Plutarch (etwa 45
- 125) Er lehrte zur Amtszeit von Trajan Philosophie
in Rom und war hochan-gesehen.
Zu jener Zeit ging die klassische Epoche der römischen
Literatur, die unter dem Konsulat von Cicera begonnen
hatte, zu Ende und es begann eine neue Epoche, in
der die griechische Sprache und Literatur ihren Rang
behauptete und immer mehr an Einfluss gewann. Es war
wie eine Nachblüte der griechischen Geistesbildung,
die sich in der Philosophie und der Redekunst ausprägte.
Unter der großen Menge der Schriftsteller aus
dieser Periode ragt Plutarch heraus. Dieser geniale
Schriftsteller von hohem und edlem Charakter legte
in seinen Schriften besonderes Gewicht auf Ethik.
Plutarch soll etwa
300 Schriften verfasst haben, die zum Teil philosophisch
bzw. mehr historisch ausgerichtet waren. Es sind uns
nur 125 davon erhalten geblieben. In diesen Schriften
finden sich viele Stellen, die an die Ethik des Pythagoras
anknüpfen. Ich zitiere aus den diätetischen
Vorschriften, einem Gespräch zwischen Moschion
und Zeuxippus:
Es wurde davon gesprochen,
dass die einfachste Kost immer die gesundeste sei
(Man müsse sich vor allem vor Überfüllung,
Betäubung und Genusssucht hüten, wenn ein
Fest, eine Bewirtung der Freunde, ein Gastmahl bei
einem König oder einem Adeligen oder sonst ein
Festmahl bevorstünde. Dann müsse man seinen
Körper geradezu auf einen bevorstehenden Sturm
vorbereiten, denn es sei schwer, sich bei solchen
Festlichkeiten in den gewöhnlichen Grenzen zu
halten, ohne unhöflich bei allen aufzufallen.
Damit sich aber nicht Feuer auf Feuer, Überfüllung
auf Überfüllung und Wein auf Wein häufe,
müsse man jenen feinen Scherz des mazedonischen
Königs Philipp nachahmen, der bei einem üppigen
Gastmahl, das ihm zu Ehren bereitet wurde, seinen
Freunden insgeheim sagen ließ, ein jeder sollte
ein Plätzchen für den Kuchen übrig
lassen. Alle erwarteten den Kuchen und hielten sich
von den anderen Speisen etwas zurück.
Plutarch
Er wurde 39 nach Chr.
Geb. zu Chäronea in Böotien geboren. Unter
Trajan's Regierung lehrte er in Rom Philosophie und
bekleidete mehrere bürgerliche Ehrenämter.
Die klassische Zeit der römischen Literatur,
die eigentlich unter dem Konsulat des Cicero begonnen
hatte, neigte sich ihrem Ende zu und es begann die
Zeit, wo griechische Sprache und Literatur ihre Überlegenheit
behaupteten und eine immer weitere Herrschaft in der
geistigen Welt gewannen; eine neue Nachblüte
der griechischen Geistesbildung, die ihre Wurzel vorzugsweise
in Philosophie und Redekunst befestigte. Unter der
großen Menge von Schriftstellern aus dieser
Periode ragte Plutarch hervor, ein genialer Schriftsteller,
der sich den moralischen Reichtum des klassischen
Altertums zu eigen gemacht hatte und namentlich in
seinen Biografien einen Schatz von Wissen, einen großen
streng sittlichen Gehalt entfaltete und den redlichsten
Charakter offenbarte.
Er soll gegen 300
teils philosophische, teils historische Schriften
verfasst haben, wovon 125 erhalten geblieben sind.
In seinen philosophischen
und moralischen Schriften finden sich viel Stellen,
welche Anklänge an die Ethik des Pythagoras enthalten
und namentlich auf die unmenschenwürdige Diät
hinweisen. Wir zitieren viele Namen durch Plutarch.
Die von Porphyrius sind verloren.
In den diätetischen Vorschriften, einem Gespräch
zwischen Moschion
und
Zeurippus (Ethica (Moralia) ed. Wyttenbach,
Oxford 1795-1801. lib. XI.):
Es wurde davon gesprochen,
dass die einfachste Kost immer die gesündeste
sei; man müsse sich besonders vor Überfüllung
und Genusssucht hüten, wenn ein Fest, eine Bewirtung
der Freunde, ein Gastmahl bei einem König oder
Vornehmen oder sonst ein unvermeidlicher Schmaus bevorstehe;
man müsse alsdann seinen Körper gleichsam
bei gutem Wetter auf den bevorstehenden Sturm zuschicken
und erleichtern. Denn es sei schwer, sich bei solchen
Gastmahlen und Schmausereien in den gewöhnlichen
Schranken zu halten, ohne durch Unhöflichkeit
allen lästig und beschwerlich zu werden.
Damit sich also nicht
Feuer auf Feuer, Überfüllung auf Überfüllung
und Wein auf Wein häufe, müsse man jenen
feinen Scherz des macedonischen Königs Philipp
nachahmen, welcher bei einem schwelgerischen Gastmahl,
welches ihm bereitet wurde, seinen Freunden insgeheim
sagen ließ, ein Jeder möchte ein Plätzchen
für den Kuchen übrig lassen. Sie taten dies
und schonten der aufgetragenen Speisen, in Erwartung
des Kuchens; und so war das Mahl für alle hinreichend.
Sokrates
hatte zuerst gemahnt, sich vor Speisen und Getränken
zu hüten, die uns reizen, ohne Hunger zu essen
und ohne Durst zu trinken. Er
untersagte den Gebrauch derselben aber nicht geradezu
sondern lehrte, man müsse sich nur im Notfalle
dazu verstehen, gleich den Staatsmännern,
welche die zu Schauspielen bestimmten Gelder zu Kriegszwecken
verwenden.
Denn eine Speise von angenehmer Beschaffenheit darf
nur in so weit genossen werden, als sie einen Teil
der wirklichen Nahrung ausmacht. Man muss das Angenehme
essen, wenn man nach dem Notwendigen hungert, aber
nicht die Esslust nach einzelnen Dingen besonders
erwecken, wenn das gemeine Bedürfnis schon gestillt
ist. So wie das Tanzen für Sokrates eine angenehme
Leibesübung war, so gereicht auch der Nachtisch
denjenigen nicht zu Schaden, der ihn zur ordentlichen
Mahlzeit macht.
Wenn seltene und köstliche
Speisen aufgetragen werden, muss man eher eine Ehre
in der Enthaltung als im Genusse suchen und deuten
wie Simonides, welcher sagte, das Schweigen habe ihn
niemals gereuet, wohl aber oft das Reden. So wird
es auch uns nicht gereuen, ein Gericht auszuschlagen,
oder statt des salernischen Weins (Kampanien Horaz)
Wasser zu trinken; Wohl wird uns aber das Gegenteil
gereuen.
Indessen darf man
nicht bloß der Natur keine Gewalt antun, sondern
muss auch, wenn man einmal dergleichen aus Not genießt,
die Esslust immer wieder auf
einfache Speisen richten, um der Gewohnheit und Übung
willen.
Überzeugt, dass Schwelgerei und Üppigkeit
vorzugsweise Empörungen und Unterdrückungen
in den Staaten veranlassen, gab Krates, der Schüler
des Diogenes, die scherzhafte Ermahnung: "Ziehe
den Linsen nicht die leckeren Gerichte vor, damit
du uns nicht in Aufruhr verwickelst." Ebenso
muss jeder sich selbst ermahnen, den Linsen nicht
leckere Speisen vorzuziehen, noch der Fische wegen
Kresse und Oliven zu verschmähen, damit man dem
Körper nicht Empörung und Unruhe verursache.
Denn einfache Speisen erhalten die Esslust immer in
den Schranken der Natur - die Künsteleien der
Küche und Zuckerbäcker dagegen, diese arglistigen
Gerichte und Gebäcke vermehren das Vergnügen
ohne wirklichen Nutzen. Ich
begreife nicht, wie man diejenigen Weiber hasst, welche
gegen ihre Männer Liebestränke und Zaubermittel
gebrauchen und doch zugibt, dass Mietlinge und Sklaven
unsere Speisen verzaubern und vergiften.
Den Athenern warf
Demades vor, dass sie
immer zur Unzeit kriegerisch wären und nach einer
erlittenen Niederlage nur in schwarzen Kleidern Frieden
schlössen. Ebenso denken auch wir nicht eher
an eine mäßige und eingeschränkte
Lebensweise, als bis wir uns von den Ärzten müssen
brennen und bepflastern lassen. Auch alsdann suchen
wir noch unsere Vergehen so viel wie möglich
zu bemänteln und schieben, wie der Pöbel,
die Schuld nicht auf die Unmäßigkeit und
Leckerhaftigkeit, sondern auf die Luft, aber auf die
ungesunde Gegend oder auf Landseuchen.
