicht auf die Haltung
des damaligen römischen Papstes Vigilius,
durch die Synode mit neun Anathemata (Bannflüchen)
belegt, wobei der für
die Frage der Seelenpräexistenz und der
Reinkarnation entscheidende erste Bannfluch
lautet:
Wenn einer sagt
oder meint, die Seelen der Menschen seien präexistent
gewesen, insofern sie früher Geistwesen
und heilige Mächte gewesen seien, es habe
sie aber Überdruß ergriffen an der
Schau Gottes und sie hätten sich zum Schlechten
gewendet, darum sei die göttliche Liebe
in ihnen erkaltet ... und seien zur Strafe in
Körper hinabgeschickt worden der
sei anathema (verflucht).
Außerdem
wurden (im neunten Bannfluch)
auch all diejenigen verflucht, die nicht glauben
würden, daß es eine ewige Bestrafung
der Dämonen und gottlosen Menschen gebe.
All diese Verfluchungen geschahen auf die äußerst
persönlich motivierte Anweisung von Kaiser
Justinian (und dessen intriganter Gemahlin Theodora),
der sich selbst als Oberherrn der Kirche verstand.
Über diesen zwielichtigen Kaiser schreibt
der Historiker Georg Ostrogorsky in seiner Geschichte
des byzantinischen Staates (in: Handbuch
der Altertumswissenschaft, 1963):
Auch als Christ
blieb Justinian Römer, und die Idee einer
Autonomie der religiösen Sphäre war
ihm völlig fremd. Päpste und Patriarchen
behandelte er als seine Diener. In derselben
Weise, wie er das Staatswesen leitete, dirigierte
er auch das Kirchenleben, in jede Einzelheit
der Kirchenverfassung persönlich eingreifend.
(S.65)
Noch deutlicher
drücken es B.
Altaner und A. Stuiber
in Patrologie Leben, Schriften
und Lehre der Kirchenväter (1966)
aus:
Mit terroristischer
Politisierung der Theologie versuchte Justinian,
die geistigen Anreger der Vergangenheit und
Gegenwart zu verketzern, hatte aber auch den
Ehrgeiz, selbst als theologischer Schriftsteller
zu glänzen. (S. 513)
Und Hermann
Bauer schreibt
in Der Einfluß Ostroms (1982):
Um so leichter
hatte es Kaiser Justinian, da in Rom Papst Vigilius
residierte, der wegen der Ostgotengefahr auf
militärische Hilfe des Kaisers angewiesen
war und darüber hinaus eine Marionette
der Kaisergemahlin Theodora war, der er das
Papstamt (537) letztlich verdankte.
Die Persönlichkeit
des Kaisers, die allgemeine Kriegssituation
im oströmischen Reich und dazu die drohende
Gefahr, in Palästina durch origenistisch
gesinnte Mönchsgruppen noch einer zusätzlichen
innenpolitisch-religiösen Kriegsfront gegenüberzustehen,
diese Gründe gaben
das politische Motiv zur Beseitigung des Wissens
um die Reinkarnation.
Ein weiteres
Motiv gab Justinians ehrgeizige
und herrschsüchtige Frau
Theodora.
Sie war (nach Procopius) die Tochter eines Bärenwärters
im Amphitheater von Byzanz gewesen. Ihren kometenhaften
Aufstieg zur Herrscherin des Reiches begann
sie als Kurtisane. Um mit ihrer schändlichen
Vergangenheit ganz zu brechen, ließ sie
später als sittenstrenge Kaiserin 500 ihrer
ehemaligen Berufsgenossinnen mißhandeln
und martern.
Da
sie nach den Gesetzen des Karma (die Origenes
in seinen Schriften De principiis
und Contra Celsum unmißverständlich
bejaht hatte) in einem späteren Leben für
diese Greueltaten hätte büßen
müssen, wirkte
sie nun beim Kaiser darauf hin, die Wiedergeburtslehre
einfach abzuschaffen. Von der Wirksamkeit dieser
Aufhebung durch einen göttlichen
Beschluß muß sie ganz und
gar überzeugt gewesen sein.
