FRANZ SUSMAN - KIRCHENHISTORIKER
"Und die Erde wird neu erblühen"



Kam er um die Tieropfer abzuschaffen?




Glaubensbekenntnis

"Ich glaube, solange man Tiere töten und quälen wird
,
wird man auch Menschen töten und quälen
, und solange wird es Kriege geben,
denn das Töten will geübt und gelernt sein - im Kleinen, innerlich wie äußerlich.

Leonid Tolstoi
solange es Schlachthäuser gibt,
wird es Schlachtfelder geben!
Solange es noch Tiere in Käfigen geben wird,
solange wird es auch Gefängnisse geben
,

denn das Einsperren will geübt und gelernt sein,
im Kleinen, innerlich wie äußerlich.
Solange es noch Tier-Sklaven gibt,
solange wird es noch Menschensklaven geben,

denn das Sklavenhalten will gelernt und geübt sein,
am Kleinen, Innerlich wie äußerlich.

Dass wir uns über das, was die anderen tun, entsetzen, finde ich unnötig. Aber ich finde es nötig, dass wir beginnen, uns über das zu entsetzen, was wir selbst im Großen oder im Kleinen Grausames tun.

Und da es leichter ist, das Kleine zu erringen als das Große, so denke ich, wir sollten versuchen, unserer kleinen Grausamkeiten Herr zu werden, sie zu vermindern oder besser noch: sie zu unterlassen. Dann wird es uns eines Tages nicht mehr schwer fallen, auch unsere großen Grausamkeiten zu bekämpfen und besiegen.
Aber wir alle schlafen noch im Herkömmlichen. Das Herkömmliche ist wie eine schmackhafte, fette Soße, die uns unsere eigenen Grausamkeiten schlucken lässt, ohne dass wir ihren bitteren Geschmack verspüren.

Doch will ich nicht mit Fingern deuten auf den und die, - nein, ich will mich selber wach machen im Kleinen und beginnen, verständiger, hilfreicher und besser zu werden. Warum sollte es mir dann später nicht auch im Großen gelingen? Ich habe selbst soviel gelitten, dass ich fremdes Leid gut nachempfinden kann."
Diese schockierenden Worte wurden im Dachauer KZ von dem jüdischen Schriftsteller, Edgar Kupfer-Koberwitz geschrieben.

Er hat sich mit der Frage tief auseinandergesetzt, warum die Menschen durch diesen grausigen Holocaust gehen mussten, und das war seine Antwort. Eine Antwort, wie ich meine, die ihresgleichen sucht. Reden wir doch alle gern um die Sache herum" wenn es darum geht, unseren Anteil an Verantwortung aufzudecken.

Die Geschichtswissenschaft erhebt den Anspruch, die kausalen Zusammenhänge der Geschichte aufzu-hellen. Sie untersucht, wie ein Geschehnis aus dem anderen erwuchs. So entsteht für den Historiker immer die Aufgabe, die Ereignisse zu kombinieren, die in einem Zusammenhang von Ursache und Wirkung standen. Doch durch die Mannigfaltigkeit der Vorkommnisse fällt es nicht leicht eine Wirkung auf ihre wahre Ursache zurückzuführen.

Dass Pythagoras vorhatte, die Menschheit durch eine Diätreform auf eine höhere Entwicklungsstufe zu heben, ist unbestritten. Moses hat sicher dasselbe im Auge gehabt. Und der Nazoräer Jesus hat oft gesagt : "Ich bin gekommen, die Opfer abzuschaffen, und wenn ihr nicht ablasst zu opfern, wird der Zorn nicht von euch ablassen."

Anmerkung Regina: Der Zorn der gemarterten, missbrauchten, gefolterten und getöteten Tiere (Natur) wird nicht aufhören, auf die Verursacher zurückzufallen!

Mit dieser Aussage ist nicht gemeint, dass irgendjemand da ist, der überwacht, ob die Menschen nun auch vom Opfern ablassen oder nicht und der, falls sie nicht Folge leisten, seine Rache an der Menschheit nehmen wird, sondern es sind die Taten selbst, die die Folgen in sich tragen.

In der Bergpredigt wird der Gedanke so ausgedrückt: "Wer das kleinste Gebot (Naturgesetz) aufhebt, wird schwere Folgen tragen." (Mt. 5,19)

Soll das Leben überhaupt einen Sinn haben, dann ist es dieser, dass wir lernen, wer Leid zufügt, der wird Leid ernten, solange bis er selber lernt, Mitleid zu entwickeln, zu helfen, statt zu unterdrücken. Und dies gilt nicht nur für den Menschen sondern für alles Lebendige, für die Umwelt, die Pflanzen die Tiere.

Solange die Grausamkeiten im Verborgenen ausgeübt werden, ist es schwer, sie wahrzunehmen. Heute sind wir in der glücklichen Lage, durch unser Informationssystem vieles an den Tag zu bringen, was bislang nicht gewusst wurde. Und so nehmen wir zum ersten Mal das ungeheure Ausmaß der Grausamkeiten, das der Mensch verübt. wahr.