Für einen gesunden
Körper schicken sich keine heftige, widerspenstigen
und tobenden Begieren. Daher muss man einer ausschweifenden
lüsternen Begierde widerstehen und ihr Klagen
und drängen für lächerlich und kindisch
halten. Man bedenke, dass die Esslust gestillt sein
werde, sobald das Essen abgetragen worden ist, und
dass die Begierde dann gelassen und ruhig den folgenden
Tag erwarten wird.
Timotheus
sagte, nachdem er beim Plato in der Akademie einem
philosophischen und mäßigen Gastmahl beigewohnt
hatte: "Wer beim Plato speist, der hat auch noch
am andere Tage Lust, zu essen." Und von Alexander
erzählt man, als die Königin Uda von Carien
ihm Köche zugesandt, hätte er dieselben
mit den Worten zurückgeschickt: er führe
weit bessere Köche mit sich, für das Mittagsmahl
den nächtlichen Marsch, für das Abendessen
die dürftige Mittagsmahlzeit.
Allerdings können
die Menschen auch durch Übermüdung, Erhitzung
und Erkältung in Fieber verfallen. Allein wie
der schwache Geruch der Blumen stärker wird,
wenn man ihn mit Öl versetzt, ebenso gibt auch
der Überfluss an Säften den äußerlichen
Ursachen den Stoff: ohne diesen wäre nichts Schlimmes
zu befürchten, sondern die äußerlichen
Ursachen lassen sich gar leicht heben und zerteilen,
begünstigt durch ein verdünntes Blut und
einen freien Atem, welcher der Bewegung zu Statten
kommt. Die überflüssige Menge von Säften
aber pflegt, wie ein aufgerührter Schlamm, alles
zu verunreinigen, zu verschlimmern und die Kur zu
erschweren. Deshalb darf man den Leib nicht erst überladen
und beschweren und alsdann wieder reinigen und ausspülen
- so wie eifrige Schiffer aus Geiz zu viele Ladung
in das Schiff nehmen, und nachher unaufhörlich
das Gewässer auspumpen müssen - sondern
man muss seinen Leib beständig in einem solchen
Zustande halten, dass er sich wie Kork, vermöge
seiner Leichtigkeit wieder emporheben kann, falls
er ja einmal niedergedrückt wird.
Hauptsächlich
hüte man sich vor der Unverdaulichkeit, welche
vom Fleische herrührt, weil sie nicht bloß
anfangs Beschwerden verursacht, sondern auch sehr
üble Folgen zurücklässt. Am besten
wäre es freilich, seinen Körper zu gewöhnen,
dass er des Fleisches gar nicht bedarf. Die Erde bringt
ja tausenderlei nicht bloß nahrhafte, sondern
auch angenehme Dinge hervor, die man teils auf der
Stelle ohne weitere Mühe genießen, teils
auch durch Vermischung und mannigfaltige Zubereitung
noch angenehmer machen kann.
Die
Arzneien richten im Unterleib nichts als Zerrüttung
an, verderben und lösen alles Vorhandene auf
und erzeugen dadurch mehr schlechte Säfte als
sie austreiben. Wer aus Verdruss über
das griechische Gesindel, unter dem er lebt, die Stadt
mit lauter Arabern und Leuten bevölkern wollte,
der würde sehr lächerlich handeln; aber
ebenso lächerlich handelt Derjenige, welcher
sich, um den Körper zu reinigen, purgierende
Körner und Kräuter und andere naturwidrige
Arzneien, die eher selber einer Reinigung bedürfen,
mit Gewalt einzwingt.
Vom Kaiser
Tiberius wird erzählt, er habe einst
gesagt: "Ein Mann, der über sechzig Jahre
alt ist und sich noch vom Arzte den Puls fühlen
lässt, macht sich lächerlich." Dies
mag zu weit gegangen sein, aber das bleibt ausgemacht,
dass ein Jeder Kenntnis haben müsse von der Beschaffenheit
seines Pulses, von der Mischung der Wärme und
Trockenheit in seinem Körper und von den Dingen,
die ihm nützlich oder schädlich sind. Denn
demjenigen würde alle Selbstkenntnis abgehen
und er wohnte taub und blind in seinem Körper,
der dieses erst von Anderen erfahren und den Arzt
befragen wollte, ob er im Winter oder im Sommer gesunder
sei; ob Feuchtes oder Trockenes besser zusage; ob
er einen schnellen oder langsamen Puls habe. Solche
Kenntnis ist nicht bloß nützlich, sondern
auch leicht, denn man kann beständig Erfahrung
machen oder darauf achten. Man muss wissen, unter
den Speisen die nützlichen vor den schmackhafteren
zu wählen, was dem Magen nützlich und was
ihm schädlich ist, was die Verdauung nicht stört
und was bloß zum Gaumenkitzel dient. Wenn man
den Arzt fragt, was leicht oder schwer zu verdauen
ist, was den Magen stärkt oder verderbt, so ist
dies ebenso schimpflich, als ihn zu fragen, was süß,
bitter oder sauer sei.
Die
Lebensart, für die wir die innere und äußere
Freiheit ernten
In
der Schilderung des Gastmahls der sieben Weisen
(Ethica, lib.
XIII.)
setzt Plutarch diese diätetischen Lehren
noch weiter fort:
Sie scherzten
bei Tafel miteinander. Indessen bemerkte ich,
dass die Mahlzeit viel einfacher als gewöhnlich
war und ersah daraus, dass die Bewirtung weiser
und biederer Männer keineswegs einen
größeren, sondern vielmehr einen
geringeren Aufwand erfordere und alle Verschwendung
an künstlichen Gerichten, ausländischen
Leckerbissen und künstlichen Weinen überflüssig
mache. Vormals pflegte Beriander
sich solcher Verschwendung wegen seiner Reichtümer
und Würden täglich zu bedienen,
jetzt aber sucht er vor diesen Männern
eine Ehre in einem mäßigen und
geringen Aufwand. Ebenso machte er es auch
mit seiner Gemahlin, die ihren gewöhnlichen
Schmuck hatte ablegen müssen und in einer
ganz einfachen, sittsamen Kleidung erschienen
war.
Ich lobe den
Epimedes, sagte Thales im Scherz, dass
er sich nicht erst die Mühe machen will,
sein Essen zu mahlen und zu kochen,
wie Pittalus tuet. Hesiod ist es, der dem
Epimedes zuerst die Anweisung zu solcher Speise
gab, versetzte Solon, indem er ihn aufforderte,
zu untersuchen, welchen Nutzen die Malven
und Asphodillen gewähren (Hesiod, Werke
und Tage, B. 41.), womit er wahrscheinlich
sagen wollte, dass man der gefährlichen
Schiffahrt und der mühsamen Feldarbeit
überhoben sei, wenn man sich mit solcher
einfachen Kost begnügte.
Meinst du, sagte Periander, Hesiod hätte
dies sagen und nicht vielmehr uns die einfachsten
und gesündesten Speisen empfehlen wollen,
wie er ja bei jeder Gelegenheit die Sparsamkeit
erhebt? Die Malve ist angenehm zu essen und
der Stengel der Asphodillen ist süß:
jene Speise, oder vielmehr Arznei, wird dagegen,
wie ich höre, aus Honig, ausländischem
Käse und vielerlei seltenen Samen bereitet.
Würde, mit Hesiod zu reden, wohl die
Arbeit der Ochsen und Last tragenden Männer
rasten dürfen, wenn man alle diese Sachen
zu unserer Nahrung anschaffen müsste?
Es wundert mich sehr,
mein Solon, dass dein Gastfreund, als er seine
große Weihe in Delos empfing, nicht
bemerkte, dass daselbst die Proben der ältesten
Nahrung zum Denkmal in den Tempel gebracht
wurden und unter anderem auch Malven und Asphodillenstengel.
Diese rühmt Hesiod auch ohne Zweifel
deswegen, weil sie einfach und gewöhnlich
sind. - Nicht allein deswegen, sagte Anacharsis,
sondern auch weil beide als die Gesundheiten
unter allen Kräutern gerühmt werden.
|
In den Marimen (Ethica. Lib. XVI u. XVII.) von Königen
und Feldherren und in den lakonischen Marimen führt
Plutarch berühmte Muster von einfach und naturgemäßer
Lebensweise auf.
Der ältere Cato
sagte einst, als er öffentlich über Verschwendung
und Üppigkeit redete: "Wie schwer ist es,
zum Bauche zu reden, der keine Ohren hat!"