Aus welchen
fragwürdigen Motiven auch immer
Tatsache ist, daß
an der Synode der Ostkirche im Jahre
543 Origenes Lehren
verdammt wurden. Die
Bannflüche wurden daraufhin unter dem unnachgiebigen
Druck Kaiser Justinians von sämtlichen
Patriarchen unterzeichnet, einschließlich
Papst Vigilius, der 544 eigens
zu diesem Zwecke fast gewaltsam nach Konstantinopel
gebracht wurde.
Mit ihrer Unterzeichnung
reihte die Kirche den bedeutendsten und herausragendsten
Theologen des frühen Christentums, Origenes,
aus rein weltlichen Gründen unter die ketzerischen
Irrlehrer. Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß
in der Folge in den kirchlichen Dokumenten aufs
neue alles entfernt oder verändert wurde,
was gegen diese dogmatischen Lehrsätze
sprach. Die heutige Geschichtsforschung muß
sich also auf Stellen stützen, die offenbar
übersehen wurden.
Der Reinkarnationsglaube
ist nicht unchristlich!
Der dubiose
Bannfluch Kaiser Justinians 300 Jahre nach Origenes
Tod ist von der Kirche bis heute offiziell nicht
revidiert worden. Im Gegenteil: Die Überzeugung,
der Fluch sei ein Teil der gültigen Konzilsbeschlüsse,
setzte sich trotz aller Ungereimtheiten im Laufe
der Jahrhunderte allmählich im Denken der
Kirche fest. Dennoch bleibt es eine Tatsache,
daß das vermeintliche Verbot der Reinkarnationslehre,
wenn wir es genauer betrachten, nichts weiter
ist als ein Geschichtsirrtum ohne jede ökumenische
Gültigkeit.
Oder anders
gesagt: Es ist den Christen nicht offiziell
verboten, an Reinkarnation zu glauben!
Die Reinkarnationslehre ist dem Christentum
durchaus nicht fremd, wohl aber dem Kirchentum...
Denn später
wurde die Reinkarnationslehre von der Kirche
im Konzil zu Lyon (1274) und im Konzil zu Florenz
(1439) erneut aufs schärfste verurteilt.
Daraufhin wurden die Anhänger dieser Lehre
unerbittlich verfolgt und oft sogar hingerichtet.
Das in diesem Zusammenhang wohl berühmteste
Beispiel ist der bereits in Kapitel 5 erwähnte
italienische Gelehrte und ehemalige Dominikanermönch
Giordano Bruno (15481600).
Für sein
philosophisches Bekenntnis zur Lehre der Seelenwanderung
brachte man ihn im Jahre 1592 vor das christliche
Inquisitionsgericht, das ihn nach langer Gefangenschaft
schließlich zum Feuertod verurteilte.
Am 17. Februar 1600 wurde er auf dem Campo dei
Fiori in Rom öffentlich auf dem Scheiterhaufen
verbrannt.
Als Gründe
für diese Praxis wurden angegeben, daß
der Reinkarnationsgedanke im Widerspruch zu
verschiedenen christlichen Dogmen der Eschatologie
(Lehre von den letzten Dingen) stünde,
so zum Beispiel zum Dogma der Auferstehung des
Leibes oder zur Grundlehre, daß sich in
diesem einen Leben das Heil oder Unheil des
Menschen entscheide und daß die Seele
unmittelbar nach diesem einen Erdenleben in
den ewigen Himmel oder in die ewige Hölle
gehe. Außerdem beinhalte sie von der Kirche
verurteilte Meinungen wie die der anima separata
(vom Leib unabhängige Seele) oder der Präexistenz
der Seele.
|
Das große Wissen der Hellenen und der alten
Weisen über die Zusammenhänge von Natur,
Mensch und Kosmos wurde ignoriert. Dahin war die Kenntnis
über die Stufenleiter, auf der sich die Wesen
und besonders der Mensch entwickeln. Die zentrale
Stellung der Bäume, besonders der Fruchtbäume,
und der Wälder wurde systematisch ausgerottet.