Die Mördergrube als Heiligtum

Vor 2000 Jahren war das Zentrum der Grausamkeit der jüdische Tempel. Hier zentrierte sie sich, hier hatte sie sich ein Heiligtum errichtet. Herodes (37 - 4 v.Chr.) hatte ihn bauen lassen und es war das imposanteste Bauwerk der damaligen Zeit geworden. Ein Sprichwort besagte :"Wer nicht den Bau des Herodes gesehen hat, hat nie etwas Schönes gesehen." (Derenbourg Seite 152 154)

Der Tempel war so mit Gold überzogen, dass beim Sonnenaufgang eine andere Sonne in Jerusalem auf-leuchtete, deren Licht für das bloße Auge zu stark war, um hineinschauen zu können. Von weit erstrahlte der Marmor vieler Flächen und Säulen, so als ob ein Gipfel mit Schnee bedeckt wäre, dies berichtet der Jerusalemer Josephus. Und aus allen Himmelsrichtungen marschierten Herden von Opfertieren zu diesem goldenen und marmornen Weltwunder. Sie sollten mit ihrem unfreiwilligen Tod die Übertretungen der Menschen sühnen.

Schwarze Wolken stiegen am Morgen und am Machmittag über dem Tempel auf. Je größer ein Fest war, desto dunkler färbte sich der Himmel über Jerusalem. Es war ein schauriges Bild. Selbst Nichtjuden opferten im Tempel zum jüdischen Gott. Kaiser Augustus hatte den Römern, die Israel besetzt hielten, angeordnet, im jüdischen Tempel zu opfern, damit ein Ausgleich geschaffen würde zu dem von ihm geforderten Kaiserkult, den alle römischen Provinzen pflegen mussten. Nach dem Bericht des Philon (ad Cajum § 23) hatte Augustus selbst angeordnet" dass für ewige Zeiten auf des täglich Kaisers Kosten zwei Lämmer und ein Stier zum Holocaust geopfert werden sollten.
Dieses tägliche Opfer für den Kaiser war wie das Gemeindeopfer auf den Morgen und an den Abend verteilt. Auf dieses Opfer "für den Kaiser und das römische Volk" beriefen a sich die Juden zur Zeit Caligulas, als man ihre Loyalität anzweifelte weil sie sich der Aufstellung einer Kaiserstatue im Tempel widersetzten (Joseph. Bell. II 10,4). Und das Opfer wurde noch bis zum Ausbruch der Revolution im Jahre 66 n.Chr. regelmäßig dargebracht. (Jos.17,2-4 Bell Jud)(?).

Nach dem Zeugnis von Philon war es nicht nur ein Opfer für den Kaiser sondern auch vom Kaiser gestiftet, wozu Augustus sich trotz seiner inneren Abneigung gegen das Judentum durch politische Rücksichtnahme veranlasst sah. Josephus versichert allerdings, dass es auf Kosten des jüdischen Volkes dargebracht worden sei. Aber der wirkliche Sachverhalt ist wohl so, dass der Bedarf für die Opfer aus den dem Fiskus zufallenden jüdischen Steuern bestritten wurde. Bei besonderen Anlässen sind für den Kaiser sehr ansehnliche Opfer, wie es scheint auf Gemeindekosten, dargebracht worden: so z.B. zur Zeit Caligulas dreimal je eine Hekatombe (was ist das?), zuerst beim Regierungsantritt dann bei seiner Genesung von einer schweren Krankheit und zum dritten Mal beim Antritt seines germanischen Feldzuges.

Im Jahre 66 beschloss man, so berichtet Josephus, keine Opfer mehr von Fremden anzunehmen. Von Seiten der konservativen Gegenpartei wurde darauf hingewiesen, dass Jerusalem in den Ruf der Gottlosigkeit kommen werde, wenn allein bei den Juden die Ausländer nicht mehr opfern dürften. Dennoch wurde es verboten.
Nicht nur die Juden opferten und aßen Tiere. Es traten auch bei anderen Völkern Propheten und mutige Männer auf, die das Volk zur Besinnung bringen wollten. Doch selten ist ein Kultus einer derart scharfen unerbittlichen Kritik unterzogen worden wie der israelitische. Die Propheten sprachen ganz klar: Der volkstümliche Kultus ist Abfall von Gott und Sünde, und darum die Ursache für das bevorstehende Strafgericht.

"Stoß ins Horn! Denn wie ein Geier kommt das Unheil über das Haus des Herrn, weil sie meinen Bund nicht halten und mein Gesetz missachten. Sie schreien zwar zu mir: Mein Gott! Wir, Israel, kennen dich doch. Aber Israel hat das Gute verworfen. Darum soll der Feind es verfolgen." (Hosea 8,1-3)

"Efraim hat viele Altäre gebaut, um sich zu entsühnen, doch die Altäre sind ihm zur Sünde geworden. Ich kann ihnen noch so viele Gesetze aufschreiben, sie gelten ihnen so wenig wie die eines Fremden. Schlachtopfer lieben sie, sie opfern Fleisch und essen davon; der Herr aber hat keinen Gefallen an ihnen." (Hos.8, 11-13)

Israel hat seinen Schöpfer vergessen und große Paläste gebaut, Juda hat viele Festungen errichtet. Doch ich sende Feuer in seine Städte; es soll seine Paläste verzehren." (Hos. 8,14)

Erst im Jahre 64 nach Christus wurde der Tempel ganz restauriert, denn die Sadduzäer glaubten an ihren Sieg. Sie schienen das Prophetenwort "Sie säen Wind und sie ernten Sturm" nicht, zu verstehen. Im August 70 nach Christus wurde der Tempel gänzlich zerstört.