Agesilans
sagte zu einem, der sich über seine und der Lacedämonier
Mäßigkeit in Kost und Kleidung wunderte:
Für
diese Lebensart, o Fremdling, ernten wir die Freiheit."
Jemand wollte ihn
überreden, von dieser Strenge abzulassen, da
er ja nicht wissen könne, ob das Schicksal
ihm immer Gelegenheit dazu geben würde. Er
versetzte: "Ich gewöhne mich so, damit
ich in keiner Veränderung eine Veränderung
suche."
Auch im Alter setzte
er diese Lebensweise fort. Als man ihn einst fragte,
weshalb er als Greis bei strengem Winter ohne Unterkleid
ausginge, sprach er: "Damit die Jüngeren
nachahmen, wozu ihnen die Ältesten und Könige
ein Beispiel geben."
Die Bewohner der
Insel Thasus bei Thracien schickten ihm, als er
durch ihr Land kam, Mehl, Gänse, Früchte,
Honigkuchen und viele andere Speisen und köstliche
Getränke. Er nahm aber von allem nur das Mehl
und befahl den Überbringern, das Übrige
zurückzunehmen, da es ihm unnütz wäre.
Als die Abgeordneten ihn inständig baten, es
anzunehmen, so ließ er es unter die Zeloten
verteilen und gab als Grund an:
"Männer,
welche sich großer Taten befleißigten,
dürfen solches Naschwerk nicht annehmen.
Was für Sklaven eine Lockspeise ist,
das schickt sich nicht für Freie."
Die Mahlzeiten der
lacedämonischen Jünglinge waren sehr karg,
denn sie sollten (nur?) ihren Hunger befriedigen
und dadurch kühn und verschlagen werden; überdies
wollte man sie auch gewöhnen, sich niemals
zu überladen und im Notfall nur brauchbarer
sein, wenn sie Beschwerden ertragen könnten,
sondern sie würden auch mäßiger
und enthaltsamer sein, wenn sie lernten, mit Wenigem
lange auszukommen. Auch sollten sie mit der ersten
besten Speise vorlieb nehmen, wenn sie keine Zukost
hätten. Durch eine solche
Lebensart, glaubte man, würde nicht bloß
der Körper sich gesund erhalten, sondern auch
einen schlanken Wuchs bekommen, indem der Atem,
da er nicht durch übermäßige Speise
in die Breite und Tiefe gedrückt werde, den
Körper in die Höhe treibe und ihm ein
schönes Ansehen gäbe. Denn eine
schlanke, schmächtige Leibesbeschaffenheit
befördert viel eher die Ausbildung der Glieder
als eine dicke, fleischige, welche derselben durch
ihre Schwere widersteht.
In den Tischreden von Plutarch findet sich ein Gespräch
zwischen Ulysses, Kirke und Gryllus, worin nachgewiesen
wird, dass die Tiere Vernunft haben. (griechische
Fußnote auf Seite 239)
Gryllus bewegt den
Ulysses, einzugestehen, dass die Seelen der Tiere
zu Tugenden geeignet sind (insofern sie dieselben
ohne Unterricht vollbringen), so die Natur die Saat
aus einem unbebauten Feld aufwachsen lässt und
dass sie die Tugenden sogar in höherem Maß
besitzen als die weisesten unter den Menschen. Gryllus
zeigt ferner, dass die Natur den Tieren, nicht aber
den Menschen, Mut und Herzlichkeit verliehen habe;
dass sie ferner durch ihre Begierden der Natur keine
Gewalt antun, wie es bei den Menschen häufig
vorkomme, dass überhaupt der Abstand von einem
Tier zum anderen nicht so groß sei, wie sich
die Menschen untereinander an Geist, Vernunft und
Gedächtnis unterscheiden. Zum Schluss macht Gryllus
auch die Folgerung: "Wie ein Baum nicht mehr
und nicht weniger leblos ist als die anderen, sondern
alle an Empfindlichkeit gleich sind, weil alle eine
Seele haben; ebenso müsste auch unter den Tieren
keines dümmer und ungelehriger sein als die anderen,
da alle mit Verstand und Vernunft begabt wären,
nur das eine mehr, das andere weniger."
Im 8. Buch der Tischreden
wird über die Pythagorischen Symbole gesprochen
und weshalb die Pythagoäer sich der Fische enthielten.
Es lasse sich schwer nachweisen, meinte Lucius, dass
Pythagoras ein Etrurier gewesen sei; so viel aber
sei sicher, dass er lange Zeit mit den ägyptischen
Weisen Verkehr gehabt und vieles von ihnen angenommen
habe, wie die priesterlichen Reinigungen. Dazu gehöre
auch die Ablehnung der Bohnen. Denn Herodot erzähle
(2. Buch, Kap. 37), dass die Ägypter weder säen
noch ernten. So wissen wir auch - fuhr er fort, dass
die Priester sich noch heute der Fische enthalten
und, der Reinigung halber, auch den Gebrauch des Salzes
vermeiden und keine Speise anrühren, die mit
Meersalz vermischt ist.
Plutarch
fügt hinzu:
Man ersieht aus den Schriften der Alten und
aus ihren Opfern, dass sie nicht nur das Essen sondern
auch das Schlachten eines Tieres, das keinen Schaden
anrichtet, als eine sündhafte und gottlose Handlung
betrachten. Da sie aber durch die zunehmende Menge
der Tiere bedrängt wurden - ihnen auch ein Orakel
aus Delphi die Feldfrüchte zu schützen befahl
- so fingen sie an, den Göttern zu opfern, aber
noch immer mit Furcht und Bangigkeit. Daher brauchten
sie auch von der Opferhandlung die Wörter "handeln"
und "verrichten", weil sie das Schlachten
eines lebendigen Geschöpfes als ein großes
und schweres Geschäft ansahen. Auch noch jetzt
darf ein Tier nicht eher geschlachtet werden, bis
es mit dem Trankopfer begossen, durch ein Nicken mit
dem Kopfe seine Einwilligung gegeben hat. So vorsichtig
hütete man sich vor jeder Art von Ungerechtigkeit.
Das Schlachten wurde anfangs nur aus Notwendigkeit
eingeführt, so kann man es doch jetzt schwer
abschaffen, da man Vergnügen am Fleischessen
gefunden hat.
Anders verhält es sich mit den Seeltieren, da
diese in einem anderen Element als wir leben und unseren
Früchten keinen Schaden anrichten; der Fischfang
sei daher nur ein Werk der Gefräßigkeit.
Die Pythagoreer aber
hätten sich vorzugsweise der Fische enthalten,
weil sie jede Ungerechtigkeit nicht nur gegen Menschen,
sondern auch gegen alle unschädlichen Tiere vermieden.
Im 4. Buch der Tischreden handelt es sich um die Frage,
ob eine vielfache Nahrung besser zu verdauen sei als
eine einfache.
Der
Unterschied der einfachen - und der vielfachen Nahrung
Zu Gunsten der Letzteren spricht Philinus: Philon
sagt uns ja bei jeder Gelegenheit, erstens, dass die
wilden Tiere eine ganz einfache und einförmige
Nahrung genießen und daher viel gesunder sind,
als die Menschen; diejenigen dagegen, welche in Ställen
eingeschlossen gefüttert werden, sind häufigen
Krankheiten ausgesetzt und leiden an Verdauungsbeschwerden,
weil sie eine gemischte und künstlich bereitete
Nahrung erhalten. Zweitens sagt er, noch niemals sei
ein Arzt so verwegen und neuerungssüchtig gewesen,
dass er einem Fieberkranken eine vielfache Nahrung
verordnet habe; in solchen Fällen werden nur
einfache, leicht verdauliche Speisen ohne Fett gestattet.
Jede Speise muss doch durch die Kraft der inneren
Organe verarbeitet werden.
Einfache Farben färben
die eingekochten Stoffe am leichtesten und kräftigsten;
geruchloses Öl schickt sich am besten zur wohlriechenden
Salbe. Ebenso lässt sich auch eine einfache Speise
am leichtesten verdauen. Wenn
aber vielerlei Stoffe, oft von entgegen gesetzter
Beschaffenheit zusammenkommen, so geraten sie in Kampf
und verderben und es geht damit wie mit dem gemischten
und zusammengelaufenen Gesindel in einem Staate: sie
gelangen zu keinem ruhigen, gleichförmigen Zustand,
weil jedes sich mit dem Gleichartigen zu vereinigen
strebt und die Verbindung mit dem Fremdartigen meidet.