Die natürlich religiöse Beziehung des Menschen
zur Natur wurde unterdrückt und stattdessen wurden
steinerne Gotteshäuser errichtet, in denen dem
Menschen befohlen wurde, Gott anzubeten.
Der christliche Mensch
maßte sich an, das Zentrum und der Sinn des
Universums zu sein. Außer ihm gab es nur Gott.
Nach der Renaissance erfolgte langsam wieder eine
Rückbesinnung auf das Ganze. Nachdem Jahrhunderte
lang Ethik und echte Religiosität durch Gemeinplätze
und Vorurteile verdunkelt worden waren, traute man
sich wieder, von Plutarch und Porphyrios zu sprechen,
obwohl sich die Menschheit jenem Naturgesetz und jener
Philosophie unter der theologischen Herrschaft völlig
entfremdet hatte. Erst als sich die neuzeitlichen
Philosophen von der Kirche trennten, konnte man langsam
wieder das logische Denken entwickeln. Voltaire schreibt:
"Man muss bis auf den gottesfürchtigen Porphyrios
und auf die warmherzigen Pythagoräer zurückgehen,
um jemanden zu finden, der uns wegen unserer blutigen
Gefräßigkeit beschämt. Unter uns findet
man keinen Morallehrer, keinen unter unseren geschwätzigen
Predigern, der einen Einwand erheben würde gegen
diese schändliche, uns zur Natur gewordenen Gewohnheit.
Weder unter den Mönchen noch beim Konzil in Trient,
weder auf unseren geistlichen Synoden noch auf unseren
Akademien ist es einem in den Sinn gekommen, diese
universale Schlächterei ein Übel zu nennen."
In seinem Philosophischen
Wörterbuch erwähnt Voltaire, dass zu seiner
Zeit die beste Gemeinschaft
der Welt in Ephrata, Pennsylvania in den USA, existierte,
weil diese Menschen dort zusammen mit ihrem Gründer,
Konrad Beißel, die blutige Nahrung
überwunden hätten. Um aber so leben zu können,
darum musste eben diese Gruppe edler Deutscher aus
dem christlichen Europa in das freiheitlichere Amerika
auswandern.
Die Gleichgültigkeit
gegenüber einem so wichtigen Thema, wie es Voltaire
anschneidet, erklärt sich aus der Macht der Gewohnheit,
aus den überlieferten Vorurteilen, aus der anerzogenen
Lebensweise und aus der Unfähigkeit, logisch
zu denken als Folge der herkömmlichen, verderbten
Ernährungsweise. Sehr treffend äußert
sich der englische Schriftsteller
und Verleger, George
Nicholson (1760 -
1825), in seinem Buch über die "Ursprüngliche
Diät": "Schwer sind die tief
verwurzelten Vorurteile durch Vernunft zu widerlegen.
Sie stützen sich auf gangbare Meinungen und werden
allgemein gebilligt." Sinngemäß fährt
er fort: "Große Denker sind sich der moralischen
Erstarrung unserer Welt bewusst"; sie wissen
aber auch, dass ihre Bemühungen verfrüht
sind. Das ist die Größe der Denker: sich
zu mühen im Wissen, dass alles noch umsonst ist.
"Auf diese Weise wandelt denn das Menschengeschlecht
durch seine dunkle Komödie, ohne zu ahnen, dass
es selber die Finsternis verschuldete. Unter allem
Geschwätz und Geschreibe über Sozial- und
Moralwissenschaft übersah man den aus der alten
Welt überkommenen und noch bestehenden Barbarismus,
auf den ein erleuchteteres Geschlecht einst mit Erstaunen
und Abscheu zurückblicken wird."