Dieser Auseinandersetzung
widerspricht Marlion, indem er bestreitet, dass die
Tiere eine einfachere Nahrung genießen als die
Menschen; von der Diät der Kranken lasse sich
ferner kein Schluss ziehen, denn beim Gesunden werde
die Verdaulichkeit der Speisen durch Körperübung
und andere Umstände gefördert. Unser Körper
bestehe aus verschiedenartigen Bestandteilen und bedürfe
daher auch verschiedenartiger Stoffe, deren Eigenschaften
eben durch die Verdauungskraft umgewandelt werden.
Das Mannigfaltige sei angenehm und das Angenehme lasse
sich auch leicht verdauen, wenn nur das Übermaß
vermieden werde. Marlion schließt mit den Worten:
Solche Dinge hingegen, welche die Esslust nicht reizen,
lassen sich schwer verdauen und treiben sich im Körper
umher. Die Natur verwirft sie entweder ganz oder nimmt
höchstens damit vorlieb, wenn ihr nichts Besseres
geboten wird. Übrigens sind unter Mannigfaltigem
keineswegs jene aus vielerlei Stoffen zusammengesetzte
Pasteten und Brühen zu verstehen, welche ganz
überflüssig und entbehrlich sind. Aber auch
Platon gestattet seinen braven und edlen Bürgern
verschiedene Speisen, indem er ihnen Zwiebeln, Oliven,
Kohl, Käse und allerhand andere Gerichte vorsetzt,
ihnen nicht einmal den Genuss des Zuckergebäcks
untersagt.
Erste
Rede - eine beredte Anklageschrift
gegen das karnivore Menschengeschlecht
Höchst wichtig
sind Plutarch's 2 Abhandlungen über das Fleischessen,
eine beredte Anklageschrift gegen das karnivore Menschengeschlecht,
worin er in ergreifender Rede die barbarischen Greuel
des Schlachthauses und die aus dem Fleischgenusse
entspringenden Übel schildert.
Du fragst
mich, aus welchem Grunde wohl Pythagoras sich
des Fleischessens enthalten habe:
ich dagegen
möchte wohl wissen, welche Leidenschaft,
welche Seelenverfassung oder welcher Grund zuerst
den Menschen verleitet haben möge, Blut
mit dem Mund zu berühren und das Fleisch
eines toten Tieres an seine Lippen zu bringen;
wie er darauf verfiel, Leichname als Zukost
oder Speise auf seine Tafel zu setzen und Glieder
zu verzehren, welche kurz vorher noch brüllten,
schrieen, sich bewegten und sahen; wie er den
Anblick ertrug, das arme Tier schlachten, abhäuten
und zerstückeln zu sehen; wie die Nase
den üblen Geruch davon ertragen konnte
und wie es dem Gaumen nicht vor der Verunreinigung
ekelte, fremde Geschwüre zu berühren
und den Eiter aus tödlichen Wunden zu saugen.
Wenn es heißt:
Ringsum krochen
die Häute, es brüllte das Fleisch
an den Spießen. Rohes zugleich und gebratenes
und laut wie Kindergebrüll scholl's.
(Olyssee, XII. 395)
|
So ist das allerdings nur eine Fabel und Erdichtung.
Aber ein schauerliches Gastmahl muss es doch gewesen
sein, da man nach Tieren hungerte, die noch brüllten;
da man ein Beispiel gab, wie noch lebende und schreiende
Tiere sich verzehren ließen, und anordnete,
wie sie bereitet, gebraten und aufgetragen werden
sollten. Man müsste also nach dem fragen, der
das zuerst anfing, nicht nach dem, der es später
wieder unterließ.
Griechischer Text
Opp. Lips. 1866. V. pag 507, Latein. De Esu Carnium
part 1 u. 2. - Welche Stellung unsere Philologen,
Physiologen und philosophische Kulturhistoriker von
jeher gegen den Lehrsatz gefasst haben, den wir in
dem vorliegenden Werk als Basis der ethischen Fortbldung
des Menschengeschlechts darlegen: das beweist der
Umstand, dass diese beiden Abhandlungen des Plutarch
ganz unbeachtet blieben, 1797 zum ersten Male in's
Deutsche übersetzt erschienen und dass bei dieser
Gelegenheit der Übersetzer, Professor Kaltwasser
sie für eine vermutliche Jugendarbeit und "Übungs-Deklamation"
des Plutarch erklärt, indem darin bewiesen werde,
dass der Mensch sich des Fleisch-Essens gänzlich
enthalten müsse.
Allerdings lässt
sich annehmen, dass die Menschen, die zuerst Fleisch
zu essen wagten, durch Mangel und Not dazu bewogen
wurden. Denn diese Menschen waren noch nicht so sehr
von unerlaubten Begierden beherrscht, lebten auch
nicht in solchen Überfluss, dass sie aus bloßem
Übermut auf jene seltsame und unnatürliche
Lust verfallen wären; sie könnten im Gegenteil,
wenn sie in jetziger Zeit Bewusstsein und Sprache
bekämen, uns zurufen: "O, ihr seligen, beglückten
Menschen, ihr Günstlinge der Götter! In
welchem glücklichen Zeitalter seid ihr geboren!
Welches Überflusses an allen Arten von Gütern
könnt ihr genießen! Wie vieles wächst
euch zu! Welchen Reichtum könnt ihr von den Fluren,
welche Wonne von den Pflanzen ernten! Es ist euch
vergönnt, etwas vom Leben zu haben, ohne euch
zu besudeln; aber unser Leben fiel gerade in die traurigste
und schrecklichste Zeit, wo die Schöpfung noch
neu war und wir mit dem äußersten Elend
und Mangel zu kämpfen hatten.
Noch war der Himmel
durch düstere Luft verborgen, die Sterne noch
mit trüber, undurchdringlicher Feuchtigkeit,
mit Feuer und tobenden Stürmen umhüllt.
Die Sonne hatte noch nicht ihren bestimmten unveränderlichen
Lauf; sie schied weder die Morgenröte von der
Abenddämmerung, noch brachte sie die Wiederkehr
der wechselnden Jahreszeiten, geschmückt mit
fruchtreichen Ährenkränzen. Durch das Austreten
schrankenloser Stürme war die Erde verwüstet,
viele Gegenden waren durch brausende Gewässer
entstellt oder durch Sümpfe, unfruchtbare Gebüsche
und Waldungen verwildert. Man konnte nicht daran denken,
genießbare Früchte zu erzeugen: es gab
keine künstlichen Werkzeuge und Maschinen. Der
Hunger gönnte dazu keine Zeit und wenn selbst
das Säen bekannt gewesen wäre, so ließ
sich doch nicht auf die gewisse Rückkehr der
Jahreszeiten rechnen, welche die Reife zu fördern
hatten. So ist es kein Wunder, wenn wir uns, der Natur
zuwider, des Tierfleisches bedienten, da man sogar
Schlamm aß, Baumrinden benagte und es für
ein großes Glück schätzte, grünes
Gras oder eine saftige Wurzel zu finden. Die Menschen,
welche Eicheln oder Buchenecker zu kosten oder zu
essen fanden, tanzten vor Freude um den Eichenbaum
oder die Buche und nannten den Baum einen Vater des
Lebens und einen Ernährer. Das war das einzige
Fest, welches die Menschen jener Zeiten kannten; alles
Übrige war traurig, unlustig und schmerzensvoll.
Aber welche Wut treibt denn euch zur Mordsucht an,
bei dem jetzigen Überfluss? Warum lügt ihr,
die Erde sei nicht im Stande, euch zu ernähren?
Was bewegt euch, die Gesetzgeberin Gottes so zu beleidigen
und den holden, liebreichen Bacchus so zu beschimpfen,
als bekämet ihr von beiden keine hinlängliche
Nahrung? Schämt ihr euch nicht, die milden, genießbaren
Früchte mit Blut und Mord zu verunreinigen? Ihr
nennt Schlangen, Panther und Löwen grausam, und
mordet doch selber ohne Scheu und stehet ihnen an
Grausamkeit nicht im Mindesten nach. Denn Jene morden,
um sich zu ernähren, ihr aber bloß der
Schwelgerei wegen."
Wir
essen freilich keine Löwen und keine Wölfe,
um uns an ihnen zu rächen. Derartige Tiere lassen
wir in Ruhe: aber die unschädlichen und zahmen,
die weder Stacheln noch Zähne haben, uns zu verletzen,
fangen und töten wir: Tiere, welche die Natur
wirklich nur der Zierde und Schönheit wegen hervorgebracht
zu haben scheint.
Nichts vermag uns
zu rühren, weder die Schönheit der Farben
noch die Anmut der melodischen Stimme, noch die geistige
Fähigkeit, weder die saubere, reine Lebensart
noch die vorzügliche Klugheit der armen Tiere.
Um eines Bissen Fleisch willen rauben wir ihnen Seele,
Sonne, Licht und Leben, zu deren Genuss sie doch geschaffen
und bestimmt sind. Ist ihr Geschrei, ihr Girren, das
wir für eine unverständliche Stimme halten,
nicht eine flehentliche Bitte und eine Mahnung,
welche uns sagt: "Ich habe nichts gegen deine
Bedürfnisse, aber gegen deine Schwelgerei. Töte
mich immerhin, wenn du dich nähren musst, morde
mich aber nicht, um deinen Genuss zu erhöhen!"
Welche Grausamkeit! Es ist schon grässlich, die
Tafel der reichen Leute zu sehen, die von Fleischern
und Köchen mit Leichnamen besetzt wird: aber
noch größeren Abscheu erregt es, die Tafel
wieder abtragen zu sehen. Denn es bleibt immer mehr
übrig, als verzehrt worden ist.
Manche scheuen sogar
das aufgetragene Fleisch, indem sie es nicht aufschneiden
oder zerstücken lassen: der lebenden Tiere aber
wollen sie nicht scheuen
Anmerkung
Regina: in Frankreich
ist es ein beliebter "Fress-Sport" unter
den Reichen, lebenden Affen die Köpfe aufschlagen
zu lassen, um das Gehirn frisch herauszulöffeln |
Die Ausflucht: "Der Mensch sei
von Natur zum Fleischesser bestimmt"
Wir wollen nun die
Ausflucht jener Leute betrachten, welche behaupten,
der Mensch sei von der Natur zum Fleischessen bestimmt.
Dass der Genuss des Fleisches dem Menschen nicht natürlich
ist, zeigt sich schon zuerst in der Einrichtung und
dem Bau seines Körpers. Denn der Leib des Menschen
hat nicht die geringste Ähnlichkeit mit den Tieren,
die zum Fleischessen bestimmt sind. Er ist nicht versehen
mit gebogenem Schnabel, nicht mit scharfen Krallen
und spitzigen Zähnen, nicht mit der Stärke
des Magens und der inneren Wärme, welche die
schweren Fleischspeisen verwandeln und verdauen kann.
Die Glätte der Zähne, die Kleinheit des
Mundes, die Weichheit der Zunge und die schwache Verdauungskraft
beweisen hinlänglich, dass die Natur uns von
vorn herein nicht zu Fleischessern bestimmte. Behauptest
du dennoch, du seist zu solchen Speisen geschaffen,
so töte selber eigenhändig, was du verzehren
willst, aber ohne ein Schlachtmesser, eine Keule oder
ein Beil zu gebrauchen, so wie Wölfe, Bären
und Löwen die Tiere töten, die sie fressen.
Erwürge einmal einen Stier durch einen Biss,
oder zerreiße ein Schwein, ein Lamm, einen Hasen
mit dem Rachen und verzehre, wie jene, deine Beute
noch halb lebend! Wartest du aber, bis das Tier, das
du essen willst, eine Leiche geworden ist, schreckt
dich die noch im Fleisch wohnende Seele zurück,
weshalb isst du dann, der Natur
zuwider, was eine Seele hat?
Aber auch das entseelte
und tote Tier isst niemand so, wie es ist, sondern
es muss erst gesotten, gebraten, durch Feuer und Gewürze
verwandelt und der Mord durch tausenderlei Brühen
versteckt und verwischt werden, damit der getäuschte
Geschmack das Widernatürliche ohne Widerwillen
annehme.
Treffend war die Antwort jenes Lacedämoniers.
Als er sich in einem Wirtshaus einen Fisch kaufte
und der Wirt zur Zubereitung Käse, Essig und
Öl verlangte, rief er aus: Ei, wenn ich das hätte,
so brauchte ich keinen Fisch zu kaufen." Wir
hingegen schweifen in der Mordlust dermaßen
aus, dass wir das Fleisch nur eine Zukost nennen und
alsdann zum Fleisch wieder andere Zukost gebrauchen,
indem wir Öl, Wein, Honig, Salzlake, Essig, syrische
und arabische Gewürze dazu mischen und es wie
einen wirklichen Leichnam einbalsamieren. Das Fleisch,
welches auf diese Weise aufgelöst, erweicht und
gewissermaßen in Fäulnis geraten ist, lässt
sich äußerst schwer verdauen, und selbst
wenn der Magen stark genug ist, es zu bewältigen,
so verursacht es dennoch oft Unverdaulichkeit und
andere unangenehme Beschwerden
O.C 412 + 323 Kyniker, Schüler des Antiochones
455-36? D. Laertios und des tollgewordenen Sokrates?
Diogenes
wagte es,
einen Tintenfisch roh zu verzehren, um die Zubereitung
durch Kochen entbehrlich zu machen. Da viele Priester
und andere Leute herum standen, hüllte er sich
in seinen Mantel, hielt ein Stück Fleisch vor
den Mund und rief: "Seht, um euretwillen setze
ich mich der Gefahr aus!" - Wahrlich, eine rühmliche
Gefahr! Denn der Philosoph wagte sein Leben nicht,
wie Pelopidas für die Freiheit der Thebaner,
nicht um der Athener willen, wie Harmodius und Aristogeiton,
sondern er kämpfte mit einem rohen Tintenfisch,
um das menschliche Leben zu der vorigen Urnatur zurückzuführen.
Das Fleischessen widerstrebt aber nicht bloß
der Natur unseres Körpers, sondern
es macht auch die Seele dumm durch Überladung.
Durch Wein und reichlichen
Fleischgenuss wird zwar
der Körper stark und kräftig, aber
die Seele wird entkräftet; und um mich
nicht mit den Athleten zu verfeinden, will ich unsere
Landsleute als Beispiel anführen. Früher
nannten die Athener uns Böotier dumme und gefühllose
Dickköpfe, vorzugsweise wegen der Gefräßigkeit.
Andere nannten uns böotische Schweine und Menander
hieß uns: die mit den tapferen Kinnbacken. Pindarus
sagt in der 6. Sieges-Hymne: "Auf, treibe deine
Genossen, Aeneas, damit wir der alten Schmähung
entgehen, die uns böotische Eber schimpft."
Eine
dürre Seele ist die weiseste, meint Heraklit:
Leere Fässer klingen, wenn man daran schlägt:
die vollen aber antworten nicht auf die Schläge.
Dünne kupferne Gefäße verbreiten einen
Schall weithin, bis man die Schwingung durch Auflegen
der Hand dämpft. Ein Auge, das mit zu viel Feuchtigkeit
angefüllt ist, wird dunkel und untauglich zum
Sehen. Sehen wir die Sonne durch eine feuchte, mit
dicken Dünsten angefüllte Luft, so erscheint
sie uns, anstatt in reinem Glanz, nur in düsterem,
nebligem und gebrochenem Licht. Durch einen dicken,
übersättigten und mit fremdartiger Nahrung
angefüllten Körper muss auf gleiche Weise
die Heiterkeit, das Licht der Seele, in dem Maß
geschwächt und verdunkelt werden, dass sie alle
Kraft verliert, über seine und schwierige Dinge
richtig zu denken.
Wenn wir aber auch
dieses Alles nicht hervorheben wollen, in Anschlag
bringen wollen, ist nicht die Gewöhnung zur Menschenliebe
etwas herrliches und Bewundernswertes? Denn wer würde
einen Menschen kränken wollen, der mild und liebreich
gesinnt ist gegen fremde Geschöpfe, die mit ihm
in seiner Verbindung stehen? Ich bemerkte schon in
meinem Vortrag über Xenokrates, dass die Athener
einst jemanden bestraften, weil er ein Schaf lebendig
geschunden hatte. Ein lebendiges Tier martern ist
aber in meinen Augen nicht streitbarer, als es zu
töten und des Lebens zu berauben. Wie es aber
scheint, so haben wir nicht Empfindung für das
Gewohnheitsmäßige, als für das Naturwidrige.
Die bisher angeführten
Gründe sind freilich etwas gewöhnlich und
bekannt, aber ich trage Bedenken, in meiner Rede den
geheimnisvollen und erhabenen Ursprung jenes Lehrsatzes
über das Enthalten vom Fleischessen zu berühren,
in der Weise, wie der Steuermann das Schiff im Sturm
bewegt oder wie der Dichter auf dem Theater plötzlich
vermittelst einer Maschine einen Gott erscheinen lässt:
denn dieser Ursprung würde stumpfsinnigen und
- wie Platon sagt - nur auf das Vergängliche
gerichteten Menschen unglaublich erscheinen. Ja
dessen ist es vielleicht nicht ganz überflüssig,
wenn ich mich vorläufig auf jene Stelle des Empedokles
(490-430 - 4 Ehemaliges Werden und Vergehen)
berufe, wo er in Sinnbildern erzählt, dass die
Seelen an sterbliche Körper gefesselt werden,
zur Strafe dafür, dass sie gemordet, Fleisch
gegessen und einander verzehrt haben.