(Robert
Springer, Seite III)
Noch beschäftigen sich heutzutage die
materialistischen Forscher auf dem Gebiet der Philosophie
nur mit sinnlosen Spekulationen und Doktrinen. Die
Übersetzer der griechischen und lateinischen
Schriftsteller haben Plutarchs "Ethik" und
"Apoché Enthaltsamkeit" von Porphyrios
praktisch nicht beachtet. Die neuen Interpreten und
Lobredner der Kirchenväter sind blind für
ihre Diätlehren. Die Reformideen der Neuplatoniker
werden einer "irregeleiteten Askese" zugeschrieben.
Über Plutarch's
Schrift "De Esu carnium", die erst 1797
in deutsch erschien, meinte Prof.
Kaltwasser, sie sei
eine bloße "Übungsdeklamation".
Er konnte sich nicht vorstellen, dass Plutarch so
lebte, wie er schrieb.
In den ersten größeren
philosophischen und kulturhistorischen Schriften von
Eduard Erdmann, Ludwig Noack, Eduard Zeller, spricht
man viel über die abstrakten Prinzipien der Stoiker,
über die Immaterialität der Gottheit, über
die Einheit und die Zweiheit, über die Zahlenverhältnisse
des Pythagoras, über die Progression der Vielheit,
über Platons Weltseele, über die Theurgie
des Jamblichus und über die Begriffe der Enneaden
bei Plotin. Aber diese Forscher merken nicht, dass
das alles in einem wesentlichen Zusammenhang mit dem
Urgesetz der natürlichen Ernährung steht.
Die Philosophen erstrebten die Wiedergeburt der Menschheit
durch die Rückkehr zur naturgemäßen
Diät.
Autoren wie Röth
meinen, die alten Philosophen wollten durch die blutlose
Kost die Gottheit verehren. Sie übersehen dabei,
dass es sich hier um eine Läuterung für
das hiesige und für das nach-irdische Leben handelte.
Apollonius von Tyana hat genau die Reinigungsriten
und Reinigungsmittel beschrieben.
Begreiflich ist es,
dass alle diese Forscher jene Idee, die nicht in den
Rahmen ihrer Fachgelehrsamkeit passte, in ihrer wissenschaftlichen
Erörterung genauso wenig beachteten wie bei Tisch.
Die Sache der unblutigen Nahrung erklärten sie
zur Absonderlichkeit der Philosophen. Vierzig
Jahre lang hat der Franzose
Jean Antoine Gleïzès als
erster die Philosophen unter dem hier angesprochenen
Gesichtspunkt studiert. Sein monumentales Werk "Thalysia"
(Fruchtopfer), erschien im Jahre 1840,
auf deutsch 1872. Richard
Wagner wurde von ihm entscheidend inspiriert.
"Enkarpa" (eine Girlande
von Früchten) nennt
Robert Springer
jene Kulturidee der
Früchte-Diät von Pythagoras bis Platon,
"die sich wie ein duftiges Gewinde über
den blutgetränkten Boden der Geschichte hinwegzieht
und sich um die Altäre zahlreicher Tempel schlingt."
Diese Idee kann die
ganze Kulturgeschichte neu beleuchten. Sie kann als
Leitfaden der Erneuerung der Menschheit dienen.
"Die Apoche" (Enthaltsamkeit
vom Blutigen) von Porphyrius
beweist, dass es bei den Nichtchristen Philosophen
der erhabensten Redlichkeit gab." (Voltaire)
Herder
schreibt: "Unsägliche Wirkungen hat die
stoische Philosophie, der Epikureismus, der Platonismus
und der Pythagorismus hervorgebracht und wird sie
hervorbringen, wenn auch unter neuen Namen, mit anderen
Modifikationen und Formen. Je reiner die Gedanken
der Menschen sind, desto mehr stimmen sie zusammen;
die wahre unsichtbare Kirche durch alle Zeiten, durch
alle Länder ist nur eine." (Briefe zur Beförderung
der Humanität I.1)
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