Diese Erklärung
scheint aber weit älter zu sein als Empedokles,
dem die Fabeln von der Zerstückelung des
Bacchus, von den Vergehen, welche die Titanen
an ihm begingen, von ihrer Bestrafung und Zerschmetterung
durch den Blitz, weil sie von seinem Leichnam gegessen
hatten, - dies alles sind nur eine dunkle Anspielung
auf die Wiedergeburt: denn
das Unvernünftige, Ungeordnete und Gewaltsame
in uns, das nicht göttlichen Ursprungs ist, nannten
die Alten "Titanen"
und dies ist es, was gestraft und gezüchtigt
wird.
Zweite
Rede - über das Essen von Tieren
Die Wichtigkeit der
Sache erfordert es, zu der angefangenen Untersuchung
über das Fleischessen mit neuem, frischen
Eifer und Nachdenken zurückzukehren: denn, wie
Cato sagte: es
ist schwer, zu Bäuchen zu reden, die keine Ohren
haben. Wir alle haben aus dem Becher der Gewohnheit
getrunken, der, wie der Weinmost der Circe mit Betrug,
mit Jammer und Weh und Schmerzen gemischt ist (Odyssee
10, 230), und die Angel des Fleischgenusses ist durch
die Lüsternheit so tief eingedrungen und steckt
so fest, dass sie sich nichtleicht herausziehen lässt.
Freilich wäre
es gut, wenn wir, so wie die Ägypter dem Verstorbenen
bei Sonnenschein den Leib aufschneiden und die Eingeweide
als Ursache aller Sünden wegwerfen, uns selber
die Gefräßigkeit und Mordsucht wegschnitten
und künftighin ein reines unschuldiges Leben
führten. Denn der Bauch ist keineswegs der Sitz
der Mordbegierde, sondern wird nur durch unsere Unmäßigkeit
damit verunreinigt. Wenn es jedoch ganz unmöglich
wäre, jene Sünde gänzlich zu vermeiden,
so wollen wir dieselbe wenigstens aus Scham auf eine
vernünftige Art begehen. Wenn wir Fleisch essen,
so geschehe es aus Hunger, nicht aus Völlerei;
wenn wir Tiere töten, so geschehe es mit Bedauern
und einem Gefühl des Mitleids, nicht aus Mitwillen
und unter grausamen Worten, wie es heute vielfach
stattfindet.
Denn Einige stoßen
den Schweinen glühende Bratspieße in die
Gurgel, damit das im Körper verbrei-tete Blut
durch das heiße Eisen gelöscht und das
Fleisch zarter und weicher werde; Andere treten den
trächtigen Säuen, die bald gebären
würden, mit Gewalt auf das Euter, um Blut, Milch
und den Eiter von den getöteten Jungen unter
einander zu mischen und alsdann - welch ein Greuel!
- diese entzündeten Teile des Tieres zu verzehren.
Noch Andere nähen den Kranichen und Schwänen
die Augen zu, sperren die Tiere ein, mästen
sie in der Finsternis und suchen durch Fasten
(für die Tiere) und allerlei gemischte
Kost das Fleisch zu Leckerbissen zu machen. Daraus
ergibt sich deutlich, dass man das Unrecht zu einem
Vergnügen macht, nicht der Nahrung wegen sondern
aus Übermut, Gaumenkitzel und Schwelgerei.
So wie sich die Wollust,
wenn sie sich mit dem natürlichen Genuss nicht
begnügt, alles versucht und zuletzt in die schändlichsten
Ausschweifungen verfällt, so hat auch die Unmäßigkeit
im Essen den natürlichen und notwendigen Zweck
überschritten und die Esslust vermehrt durch
Grausamkeit und Verbrechen. Die Sinneswerkzeuge teilen
einander ihre Krankheit mit und sobald eines aus den
natürlichen Schranken gewichen ist, so werden
auch die anderen leicht zu Ausschweifungen und Vergehen
hingerissen. Auf diese Weise hat ein krankes Gehör
die Musik verdorben und das verweichlichte Gefühl
schändliche Betastungen und Kitzel eingeführt.
Ebenso erfreut sich das Gesicht nicht mehr an kriegerischen
Tänzen oder an künstlichen Gebärden
und Pantomimen, nicht an Bildsäulen und Gemälden,
sondern macht Blut und
Tod von Menschen, Wunden und mörderische Kämpfe
zu einem ergötzlichen Schauspiel.
So folgen auf schwelgerische Tafeln schamlose Vergewaltigungen,
auf schändliche Ausbrüche der Wollust unsittliche
Belustigungen des Gehörs, auf unzüchtige
Gesänge und Unterhaltungen unnatürliche
Schauspiele, und auf die grausame Augenlust endlich
Härte und Gefühllosigkeit gegen andere Menschen.
Aus diesem Grunde
verordnete der göttliche Likurg
(Sparta 11-8, Herodot) in den Gesetzen, dass die Türen
und Decken der Häuser bloß mit Säge
und Beil gearbeitet und keine andern Werkzeuge dazu
gebraucht werden sollen: damit wollte er nicht die
Bohrer, Hobel und andere nützliche Arbeitsgeräte
verbannen, sondern er beabsichtigte, dass durch solche
Türen kein mit Gold ausgelegtes Ruhebett getragen
würde, dass man in ein einfaches Haus nicht silberne
Tische, purpurne Teppiche und kostbare Steine brächte
und dass ein Haus, Bett, Tisch, Becher von schlichter
Art auch zu einem einfachen Abendessen und einem gewöhnlichen
Mittagstisch führen werde. Dem Anfang zur ausschweifenden
Lebensart folgt gar bald die ganze Üppigkeit
und Schwelgerei nach, wie ein säugendes Füllen
der Mutter folgt.
Wo gäbe es jetzt
noch ein kostbares Gastmahl, wobei nicht irgendein
beseeltes Geschöpf ums Leben gebracht würde?
Halten wir denn eine Seele für einen so geringen
und unbedeutenden Aufwand? Ich will nicht sagen, vielleicht
die Seele des Vaters, der Mutter, eines Freundes oder
eines Kindes, wie Empedokles behauptete, aber doch
immer eine Seele, welche Empfindung, Gesicht, Gehör,
Vorstellungskraft und Verstand besitzt, womit die
Natur jedes Tier versehen hat, damit es suche, was
ihm dienlich, und fliehe, was ihm schädlich ist.
Überlege
einmal, welche Philosophen
uns menschlicher und sanftmütiger machen!
Diejenigen, welche
uns lehren, unsere verstorbenen Kinder, Freunde, Eltern
und Gattinnen zu essen; oder vielmehr Pythagoras und
Empedokles, die uns gewöhnen auch gerecht zu
sein gegen Arten von Geschöpfen? Du lachst über
denjenigen, der nicht von einem Schaf essen will;
Jene aber werden sagen: Wir können nicht lachen,
wenn wir sehen, dass einer von seinen verstorbenen
Eltern Stücke abschneidet, sieden abwesenden
Freunden zuschickt und die gegenwärtigen einlädt,
von dem aufgetragenen Fleisch reichlich zu essen!
Wir verständigen
uns vielleicht schon, wenn wir die Schriften jener
Philosophen berühren, ohne unsere Augen, Ohren,
Hände und Füße zu reinigen, es müsste
denn für eine Reinigung gelten, dass man nur
davon spricht und, wie Platon sagt, sich das salzige
Gehör mit süßem Wasser ausspült.
Vergleicht man aber die Schriften und Bücher
miteinander, so ist jenes die Philosophie der Skythen,
der Svadianer und Melanchlaner, von welchen Herodot
(484-424 vor Christus: Skythen: Iranisches Reitervolk
8. Jh. vor Christus zwischen Don und Aman; im 3. Jh.
vor Christus von den Sarmaten verdrängt) erzählt
und an die niemand glaubt; die Lehren des Pythagoras
und des Empedokles hingegen sind Gesetze, Verordnungen
und Sitten der alten Hellenen, welche den Grundsatz
hatten, dass man auch den unvernünftigen Tieren
Pflichten schuldig sei.
Wer sind nun aber
diejenigen, welche späterhin jene andere Lebensart
einführen, welche zuerst zum Schlachten das mordende
Messer geschmiedet, und es wagten zuerst, den pflügenden
Stier zu verzehren?
Gewöhnlich machen die Tyrannen
den Anfang mit ihren Hinrichtungen, wie jene in Athen,
die zuerst den nichtswürdigen Fuchsschwänzer
töten ließen, von dem die Leute sagten:
Es geschieht ihm recht. Dann
folgte der zweite und dritte und endlich wurden Athener
der Sache so gewohnt, dass sie
auch müßig zuschauten, als man Nileratus,
den Sohn des Nilias,
den Feldherrn Theremenes
und den Philosophen Polemarchus
hinrichtete. In
gleicher Weise wurde auch zuerst ein wildes, schädliches
Tier verzehrt,
dann ein Vogel oder Fisch. Die Mordsucht, an diesem
Geschöpf erregt und ausgeübt, ging dann
über auf den arbeitenden Stier, auf das Schaf,
das uns kleidet, und auf den wachsamen Haushahn,
in dieser Art verstärkten die Menschen mehr und
mehr ihre Unersättlichkeit, bis sie endlich gar
zum Kriege schritten, zum Schlachten und Würgen
ihrer Mitmenschen.
Angenommen selbst,
es ließe sich nicht beweisen, dass sich bei
der Wiedergeburt die Seelen der Körper ohne Unterschied
bedienen, dass dasjenige, was jetzt zahm ist, ein
anderes Mal unvernünftig und wild werde und dass
die Natur alles verändere und versetze und die
Seelen mit einem wilden Fleischgewande bekleide, so
müsste es doch uns von dem unmäßigen
Genusse getöteter Tiere abbringen, - schon als
hinreichender Grund gelten, dass derselbe nicht nur
dem Körper Krankheiten und Beschwerden zufügt,
sondern die Seele, die zu ungerechtem Krieg verleitet
wurde, gänzlich verdirbt, - indem wir uns gewöhnen,
ohne Blut und Mord keinen Gastfreund zu bewirten,
keine Hochzeit zu feiern, mit keinem Freund in Gesellschaft
zu verkehren. Gäbe es indessen
auch keinen sicheren und überzeugenden Beweis
für die Meinung, dass die Seelen einmal wieder
in andere Körper versetzt werden, so erfordert
doch die Ungewissheit größere Vorsicht
und Behutsamkeit.
Zöge z.B. jemand
bei einem nächtlichen Gefecht das Schwert gegen
einen auf der Erde liegenden, unter der Rüstung
verhüllten Mann und er hörte jemanden sagen,
er wisse es zwar nicht gewiss, vermute aber, der liegende
Mann sei sein Sohn, Bruder, Vater oder Zeitgenosse
- was ist in diesem Fall wohl ratsam? Soll er der
ungewissen Vermutung glauben und dem Feind das Leben
schenken, als ob es sein Freund wäre, oder soll
er die zweifelhafte Nachricht unbeachtet lassen und
seinen Verwandten wie einen Feind niederstechen? Wahrlich,
höre ich euch rufen, das Letztere würde
äußerst hart und grausam sein! Bedenke,
wenn Merope in der Tragödie gegen ihren eigenen
Sohn, den sie für den Mörder ihres Sohnes
hält, das Beil erhebt und ausruft: "Von
heil'ger Rach' empfange hier den Todesstreich!",
welche Erschütterung erregt sie unter den Zuschauern
und wie werden alle in Furcht und Spannung versetzt,
dass sie dem Greis, der sie hindern will, zuvorkommen
und dem Jüngling den tödlichen Streich versetzen
könnte! Wenn ein Greis
neben ihr stünde und riefe: "Schlage zu!
es ist dein Feind!"; ein anderer aber riefe:
"Schlage nicht! Es ist dein Sohn!": - welches
Verbrechen wäre alsdann größer: die
Bestrafung eines Feindes um des Sohnes Willen zu unterlassen
oder aus Erbitterung gegen einen Feind sich des Kindermordes
schuldig zu machen?
Da es weder Hass noch
Grimm ist, der uns zum Mord anreizt, ebenso wenig
Sorge um unser eigenes Leben, sondern da das Schlachtopfer
bloß zu unserm Vergnügen bereit steht,
mit aufgerichtetem Hals den tödlichen Stoß
zu empfangen, wenn dann der eine Philosoph uns zuruft:
"Stoße zu! es ist ja nur ein unvernünftiges
Tier!" - der andere aber: "Halte ein! In
dem Tier könnte die Seele eines Freundes oder
Verwandten leben!"; -
ist es da für mich wohl gleichgültig, ob
ich sein Fleisch essen "kann", falls
ich dem ersteren nicht folge, oder ob ich einen Sohn
oder anderen Verwandten des Lebens beraube, falls
ich dem zweiten keinen Glauben schenke?
Es gibt über
diesen Gegenstand noch einen ungleichen Streit mit
den Stoikern, welche das Fleischessen verteidigen,
obgleich sie so heftig gegen den Bauch und die Küche
eifern. Wie erklärt es sich, dass sie sonst die
Wollust verdammen und sie weder als etwas Gutes noch
Naturgemäßes ansehen, und dennoch so eifrig
verteidigen, was die Wollust fördert. Da sie
Salben und Zuckergebäck von den Gastmählern
verbannen, so müssten sie doch folgerichtig Blut
und Fleisch noch mehr verabscheuen: als ob ihre Philosophie
aber nur eine Verminderung der Haushaltskosten beträfe,
so verbannen sie von der Tafel nur den Aufwand in
unnützen und überflüssigen Dingen,
gegen die Grausamkeit und Mordsucht der Verschwendung
haben sie hingegen nichts einzuwenden. "Ganz
recht, - sagen sie - denn wir haben keine Gemeinschaft
mit unvernünftigen Tieren." Wir könnten
ihnen aber antworten: "Wir haben auch keine Gemeinschaft
mit Salben und ausländischen Gewürzen und
doch verabscheuet ihr dieselben und wollt alles verbannen,
was weder nützlich noch notwendig ist, sondern
bloß zum Vergnügen dient."
Letzte Seite 250-251 "Griechisch-römischeWelt"
Anmerkung
Regina: wäre
da nicht auch zur Antwort angebracht: Ihr
sagt, ihr habt keine Gemeinschaft mit unvernünftigen
Tieren - aber ihr einverleibet sie euch und macht
ihre Zellen zu den euren. Wollt ihr denn sagen,
dass ihr euch zu ihresgleichen - von euch als
unvernünftig, dumm und seelenlos ausgesprochenen
- machen wollt ?!" |
Griechisch-römische
Welt
Philo Judaeus, der hellenische Jude
Mit Alexander dem
Großen war die antike Welt in ihrem echten
Glauben abgelaufen, dahin geschwunden das Nationale
in Wissenschaft, Kunst, Religion und Poesie, die geistige
Schöpfung aus unbewusstem, natürlichem Antrieb.
Nach Alexander's Tod erwachte die sogenannte alexandrische
Zeit. Die Griechen waren mit den Orientalen in Berührung
gekommen und ihre heimische moralische Welt hatte
nach dieser Berührung eine neue Richtung erhalten.
In Kleinasien, Syrien, Ägypten und Cyrenaika
sprach man griechisch und belehrte sich aus der griechischen
Literatur, aber man wich zugleich von den Lehren der
alten Denker ab. Einer starken Kraft begegnete das
Griechentum im Judentum, welches seinen Sitz in Ägypten
und im griechisch-römischen Asien hatte und welches,
wie es in den Makkabäer-Kämpfen einen physischen
Widerstand geleistet hatte, auch auf dem geistigen
Gebiete fortkämpfte, und den alten Glauben wie
einen Schatz zu bewahren suchte. Aber trotz dieser
Übermacht hatte auch das Judentum Veränderungen
erlitten.
Der Mosaismus, nur
noch auf zwei Stämme beschränkt, hatte die
Kraft gefunden, sich zu organisieren, während
er nach der Wiederherstellung durch Esra (ein Priester
des Alten Testamentes) sich festsetzen konnte und
die heidnischen Einflüsse nicht zu fürchten
brauchte. An die Stelle der Prophetenstimmen war die
Predigt getreten, die sich weit über Judäa
hinaus, nach allen Wohnsitzen der Judengemeinden verbreitete.
In Jerusalem selber lebten viele Sekten, der Tempel
trat zurück gegen die Synagogen, aber zu den
großen religiösen Festen strömten
aus aller Welt, aus den fernsten Städten und
aus allen Himmelsgegenden die Scharen unzähliger
Gläubiger, die sich zur Lehre der Synagoge bekehren
ließen, ohne auf ihr Vaterland zu verzichten
(Denis, Théorien et idées morales dans
l'antiquité). An den strengen Sinn des Pentateuch
und an das nationale Prinzip des Mosaismus hielten
sich nur noch die Sadduzäer; die Rabbiner erhielten
das Übergewicht über die Priester; man wurde
dem nationalen Geiste untreu und strebte nach Befreiung
und Gleichheit; es kamen neue Grundsätze auf,
im Widerspruch mit dem engen, ausschließenden
Geist des Mosaismus, der andersgläubige Nationen
für unrein hielt und sich selber gehässig
gemacht hatte.
Mehr noch als in Judäa
selber fand dieser Umschwung statt überall, wohin
sich jüdische Gelehrte verbreiteten und - wie
es schon in Ev. Matthäi
23,15 heißt: "Meer (Wasser) und das Trockene
(Land) umzogen, um Judengenossen zu machen"
1):
in Antiochien, auf den Inseln des Mittelmeeres, in
Alexandrien.
Letztere, die von Alexander angelegte Stadt, blühte
empor unter den gebildeten Königen, den ersten
Ptolemäern, und gewährte den griechischen
Gelehrten ein sorgenfreies Dasein und die Mittel zum
Studium der älteren Literatur. Durch das berühmte
Museum wurde Alexandria die Weltstadt aller Wissenschaft
und Bildung, die das alte Athen weit überragte
(Vergl. Dr. M. Joël, Über den wissenschaftlichen
Einfluss des Judentums auf die nichtjüdische
Welt.). Die Schätze der älteren Literatur
wurden hier gehoben und kritisch beurteilt.
An diesem literarischen
Leben beteiligten sich auch die Juden, welche dort
bis zur Römerherrschaft einen politisch und bürgerlich
freien Wohnsitz genossen. Der heimischen Sprache fast
entfremdet, suchten sie ihr Studium in griechischer
Literatur und Philosophie, in einer künstlichen
Auslegung ihrer eigenen heiligen Schriften und in
Aneignung von allem, was der griechische Geist ersonnen
hatte; sie eigneten sich aus den ihnen zugänglichen
Büchern die Ideen des Platon, des Aristoteles
und der Stoiker an und dieser hellenische Synkretismus
fasste alles zusammen, was die morgenländische
und abendländische Weisheit zu Tage gefördert
hatte. (Vergl. Ed. Erdmann, Grundriss der Geschichte
der Philosophie) Die Juden wollten nun ihre heilige
Schrift in Übereinstimmung setzen mit der griechischen
Philosophie, welche damals alle Gemüter beherrschte;
sie schufen sich sogar die Vorstellung, die Griechen
hätten ihre Weisheit aus dem alten Testament
geschöpft, als seien die Erzählungen jener
Schriften nur allegorisch aufzufassen.
1)
(Hier zum Vergleich
das Evangelium zu Matthäi 23,15)
Dann
redete Jesus zu den Volksmengen und zu seinen
Jüngern
2 und sprach: Die Schriftgelehrten und die Pharisäer
haben sich auf Moses' Stuhl gesetzt. 3 Alles
nun, was irgend sie euch sagen, tut und haltet;
aber tut nicht nach ihren Werken, denn sie sagen
es und tun's nicht. 4 Sie binden aber schwere
und schwer zu tragende Lasten und legen sie
auf die Schultern der Menschen, … 5 Alle
ihre Werke aber tun sie, um sich vor den Menschen
sehen zu lassen; denn sie machen ihre Denkzettel
breit und die Quasten groß. 6 Sie lieben
aber den ersten Platz bei den Gastmählern
und die ersten Sitze in den Synagogen 7 und
die Begrüßungen auf den Märkten
und von den Menschen Rabbi, Rabbi! genannt zu
werden.
13 Wehe aber euch, Schriftgelehrten und Pharisäer,
Heuchler! denn ihr verschließet das Reich
der Himmel vor den Menschen; denn ihr gehet
nicht hinein, noch laßt ihr die Hineingehenden
eingehen. (Anmerkung: da sie darinnen Taten
begehen, die sie nur mit Lügen aufrecht
halten und verteidigen können) … 15
Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer,
Heuchler! denn ihr durchziehet
das Meer (das Wasser) und das Trockene (das
Land), um einen Proselyten (Judengenossen) zu
machen; und wenn er es geworden ist,
so machet ihr ihn zu einem Sohne der Hölle,
zwiefältig mehr als ihr. … 20 Wer
nun bei dem Altar schwört, schwört
bei demselben und bei allem, was auf ihm ist.
21 Und wer bei dem Tempel schwört, schwört
bei demselben und bei dem, der ihn bewohnt.
22 Und wer bei dem Himmel schwört, schwört
bei dem Throne Gottes und bei dem, der darauf
sitzt. 23 Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer,
Heuchler! denn ihr verzehntet
die Krauseminze (Anmerkung: im
Original steht Münze - es muss aber Minze
heissen) und
den Anis und den Kümmel, und habt die wichtigeren
Dinge des Gesetzes beiseite gelassen: das Gericht
und die Barmherzigkeit und den Glauben; diese
(Barmherzigkeit) hättet
ihr tun und jene (Steuern)
nicht
lassen
(müsste heißen erlassen)
sollen. 24 Blinde Leiter, die ihr die Mücke
sehet, das Kamel aber verschlucket! 25 Wehe
euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler!
denn ihr reiniget das Äußere des
Bechers und der Schüssel, inwendig aber
sind sie voll von Raub und Unenthaltsamkeit.
26 Blinder Pharisäer! reinige zuerst das
Inwendige des Bechers und der Schüssel,
auf daß auch das Auswendige derselben
rein werde.
27 Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer,
Heuchler! denn ihr gleichet übertünchten
Gräbern, die von außen zwar
schön scheinen, inwendig aber voll von
Totengebeinen und aller
Unreinigkeit sind. 28 Also scheinet auch
ihr von außen zwar gerecht vor den Menschen,
von innen aber seid ihr voll Heuchelei und Gesetzlosigkeit.
29 Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer,
Heuchler! denn ihr bauet die Gräber der
Propheten und schmücket die Grabmäler
der Gerechten… 32 und ihr, machet voll
das Maß eurer Väter! … wie solltet
ihr dem Gericht der Hölle entfliehen? 34
Deswegen siehe, ich sende zu euch Propheten
und Weise und Schriftgelehrte; und etliche von
ihnen werdet ihr töten und kreuzigen, und
etliche von ihnen werdet ihr in euren Synagogen
geißeln und werdet sie verfolgen von Stadt
zu Stadt;
35 damit über euch komme alles gerechte
Blut, das auf der Erde vergossen wurde, von
dem Blute Abels, des Gerechten, bis zu dem Blute
Zacharias', des Sohnes Barachias', den ihr zwischen
dem Tempel und dem Altar ermordet habt.
36 Wahrlich, ich sage euch, dies alles wird
über dieses Geschlecht kommen. 37 Jerusalem,
Jerusalem, die da tötet die Propheten und
steinigt, die zu ihr gesandt sind! Wie oft habe
ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine
Henne ihre Küchlein versammelt unter ihre
Flügel, und ihr habt nicht gewollt!
38 Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen;
39 denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt
an nicht sehen, bis ihr sprechet: "Gepriesen
sei, der da kommt im Namen des Herrn!"
Anmerkung
von Regina:
warum
wohl wird hier erwähnt, dass sie
die Krauseminze, den Anis und den Kümmel
verzehnteten? Sie
haben alles unkäuflich gemacht, was
grün war - und was die Leute rein
ernährte.
Warum wohl wird erwähnt, dass
sie übertünchten Gräbern
gleichen, die außen schön erscheinen
und inwendig voll von Totengebein und
Unreinheit sind? Weil sie die Gebeine
und das Fleisch der Tiere in ihren Bäuchen
tragen...
ich dagegen
möchte wohl wissen, welche Leidenschaft,
welche Seelenverfassung oder welcher Grund
zuerst den Menschen verleitet haben möge,
Blut mit dem Mund
zu berühren und das Fleisch eines
toten Tieres an seine Lippen zu bringen;
wie er darauf verfiel, Leichname als Zukost
oder Speise auf seine Tafel zu setzen
und Glieder zu verzehren, welche kurz
vorher noch brüllten, schrieen, sich
bewegten und sahen; wie er den Anblick
ertrug, das arme Tier schlachten, abhäuten
und zerstückeln zu sehen; wie die
Nase den üblen Geruch davon ertragen
konnte und wie es dem Gaumen nicht vor
der Verunreinigung ekelte, fremde Geschwüre
zu berühren und den Eiter aus tödlichen
Wunden zu saugen.
Wenn es heißt:
Ringsum
krochen die Häute, es brüllte
das Fleisch an den Spießen. Rohes
zugleich und gebratenes und laut wie Kindergebrüll
scholl's.
(Olyssee, XII. 395)
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